Menschenrechtsaktivisten befürchten, dass im Schatten der EM Obdachlose in Dortmund verstärkt verdrängt werden. Am Samstag protestierten sie gegen die Maßnahmen. Der Oberbürgermeister widerspricht.
Die Obdachlosen-Zeitschrift Bodo befürchtet, dass der EM-Gastgeber Dortmund während der EM weniger Obdachlose in Dortmund sehen will. Es bestehe aufgrund Erfahrungen aus der Vergangenheit die Angst, dass der Ordnungsdienst während des Turniers stärker kontrolliert, ob Wohnungslose in den öffentlichen Räumen lagern. Das berichtet der WDR. Obdachlose müssen bei den Kontrollen ihren Schlafplatz, etwa in Hauseingängen oder Parks, räumen.
Dortmunds Oberbürgermeister, Thomas Westphal (SPD) reagierte am Dienstag auf einer Pressekonferenz nach der Sitzung des Verwaltungsvorstandes auf die Befürchtungen. „Da gibt es keinen Zusammenhang“, sagte Westphal (SPD). Die Stadt habe bekanntermaßen seit längerer Zeit den Sonderstab Stadtleben und Ordnung eingerichtet. Die geltende Ausgangsgrundlage sei die, dass das Campieren und Lagern auf öffentlichen Flächen nicht zulässig ist. „Wir haben uns ja mit unseren Ordnungskräften schon sei einiger Zeit dazu entschieden, das auch immer mal wieder klarzumachen. Das gilt auch während der Euro – damit können wir ja nicht aufhören“, so Westphal.
Eingeführt wurde der Sonderstab auch aufgrund einer zunehmenden Anzahl von Crack-Konsumenten. Weil die Droge extrem süchtig macht und der Rausch nur wenige Minuten anhält, hat die Anzahl bettelnder, suchtkranker Menschen nach Corona drastisch zu genommen. Für viele Gewerbetreibende sind die teils aggressiven Süchtigen vor ihren Geschäften eine besondere Belastung.
Die Initiative „Schlafen statt Strafen“ prangert seit Einführung des Sonderstabes im September 2023 und den damit verbundenen verstärkten Repressalien die zunehmende Verdrängung der Obdachlosen aus der Innenstadt an.
Am Samstag gingen Dutzende Menschen in Dortmund gegen diese Maßnahmen, aber auch gegen Gewalt gegen Obdachlose auf die Straße. Aufgerufen dazu hatte die Initiative „United in Solidarity“ sowie weitere Initiativen und Verbände. „Wir beobachten mit großer Sorge, dass die gesellschaftliche, institutionelle und profitorientierte Ausgrenzung von Menschen zunimmt, die eigentlich besonderen Schutz benötigen“, teilt die Aktivisten mit. Statt Ausgrenzung von obdachlosen und geflüchteten Menschen fordern sie einen „respektvollen und wertschätzenden Umgang mit allen Menschen.“
Laut Schätzungen der Stadt aus dem Jahr 2023 sind zwischen 500 und 600 Menschen in Dortmund obdachlos. Es gibt keine genauen Zahlen. Nach weiteren Schätzungen übernachten rund 30 bis 40 Obdachlose in der Innenstadt oder am Hauptbahnhof.