Ein Mann wird in der Nähe einer Pro-Palästina-Demo in Essen festgenommen – offenbar, weil er eine Israelflagge dabei hat. Jetzt möchte er Antworten von der Polizei.
Demonstrant Chris (vollständiger Name liegt der Redaktion vor, soll aber nicht genannt werden) versteht die Welt nicht mehr. Der junge Mann war am Freitag (12. Juli) in Essen unterwegs. Dort hatte es in der Nähe des Hirschlandplatzes eine Pro-Palästina-Demo gegeben, an der er als Gegendemonstrant friedlich teilnehmen wollte. Aus der Ferne habe er seine Israelflagge in die Luft gehalten, doch nicht mal fünf Minuten später seien vier Polizisten auf ihn zugestürmt. „Die Männer forderten mich auf, die Flagge einzustecken und zu verschwinden“, schildert er den Vorfall.
In der Folge habe er auf sein Recht auf Meinungsfreiheit bestanden und sich geweigert, die Fahne wegzupacken. Die Polizei habe ihn daher vor die Wahl gestellt: Ohne Flagge dort stehen bleiben oder mit Flagge hinter dem Haus verschwinden. Als sich der Demonstrant erneut weigerte, sei ein Platzverweis ausgesprochen worden. „Man hat mir dabei weder gesagt, bis wo noch bis wann dieser gilt“, erklärt Chris. Auch sei ihm kein plausibler Grund für die Maßnahme genannt worden.
Die Israelflagge wurde dem Demonstranten anschließend von den Beamten aus der Hand gerissen, was auch Aufnahmen auf der Social-Media-Plattform „X“ zeigen. Zahlreiche User verurteilen dort das Vorgehen der Polizei als antisemitisch. Wie Chris gegenüber t-online bestätigt, wurde sie dabei durch mehrere Risse und Löcher beschädigt.
Als Chris weiter auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung beharrte, sei er schließlich mit auf die Wache genommen worden. Dort wurde er eigenen Aussagen nach über eine Stunde lang festgehalten. Er habe zwar versucht, seinen Anwalt anzurufen, dies sei ihm von der Polizei mit der Aussage „Dann nehme ich Ihnen das Handy weg“ jedoch verboten worden.
Gründe für das Vorgehen der Beamten seien ihm auch zu diesem Zeitpunkt nicht genannt worden. Erst nach seiner vorzeitigen Freilassung gegen 19.40 Uhr – ursprünglich sollte er bis nach 20 Uhr dort bleiben – wurden ihm „Gefahrenabwehrende Gründe“ als Auslöser für die Maßnahmen gegen ihn genannt.
Der Mann hofft am Montag bei einem weiteren Besuch auf der Polizeiwache Antworten auf seine offenen Fragen zu bekommen. Zudem habe er sich an die Stadt Essen und den NRW-Landtag gewandt, um den Vorfall bekannt zu machen und Antworten zu erhalten.
„Ich bin NRW-weit sehr häufig friedlich auf Demonstrationen unterwegs und hatte dabei selten Probleme“, betont er. Nur einmal sei bei einer Demo in Wuppertal ebenfalls ein Platzverweis wegen einer Israelfahne gegen ihn ausgesprochen worden. Nachdem er im Nachgang Beschwerde dagegen eingereicht hatte, habe die Polizei die Maßnahme als falsch anerkannt, erzählt er.
Ob das dieses Mal auch so sein wird, wird sich zeigen. Die Polizei Essen weist auf t-online-Nachfrage alle antisemitischen Vorwürfe zurück. Sie möchte sich im weiteren Tagesverlauf detailliert zu dem Vorfall äußern.