Eine Depression zu identifizieren, ist selbst für Ärzte nicht immer leicht. Ein Blick in die Augen kann helfen, die seelische Notlage des Patienten zu erkennen.
Eine Depression ist mehr als ein momentanes Stimmungstief. Sie kann viele Gesichter haben, sodass selbst enge Angehörige die Warnzeichen oft übersehen. Das hat schwerwiegende Folgen für die Patienten: Denn je länger die Depression unbehandelt bleibt, desto mehr geraten sie in eine Negativspirale, die im Suizid enden kann.
Umso wichtiger ist es, die Krankheit möglichst früh zu erkennen und gezielt zu behandeln. Dass neben Traurigkeit, Antriebslosigkeit und innerer Leere auch die Pupillengröße ein wichtiges Indiz für eine Depression sein kann, zeigt eine Studie am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München.
Zusammenhang zwischen Depression und Pupillengröße
Insgesamt nahmen 136 Personen an der Studie teil, die Hälfte davon litt unter Depressionen. Alle Testpersonen waren angehalten, eine Aufgabe zu lösen, bei der sie eine geringe Geldsumme gewinnen konnten. Währenddessen mussten sie in eine Spezialkamera schauen, die die Reaktion der Pupillen aufzeichnete (Pupillometrie-Messung).
Bei den gesunden Probanden erweiterten sich die Pupillen bei der Erwartung auf eine Belohnung während der Aufgabe. Bei den Depressiven hingegen war diese Reaktion sehr viel schwächer ausgeprägt. „Besonders deutlich war die geringere Pupillenreaktion bei Patienten und Patientinnen, die keine Freude mehr empfinden konnten und von einem Mangel an Energie berichteten“, berichtet Andy Brendler, Erstautor der Studie.
Wenig Aktivität in einer bestimmten Gehirnregion
„Die geringere Pupillenreaktion bei Patienten, die unter höherer Antriebslosigkeit litten, weist darauf hin, dass eine mangelnde Aktivierung des Locus Coeruleus einen entscheidenden physiologischen Prozess darstellt“, sagt Forschungsgruppenleiter Victor Spoormaker.
Zur Erklärung: Der Locus Coeruleus stellt eine Gehirnstruktur dar, in der sich besonders viele Zellen des Nervensystems (Neuronen) befinden. Diese reagieren auf den körpereigenen Botenstoff Noradrenalin, der etwa bei Stress oder bei der Aktivierung des Nervensystems ausgeschüttet wird.
Die Folge davon sind erhöhte Aufmerksamkeit, Wachheit und Reaktionsbereitschaft. Je mehr depressive Symptome die Testperson hatte, desto schwächer fiel daher die an den Pupillen erkennbare Reaktion aus.
Welche Bedeutung hat die Studie?
Auch wenn die Studie mit 136 Teilnehmern relativ klein ist, liefert sie dennoch wichtige Ergebnisse, die zu einer verbesserten Früherkennung bei Depressionen beitragen könnten. So könnte die Pupillometrie als ergänzende Methode zur Diagnosestellung eingesetzt werden und dazu beitragen, individualisierte Behandlungsstrategien zu entwickeln.
Wenn beispielsweise ein Patient starke Beeinträchtigungen in der Pupillenreaktion zeigt, könnten Antidepressiva, die auf das noradrenerge System wirken, effektiver als andere Medikamente sein. Auch könnte die Medikamentendosierung anhand der Pupillenreaktion optimiert werden.
Etwa 30 Prozent aller depressiven Patienten sprechen auf eine medikamentöse Behandlung nicht an. Ein verbessertes Verständnis der physiologischen Mechanismen der Depression und eine entsprechende Weiterentwicklung von Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten ist daher dringend erforderlich.
Verdacht auf eine Depression? Hier finden Sie Hilfe
Bei Verdacht auf eine Depression ist professionelle Hilfe wichtig. Sowohl Betroffene als auch Angehörige finden bei folgenden Einrichtungen und Organisationen Unterstützung:
Das Servicetelefon der Krankenkasse kann ebenfalls eine erste Anlaufstelle sein, um sich über mögliche Hilfsangebote zu informieren. Auch der Hausarzt ist ein wichtiger Kontakt. Verbände und Gesellschaften bieten ebenfalls Hilfe an.