„Ein schlechter Tag für die Demokratie“
Aktualisiert am 14.02.2024 – 15:38 UhrLesedauer: 3 Min.
Wegen aggressiver Proteste haben die Grünen in Biberach ihren politischen Aschermittwoch abgesagt. Politiker verurteilen das scharf.
Misthaufen, Blockaden und mehrere verletzte Polizisten: Wegen heftiger Proteste haben die Grünen ihren politischen Aschermittwoch im baden-württembergischen Biberach abgesagt. Politiker von Grünen und CDU kritisieren die Ausschreitungen scharf.
„Das ist ein schlechter Tag für die Demokratie, wenn einige wenige mit ihrer Gewaltbereitschaft eine Parteiveranstaltung behindern und eine Absage erzwingen“, sagt Marcel Emmerich, Bundestagsabgeordneter der Grünen aus Baden-Württemberg, zu t-online. „Es braucht bei strittigen politischen Entscheidungen konstruktiven Dialog und keine Gewalt.“ Er fordert, das Geschehene gründlich aufzuarbeiten.
Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (ebenfalls Grüne) verlangt zudem strafrechtliche Ermittlungen gegen die Demonstranten. „Wer glaubt, mit gewaltvollen Aktionen seine politischen Ziele zu erreichen, wird dabei nicht nur scheitern, sondern hat den Boden unseres demokratischen Gemeinwesens längst verlassen“, kommentierte er die Tumulte rund um die Veranstaltungshalle in Biberach auf der Plattform X. „Für diese Art Protest darf es keine Toleranz geben, dafür aber rechtsstaatliche Konsequenzen.“
CDU-Landeschef: „Inakzeptabel“
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Tobias Bacherle aus Baden-Württemberg betonte: Die Landwirte seien ihm wichtig, die Bürokratielast müsse dringend abgebaut werden. „Aber in Biberach waren rechtsextreme Symbole vor der Halle zu sehen, Steine wurden geworfen. Das hat nichts mit den Bauernanliegen und den Landwirten selbst zu tun. Da braucht es klarere Abgrenzung.“
Auch Baden-Württembergs CDU-Landesvorsitzender Manuel Hagel kritisierte die Tumulte: „Dass der politische Aschermittwoch der Grünen in Biberach heute nicht wie geplant stattfinden konnte, ist inakzeptabel“, sagte Hagel am Mittwoch in Fellbach.
Die Unzufriedenheit etwa der Landwirte, der Handwerker oder der Logistiker mit der Bundesregierung sei legitim. „Proteste gehören zu einer funktionierenden Demokratie dazu“, so Hagel. Er schränkte aber ein: „Bei Protesten gilt immer Maß und Mitte. Es muss immer friedlich und gewaltfrei bleiben.“ Das sei bei den meisten Kundgebungen der vergangenen Wochen auch der Fall gewesen.
Özdemir: „Dass Sie nicht fair sind, habe ich verstanden“
Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) trat am Mittag in Biberach auf, wie in einem Video auf X zu sehen war. Er wehrte sich gegen Zwischenrufe, die kritisierten, er sei nicht bei den Bauernprotesten gewesen. Er habe bei Protesten in Ellwangen, in Heilbronn sowie am Brandenburger Tor genau zugehört und geantwortet. „Das kann man ruhig mal anerkennen, wenn man fair ist“, rief Özdemir. „Aber fair muss man nicht immer sein, das hab ich verstanden. Dass Sie nicht fair sind, das hab ich verstanden.“ Die Menge reagierte mit Buhrufen.
Grünen-Landeschefin Lena Schwelling kritisierte die Methoden der Demonstrantinnen und Demonstranten in Biberach ebenfalls scharf. „Vor der Halle ist niemand bereit zu einem Dialog. Da geht es nur darum, die Veranstaltung zu verhindern – mit Methoden, die jenseits der Grenze sind“, sagte sie. So sei es etwa problematisch, wenn Scheiben von Autos eingeschlagen würden.
Mehrere verletzte Polizisten
Die Grünen treffen sich seit Jahren in Biberach, wo in diesem Jahr wieder viel Bundesprominenz erwartet wurde. Neben Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann gilt, sollten die Bundesvorsitzende Ricarda Lang und Urgestein Jürgen Trittin ans Rednerpult treten. Auch Kretschmann sollte dabei sein.
Beim Polizeieinsatz rund um die Proteste in Biberach wurden laut Polizei mehrere Polizeibeamte verletzt. Die Beamten seien unter anderem mit Gegenständen beworfen worden und hätten deswegen auch Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Protestierenden eingesetzt. Eine Person sei festgenommen worden. Zu verletzten Demonstrantinnen und Demonstranten konnte der Sprecher nichts sagen.
Im Vorfeld der Grünen-Veranstaltungen seien zwei Protestveranstaltungen angemeldet gewesen, zudem sei es am frühen Morgen zu Blockaden durch Protestierende mit Traktoren gekommen, so der Sprecher. Vor der Halle hätten sich mehrere Hundert Personen versammelt, dabei hätten sich auch „aggressive Protestaktionen“ ereignet. Die Polizei sei auf die Proteste vorbereitet gewesen, bisher seien diese aber immer friedlich verlaufen.