Viele Menschen glauben, man könne eine Ehe in Deutschland innerhalb einer bestimmten Frist annullieren. Stimmt das?
Wer heiratet, sollte sich das vorher gut überlegen. Denn anders als viele denken, ist es in Deutschland nicht möglich, eine Ehe zu annullieren. In der Regel bleibt nur die Scheidung oder die Aufhebung der Ehe.
Wir erklären, was der Unterschied zur Annullierung ist, welche Voraussetzungen nötig sind, um eine Ehe aufzuheben, welche Fristen es dabei zu beachten gilt und welche Besonderheit in der Kirche gilt.
Damit Sie Ihre Ehe aufheben können, müssen wichtige Gründe vorliegen. Dazu zählt nach § 1314 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Beispiel arglistige Täuschung wie im Fall eines Heiratsschwindlers, bei dem nach der Eheschließung klar wird, dass er nur aus finanziellen Gründen geheiratet hat.
Auch Scheinehen, die das Aufenthaltsrecht in Deutschland erhalten sollen, und Zwangsehen, bei denen einer der Partner zur Hochzeit gezwungen wurde, können aufgehoben werden.
Experten oder Gutachter müssen diese Gründe prüfen und als glaubwürdig einstufen. Häufig müssen auch Zeugen aussagen, die die Ernsthaftigkeit des Wunschs nach Eheaufhebung bestätigen.
Tatsächlich war die Annullierung der Ehe in Deutschland bis zum 30. Juni 1998 möglich. Bis dahin konnten Verheiratete auf Ehenichtigkeit klagen. Nach ihrer Abschaffung trat die Aufhebung der Ehe an ihre Stelle.
Auch wenn sich der Irrtum hartnäckig hält: Heute können Sie eine Ehe also nicht mehr annullieren oder beim Standesamt widerrufen – auch nicht innerhalb einer bestimmten Frist.
Eine Eheannullierung bedeutete früher, dass die Ehe rechtlich niemals bestanden hat. Das heißt, sie wurde rückwirkend als von Anfang an unwirksam angesehen. Bei einer Scheidung oder Aufhebung der Ehe gilt die Ehe hingegen erst ab dem Tag der gerichtlichen Entscheidung als aufgelöst. Beides wirkt sich also nur auf die Zukunft aus.
Anders als die frühere Annullierung haben Scheidung und Eheaufhebung rechtliche Folgen. Diese betreffen unter anderem Fragen zu Unterhalt, Zugewinn, Versorgungsausgleich, aber auch Krankenversicherung, Erbrecht und Witwenrente. Lesen Sie hier, wann Sie Anspruch auf Witwenrente haben.
Um sich scheiden zu lassen, müssen Sie zudem erst ein Trennungsjahr überstanden haben. Nur wenn eine unzumutbare Härte vorliegt, können Sie eine Ehe auch ohne Trennungsjahr scheiden lassen (Härtefallscheidung nach § 1565 Abs. 2 BGB).
Die Kosten für eine Eheaufhebung sind genauso hoch wie für eine Scheidung. Generell setzen sich diese aus den Gerichts- und den Anwaltskosten zusammen. Diese wiederum richten sich nach dem sogenannten Verfahrenswert, der immer individuell beziffert werden muss.
Der Verfahrenswert wird maßgeblich am Nettoeinkommen der Eheleute im Quartal bemessen, also am Einkommen von drei Monaten. Lesen Sie hier mehr dazu, was eine Scheidung kostet und wer zahlen muss.
Ja, das ist möglich. Mitglieder einer Kirchengemeinschaft können ihre Ehe von einem Kirchengericht annullieren lassen. Rein rechtlich nutzt Ihnen dieses Ehenichtigkeitsverfahren aber wenig. Es wird vor allem von Katholiken angestrengt, die nach einer Scheidung erneut heiraten möchten.
Das ist nach der Lehre der römisch-katholischen Kirche nicht möglich, solange der andere Partner noch lebt. Eine Ehe gilt als unauflöslich. Jedoch können Sie die Ehe von einem Kirchengericht für nichtig erklären lassen, wenn es feststellt, dass die Voraussetzungen für eine kirchengültige Ehe von Anfang an nicht vorlagen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Ehe nicht vor zwei Zeugen geschlossen wurde.
Auch außerhalb der katholischen Kirche können Sie eine Ehe für unwirksam erklären lassen. Es handelt sich dann nicht um eine Aufhebung der Ehe, sondern um eine Nichtehe.
Sie liegt dann vor, wenn die Eheschließung selbst ungültig war. Das ist zum Beispiel bei Kinderehen oder fehlendem Jawort der Fall. Diese Rechtsfehler sind so gravierend, dass die Eheschließung rechtlich betrachtet gar nicht stattgefunden hat.