Ein Lebensmitteleinkauf soll manchmal schnell gehen. Oft ist es aber auch schön, beraten zu werden und frische Ware zu kaufen. Ist diese Art des Einkaufs bald Vergangenheit? Das sagt der Experte.
Edeka will in einigen Regionen Deutschlands einen beliebten Service einschränken: die Bedientheke. Als Grund gibt der Einzelhändler an, nicht mehr ausreichend Personal für Frischfleisch- und Käsetheken zu haben. Ein guter Hebel für das Unternehmen, um Kosten zu sparen (lesen Sie hier alles dazu). Aber auch eine Hiobsbotschaft für Kunden, die auf den Rat von Fachverkäufern setzen.
Stirbt die Fleischtheke in Deutschland aus? Und welche Kunden werden durch die neuen Selbstbedienungsregale und die zunehmende Digitalisierung des Einkaufsprozesses benachteiligt? t-online hat dazu mit dem Experten für Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Hamburg, Armin Valet, gesprochen.
t-online: Herr Valet, gestern verursachte die Meldung Aufregung, dass Edeka in einigen Regionen seine Fleischtheken reduziert – aus Personalmangel. Eine Hiobsbotschaft für viele Kunden?
Armin Valet: Eigentlich ist es keine Überraschung, denn das ist ja nicht nur bei Edeka so. Wir sehen das Problem bei vielen anderen Supermärkten auch, zum Beispiel bei Rewe. Ein schleichender Prozess. Bedientheken werden überall im Land eingespart. Für die Unternehmen ist das sicherlich die Lösung eines kostentechnischen Problems, viele Kunden empfinden es als Verlust.
Klingt wie der Anfang vom Ende. Wird es bald kein Personal in Supermärkten mehr geben, das uns berät und bedient?
Dieser Trend wird weitergehen, in vielen Gegenden werden die Fleischtheken sterben. Bald werden Kunden nur noch in ausgesuchten Gebieten oder Filialen, ich sage mal, dort, wo die Leute genug Geld haben, an Frischetheken bedient werden. Große Märkte werden weiter einen gewissen Kundenservice anbieten, aber bei den kleineren Betrieben oder in ländlichen Gegenden wird zusammengeschrumpft und der Kunde ist bald relativ allein im Geschäft.
Armin Valet ist bei der Verbraucherzentrale Hamburg verantwortlich für den Bereich Lebensmittel und Ernährung. Valet und seine Kollegen küren jährlich die „Mogelpackung“ des Einzelhandels und stellen damit Hersteller an den Pranger, die Kunden prellen und irreführen.
Diesen Trend gibt es auch deshalb, weil alles digitaler wird. Self-Check-out-Kassen, Bezahlen mit dem Smartphone. Werden bestimmte Kundengruppen damit nicht komplett ausgeschlossen?
Wir als Verbraucherschützer sehen diese Entwicklung kritisch. Klar, die Digitalisierung ist für viele ein Segen und viele von uns freuen sich darüber, wenn der Einkauf schnell geht und man nicht in der Schlange an der Kasse warten muss. Der Kunde übernimmt immer mehr Aufgaben, die früher Personal gemacht hätte – kostenlos. Ältere Menschen beziehungsweise Menschen ohne Smartphone oder Bankkarte können da allerdings nicht mithalten. Es muss aus unserer Sicht auch weiterhin noch Kassen mit Personal geben.
Einige Einkäufer benötigen ja auch tatsächlich Hilfe oder haben Fragen zu Produkten.
Richtig. Für viele Menschen ist ein Einkauf eben auch eine soziale oder sogar emotionale Angelegenheit: Das richtige Produkt finden, mit jemandem ein paar Worte wechseln. Hier geht eine Tradition verloren, und auch die Einkaufsqualität geht verloren.
Können Sie einschätzen, ob Produkte aus der Fleisch- oder Käsetheke preiswerter sind als die abgepackte Version im Selbstbedienungsregal?
Das ist schwer zu sagen, wir haben dazu keinen aktuellen Marktcheck gemacht. Aber Markenkäse wie etwa Leerdammer gibt es sowohl an der Bedientheke als auch im Selbstbedienungsregal. Da können immer wieder Preisunterschiede vorkommen – in beide Richtungen. Es kann auch mal passieren, dass der Käse an der Bedientheke günstiger ist, wenn dort temporär ein Sonderangebot ausgelobt ist.
Herr Valet, vielen Dank für das Gespräch.