Düsseldorf Anwesenheit von Montag bis Freitag, fixe Arbeitszeiten und ein fester Arbeitsplatz im Büro gehören vielerorts der Vergangenheit an. Die Corona-Pandemie hat das Arbeitsleben verändert, flexible Regelungen sind in vielen deutschen Unternehmen etabliert. Das könnte für Frauen jedoch zum Nachteil werden, wie eine neue Studie des beruflichen Netzwerks LinkedIn unter 2500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Personalverantwortlichen in Deutschland zeigt.
56 Prozent der befragten Personalverantwortlichen gehen davon aus, dass nach der Pandemie mehr Männer zurück in die Büros gehen, während viele Frauen weiterhin von zu Hause arbeiten – beispielsweise, um sich dort „nebenbei“ um den Haushalt zu kümmern.
Sie befürchten, dass es für Frauen dadurch schwieriger werden könnte, Beziehungen zu ihren Mitarbeitenden aufzubauen (22 Prozent), sie gefühlt weniger berufliche Chancen erhalten (24 Prozent) und sie sich zudem weniger berechtigt fühlen, einzufordern, was sie sich von ihrer Arbeit wünschen (23 Prozent).
„Derzeit beobachten wir mit Sorge, dass vor allem Frauen weiterhin die Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens – sei es in Type des Homeoffice oder der Teilzeit – nutzen möchten“, erklärt LinkedIn-Deutschlandchefin Barbara Wittmann. Männer würde es stärker zurück ins Büro ziehen.
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„Sollte sich dieser Pattern verfestigen, dann drohen uns eine Retraditionalisierung und ein Zurückfallen in alte Rollenbilder“, so Wittmann. „Dann schaffen wir keine modernere Arbeitswelt, sondern eine, in der es Frauen noch schwerer gemacht wird, Chancengleichheit zu erlangen.“
Aktuell sind für Frauen versatile Modelle in vielerlei Hinsicht wichtiger als für Männer. So wünschen sich 62 Prozent der befragten Frauen Teilzeit-Optionen in ihrem Job, bei den Männern sind es nur 43 Prozent. Auch Gleitzeitmodelle sind für Frauen wichtiger als für Männer (48 und 33 Prozent), genauso eine Vier-Tage-Woche (68 und 58 Prozent) und reduzierte Stunden (61 und 49 Prozent).
Im Homeoffice fehlt die Sichtbarkeit
All diese Modelle erschweren berufliche Aufstiege, denn sie schränken den wichtigen Karrierefaktor Sichtbarkeit stark ein.
Schon vor Corona hatte der renommierte Stanford-Ökonom Nicholas Bloom in einem Experiment in China beobachtet, dass Homeoffice-Arbeiter öfter vergessen werden als ihre Kollegen, die regelmäßig ins Büro kommen.
Die Mitarbeiter mit viel Vor-Ort-Präsenz entwickelten mit der Zeit mehr „Managementkapital“, wie Bloom es nennt. Die Folge: Sie wurden öfter befördert, etwa weil sie häufiger mit Kollegen essen gingen oder einen Plausch mit dem Chef halten konnten.
Blooms neueste Studien zeigen, dass Eltern mit jungen Kindern tendenziell mehr Tage im Homeoffice arbeiten wollten als andere Gruppen. Er warnt vor „dramatisch niedrigeren“ Beförderungsraten als bei ehrgeizigen Berufsanfängern, die jeden Tag ins Büro kommen.
Der Experte plädiert daher dafür, dass Firmen strikt vorgeben sollten, an welchen Tagen Beschäftigte ins Büro kommen sollten. LinkedIn-Deutschlandchefin Wittmann ist sich ebenfalls sicher, dass „die neue Flexibilität uns nur weiterbringt, wenn sie für alle gleichermaßen gilt“.
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