Der deutsche Rekordmeister enttäuscht in dieser Saison ein ums andere Mal auf ganzer Linie. Dafür gibt es Gründe – die nicht neu sind.
Eine Überraschung ist das nicht. Kein Schock. Keine Sensation.
Die traurige Realität des FC Bayern München im Februar 2024 ist nämlich: Diese Pleite war erwartbar. 2:3 beim VfL Bochum, bei einer Mannschaft, die vor einem halben Jahr zu Hause noch mit 0:7 von den Bayern demontiert wurde. Dieser neuerliche Tiefpunkt nun – die dritte Pflichtspiel-Niederlage in Folge –, ist ein erschreckendes Testament des aktuellen Leistungsniveaus beim deutschen Rekordmeister. Es reicht nicht einmal mehr zu einem einst sicher geglaubten Sieg gegen einen – bei allem Respekt für die stets aufopferungsvoll kämpfenden Bochumer – potenziellen Abstiegskandidaten.
Die Meisterschaft scheint, Stand jetzt, gelaufen. Bayer Leverkusen liegt zwölf Spieltage vor Schluss komfortable acht Punkte vor den Münchnern und vermittelt aktuell nicht den Eindruck, diesen Vorsprung in einem Leistungseinbruch historischer Ausmaße noch verspielen zu können. Ebenso wenig scheint der FC Bayern übrigens aktuell in der Lage, die gleichzeitig nötigen zwölf Bundesliga-Siege in Folge einzufahren.
Möglich zwar, dass sich die Bayern nach dem 0:1 im Hinspiel bei Lazio Rom doch noch irgendwie ins Viertelfinale der Champions League schleppen. Dort warten dann aber aller Voraussicht nach Mannschaften wie Manchester City, Paris Saint-Germain oder Real Madrid. Nicht auszudenken, was den Bayern in ihrer aktuellen Verfassung dann blühen würde.
Die erfolgsverwöhnten Großkopferten von der Säbener Straße müssen nun einsehen: Es ist nach menschlichem Ermessen aus mit dieser Saison. Dieser FC Bayern in seiner Zusammensetzung 2023/24 wird und muss spätestens im Sommer Geschichte sein. Aber: Eine Überraschung ist das nicht. Zu viel lief und läuft dieses Jahr schief an der Isar. Und: Zu wenig passiert, damit eben nichts mehr schiefläuft.
Öffentliche Tatenlosigkeit
Jetzt muss endgültig auch dem Letzten vor Augen geführt worden sein, wo es bei diesem FC Bayern aktuell hakt: überall.
„Wir wollen das jetzt nicht dramatisieren“, sagte Bayern-Präsident Herbert Hainer im Gespräch mit t-online-Reporter Julian Buhl, wenige Stunden vor Spielbeginn in Bochum. Die Wahrheit ist: Doch, genau das hätten sie tun müssen. Schon vor Wochen. Die öffentliche Tatenlosigkeit der Bayern-Führung ist eines der größten Probleme dieses aktuell schwer trudelnden Erfolgsklubs. Ist das noch der FC Bayern, der „Mia san Mia“-Rekordmeister – oder eher ein Abbild der drei Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen?
Eine zu zaghafte Klubleitung, die in fast bewundernswerter Art und Weise jede Schieflage – vom Transfer-Debakel im Sommer bis zur aktuellen Ergebniskrise – zu Lappalien und Ausrutschern zu verklären versteht? Uli Hoeneß wäre schon längst im eigenen Betrieb an der Wurstmaschine explodiert, dem sonst so gefassten Karl-Heinz Rummenigge hätte vor lauter Puls keine seiner schicken Armbanduhren mehr ums Handgelenk gepasst. Wie hätten sich die langjährigen Klub-Macher echauffiert? Außer sich wären sie gewesen. In bewährter Art und Weise hätten sie die Mannschaft öffentlich gemaßregelt, wie ein Donnerhall hätten ihre Worte die Klubzentrale an der Säbener Straße aufgerüttelt.
Und das nicht erst jetzt, nicht erst nach dem 0:1 bei Lazio Rom, sondern spätestens nach dem ernüchternden 0:3 im Bundesliga-Topspiel bei Bayer Leverkusen. Wenn nicht sogar schon Anfang Dezember, als sich die stolzen Bajuwaren mal wieder von Eintracht Frankfurt vorführen ließen und 1:5 untergingen. Auch t-online-Kolumnist Stefan Effenberg forderte zuletzt von den Bayern-Führungsspielern ein Machtwort, ein Zeichen an die Mannschaft.
Alle müssen auf den Prüfstand
Dazu ein Trainer, der sich ein ums andere Mal vercoacht. Zwar hat Vorstandschef Jan-Christian Dreesen Thomas Tuchel nach dieser nächsten empfindlichen Pleite seiner an empfindlichen Pleiten durchaus nicht armen Zeit in München demonstrativ den Rücken gestärkt. Der aktuell glücklose Tuchel wirkt trotzdem schwer angeschlagen. Viel wird er sich nicht mehr leisten können. Gerade, wenn der nächste Gegner Rasenballsport Leipzig heißt.