Bisher gilt: Nur Menschen mit Organspendeausweis dürfen Organe spenden. Viele befürworten hingegen eine Widerspruchslösung, doch nicht alle sind von der Idee überzeugt.
Millionen Bürger tragen einen Organspendeausweis mit sich. Dieser bescheinigt, dass der Inhaber bereit ist, sich im Falle seines Ablebens Organe entnehmen zu lassen, damit sie Bedürftigen eingepflanzt werden können. Trotzdem kann der Bedarf damit nicht gedeckt werden, die Wartelisten für Transplantationsorgane sind lang.
Bereits der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn wollte das Problem mit einer Gesetzesänderung lösen: Anstatt der Organspende zustimmen zu müssen, wären alle Bürger automatisch Spender, außer sie widersprechen. Eine solche Regelung gilt in vielen europäischen Ländern. Doch das Vorhaben scheiterte 2020. Viereinhalb Jahre später bringen mehrere Bundestagsabgeordnete die sogenannte Widerspruchsregelung erneut ins Spiel. Sie stellten am Montag eine fraktionsübergreifende Initiative vor.
Das Thema beschäftigt auch die t-online-Leserschaft, wie Hunderte Zuschriften an uns zeigen. Dabei sprechen sich die meisten für die Idee aus, doch zahlreiche andere äußern auch Bedenken.
Katrin Fallmann schreibt: „Ich habe das Glück, Österreicherin zu sein. Bei uns ist man automatisch Spender. Ohne die Widerspruchsregelung hätte ich ohne mein neues Herz weniger als einen Monat überlebt. Mein Spender hat mir das Leben gerettet und ich werde ihm oder ihr auf ewig dankbar sein.“
An die Gegner richtet sie die Worte: „Ich hoffe, dass ihr euch nie in einer Situation wiederfindet, in der ihr selbst oder einer eurer Angehörigen auf ein Spenderorgan angewiesen ist.“
„Ich habe auf einer Kinderintensivstation gearbeitet und bin trotzdem keine Organspenderin“, informiert Ursula Wirweitzky. „Meine Patientenverfügung sagt allerdings auch, dass ich kein Spenderorgan möchte. Wenn mein Leben endet, dann ist es so.“
Adeel Qureshi verlor seine Nieren, als er elf Jahre alt war. „Niemand, der gesund ist und der keine Ahnung davon hat, was es heißt, dialysepflichtig zu sein, kann sich so ein Leben vorstellen“, sagt der heute 31-Jährige, der trotz erfolgreicher Transplantation weiterhin Probleme hat. „Man ist nie wirklich gesund“, erzählt er.
„Ich hoffe wirklich, dass alle anderen, die eine neue Niere brauchen, sie so schnell wie möglich bekommen. Denn es ist nicht einfach. Menschen, die ‚Es ist mein Körper, ich möchte selbst entscheiden.‘ sagen, können sich nicht in Leidende hineinversetzen, die auf ein neues Organ warten.“
„Die Widerspruchslösung ist eine Frechheit schlechthin“, meint hingegen Sabine Wahrenberg. „Jedem Vertrag muss man aktiv zustimmen, um ihn einzugehen. Möchte ich keinen Vertrag, ignoriere ich das Angebot und gut ist. Meine Organe zu spenden, ist für mich nichts anderes. Ich will keine Spenderorgane bekommen und auch keine spenden, das habe ich schon lange festgelegt.“
Kristine Dietz berichtet: „Vor neun Jahren bekam ich ein Herz. Bis es so weit war, waren zehn Jahre vergangen. Zum Schluss hatte mich ein Kunstherz 32 Monate am Leben erhalten. Letztlich wurde ich priorisiert und bekam wenige Tage vor Weihnachten das größte Weihnachtsgeschenk, was man je erhalten kann: nämlich das Leben zurück.“
Sie findet es erstaunlich, dass Deutschland sich so „quer stellt“. „Es sterben jährlich zu viele Menschen, die durch eine Organspende hätten gerettet werden können. In Österreich ist seit 1986 jeder Organspender – auch Touristen, die im Land versterben. Es wird Zeit, dass Deutschland endlich den Hintern hoch bekommt und die Widerspruchsregelung beschließt.“
„Ich habe einen Spenderausweis, in dem ich einer Organspende zustimme“, schreibt Volker Hunsche. „Ich habe das freiwillig gemacht. Die Widerspruchslösung jedoch rechnet mit der Trägheit der Menschen, nicht zu widersprechen. Das finde ich nicht in Ordnung. Wenn sie kommt, werde ich mir ernsthaft überlegen, ob ich weiterhin Organspender sein möchte.“