Islamisches Zentrum Hamburg
Die lange Hand des Iran in Deutschland
24.07.2024 – 09:32 UhrLesedauer: 3 Min.
Innenministerin Nancy Faeser hat das Islamische Zentrum Hamburg verboten. Der Vorwurf: Das Zentrum stelle eine direkte Vertretung der iranischen Revolutionsgarden dar.
Das Wichtigste im Überblick
In den frühen Morgenstunden am Mittwoch haben Dutzende Polizisten in Hamburg die Blaue Moschee für eine Razzia abgeriegelt. Das schiitische Gotteshaus gehört zum Islamischen Zentrum Hamburg (IZH). Kurz darauf wurde bekannt, dass Innenministerin Nancy Faser das IZH verboten hat.
Doch was steckt hinter dem schon seit Monaten diskutierten Verbot? t-online gibt den Überblick.
Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) und die von ihm betriebene Blaue Moschee an der Hamburger Alster wird von schiitischen Muslimen verschiedener Nationalitäten als zentrale religiöse Anlaufstelle genutzt. Seit Jahrzehnten finden in der Moschee regelmäßig Gebetsveranstaltungen und viele religiöse Feiern statt. Zudem werden dort laut Verfassungsschutz diverse Lehrveranstaltungen angeboten – etwa islamischer Religionsunterricht für Kinder und Unterricht in den Sprachen Arabisch, Farsi und Deutsch.
Betroffen vom nun erteilten Verbot sind auch die Teilorganisationen des Vereins, wie das Ministerium am Mittwochmorgen erklärte. Demnach finden derzeit Durchsuchungen in 53 Objekten in acht Bundesländern statt – neben Hamburg auch in Bremen, Niedersachsen, Berlin oder Bayern.
„Das IZH verbreitet als direkte Vertretung des iranischen ‚Revolutionsführers‘ die Ideologie der sogenannten ‚Islamischen Revolution‘ in der Bundesrepublik Deutschland in aggressiv-kämpferischer Weise und will diese auch verwirklichen“, heißt es vom Ministerium.
Das IZH propagiere „eine islamistische, totalitäre Ideologie in Deutschland“, fuhr Faeser fort. „Diese islamistische Ideologie richtet sich gegen die Menschenwürde, gegen Frauenrechte, gegen eine unabhängige Justiz und gegen unseren demokratischen Staat.“
Das IZH und seine Teilorganisationen unterstützen Faeser zufolge überdies die islamistische Hisbollah und verbreiten einen „aggressiven Antisemitismus“. Faeser betonte, die „friedliche schiitische Glaubens- und Religionsausübung“ sei „ausdrücklich nicht von unserem Verbot berührt“.
Moscheevereine werden relativ selten verboten. Ein Beispiel ist die Berliner Fussilet Moschee, die 2017 dicht gemacht wurde. Sie galt als Treffpunkt sunnitischer Extremisten. Der spätere Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri verkehrte hier.
Forderungen nach einem Verbot des IZH gab es schon lange: Erst im November 2023 durchsuchte die Polizei das Islamische Zentrum auf der Suche nach Beweismitteln für ein vom Bundesinnenministerium betriebenes vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren – mit dem möglichen Ziel einer Schließung. Das dabei beschlagnahmte Material habe die „schweren Verdachtsmomente“ so erhärtet, dass nun das Verbot ausgesprochen worden sei, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Immer wieder hatten sich Exil-Iraner und Regime-Kritiker gegen das IZH ausgesprochen. Im vergangenen Jahr etwa sagte Omid Rezaee t-online dazu: „Viele Iraner in Hamburg sehen das IZH als Beleidigung an.“ Der iranische Journalist lebt seit 2014 in Deutschland, arbeitet für deutsche wie auch für persischsprachige Exil-Medien und beobachtet die Entwicklung des IZH seit Langem. „Das Islamische Zentrum ist eine Bedrohung für Iraner in Europa“, sagte er. Das gelte nicht nur für politisch aktive Personen.
Der aktuelle Zeitpunkt für das Verbot könnte auch mit der Eskalation des Nahostkonflikts zusammenhängen, in dem sich die iranische Führung verbal und auch durch die Lieferung von Waffen an Verbündete gegen Israel positioniert. Der Verfassungsschutz schrieb in seinem Bericht für 2023: „Innerhalb schiitisch-extremistischer Kreise ist häufig eine deutliche antisemitische und antiisraelische Grundeinstellung feststellbar, die auch in verschiedenen Medienkanälen propagiert wird.“
Seit August 2018 ist Mohammad Hadi Mofatteh Leiter des IZH. Laut Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz gilt er als Vertreter des Revolutionsführers in Europa. Im jüngsten Hamburger Verfassungsschutzbericht heißt es über ihn: „Mofatteh ist ein versiert geschulter Vertreter des gegenwärtigen Regimes in Teheran. Seine Familie ist fest in die staatlich-religiöse Elite des Iran eingebunden.“ Er sei dem Obersten Führer des Iran, Ajatollah Chamenei, berichtspflichtig und weisungsgebunden.