Düsseldorf Viele Industrieunternehmen sehen nur wenig Bedarf für eigene Markenarbeit. Sie hoffen auf das Label „made in Germany“, das seit Jahrzehnten für den guten Ruf der deutschen Industrie steht und einen gewissen Vertrauensvorschuss verleiht.
Doch nur auf die Kollektivmarke zu setzen reicht nicht mehr, mahnt eine neue Studie der Beratung McKinsey und der Agentur Jung von Matt (JvM). Kostengünstige und progressive Angebote kommen immer öfter aus den USA und Asien. Ob die deutsche Herkunftsbezeichnung künftig noch genügt, um im globalen Aufmerksamkeitswettbewerb zu bestehen, sei daher fraglich, sagt JvM-Associate Andreas Ernst. „Firmen müssen versuchen, sich mit ihrer eigenen Marke selbst zu differenzieren.“
Die Studie zeigt, dass sich gerade Mittelständler, die im Firmenkundengeschäft (B2B) tätig sind, kaum mit ihrer Marke beschäftigen. 46 Prozent kümmern sich nur einmal im Jahr auf Vorstandsebene um Markenthemen, gerade einmal 17 Prozent machen dies monatlich. Zudem liegt die Verantwortung für Marke und Advertising and marketing meist einige Ebenen unter dem Vorstand.
Auch das Price range ist gering: Die befragten B2B-Betriebe geben im Schnitt nur zwei Prozent ihres Umsatzes für Marketingmaßnahmen aus. Andere Erhebungen kommen zu noch geringeren Werten. Bei Firmen, die direkt beim Kunden werben (B2C), liegt der Anteil der Marketingausgaben immerhin bei fünf bis 15 Prozent.
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Dabei können Firmen von guter Markenarbeit profitieren. Studien von McKinsey zeigen, dass Unternehmen mit starker Marke einen um 21 Prozent höheren Gewinn (Ebit) haben als solche mit schwacher Markenarbeit.
IBM als Vorbild: Auch Geschäftskunden kaufen starke Marken
Verstärkt durch Corona ist der Wettbewerb um Aufträge, Fachkräfte oder Rohstoffe größer geworden. Eine starke Marke könnte hier auf mehreren Ebenen unterstützen: Erstens hilft sie, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Zweitens ist eine starke Marke eine Investition in die Zukunft, da sie Vertrauen auch auf die künftigen Produkte überträgt.
Und drittens kann sie den Verkaufserfolg steigern: Kunden entscheiden sich bei vergleichbaren Funktionen häufig für das Produkt einer starken Marke. Das lässt sich auch auf das B2B-Geschäft übertragen: „Je komplexer ein Produkt ist, desto häufiger verlassen sich Entscheider auf den guten Namen einer Firma“, sagt McKinsey-Associate Sascha Lehmann.
In der Werbeindustrie gibt es den Spruch: „No one ever obtained fired for purchasing IBM.“ Mit einer starken Marke können Industriebetriebe additionally Vertrauen gewinnen und die Kaufentscheidung ihrer Associate beeinflussen. Denn die Hälfte aller beruflichen Käufe wird intuitiv getätigt, zeigt die Verhaltensforschung.
Ernst und Lehmann beobachten, dass zwar immer mehr Industriefirmen den Nutzen starker Marken erkennen, viele aber noch keine konkreten Schritte gehen. Wichtig sei, dass die Chefetage das Thema vorantreibe. „Der CEO muss nicht zwangsläufig ein Marketingstudium absolviert haben, aber er sollte die Bedeutung und das Potenzial von Marken verstehen“, sagt Ernst.
Firmenvermarktung kann vom Konsumentengeschäft lernen
Lehmann rät Firmen, zunächst eine Faktenbasis zu schaffen, indem Bedürfnisse von Kunden, Geschäftspartnern oder Mitarbeitern abgefragt werden und man so ein Bild darüber bekommt, wie man als Marke wahrgenommen wird. Nicht ganz uneigennützig empfehlen die Autoren, externe Hilfe einzuholen, um daraus eine Markenstrategie zu erarbeiten.
Einfacher haben es Betriebe, die sowohl Firmen- als auch Privatkundengeschäft haben, wie etwa Bosch. Bei Waschmaschinenverkäufen etwa betreiben solche Firmen schon länger ein ausgefeiltes Advertising and marketing. Im Bereich Robotik oder Zündkerzen entsteht das erst in jüngerer Zeit. Beim Thema Marke kann B2B von B2C noch manches lernen, schreiben die Autoren.
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