Bunker in Deutschland
Schutz vor Putin? „Wir arbeiten daran“
02.12.2024 – 00:27 UhrLesedauer: 3 Min.
In der rot-grünen Restregierung eskaliert der Krach um die Ukraine-Politik. Da kommt Nancy Faeser mit einer düsteren Botschaft. Doch diese ist nicht eben neu.
In der SPD wird gerade viel gewarnt. Nicht nur vor der CDU und deren Chef Friedrich Merz. Auch vor einem möglichen Krieg mit Russland. Beides hängt miteinander zusammen, wie die politische Konkurrenz der Sozialdemokraten meint. Am deutlichsten artikulierte dies nun der Grünen-Außenexperte Anton Hofreiter, ausgerechnet ein Mitglied der rot-grünen Restregierung.
„Der Kanzler spielt mit Ängsten in der Bevölkerung, um die Wahl zu gewinnen“, sagte Anton Hofreiter, der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, dem „Tagesspiegel“. „Ein solch absolut unverantwortliches Gerede, das am Ende nur Kremlchef Wladimir Putin hilft, können wir Grüne als Koalitionspartner nicht akzeptieren“.
Scholz hatte bei der sogenannten auf der „Wahlsieg“-Konferenz der SPD am Samstag davor gewarnt, dass mit der „Nuklearmacht“ Russland kein „russisch Roulette“ gespielt werden dürfe. Hofreiter warf dem Bundeskanzler vor, er verkehre „mit Hinweisen auf die Atommacht Russland seine vermeintliche Besonnenheit ins Gegenteil und schadet damit auch der Sicherheit Deutschlands“.
Auch andere Grünen-Spitzenpolitiker machten der Scholz-SPD Vorwürfe in Sachen Ukraine-Kurs. „Es wäre wirklich besser, sich zu besinnen, die Ukraine ausreichend zu unterstützen und damit auch unsere Sicherheit zu schützen und einen nachhaltigen Frieden auf den Weg bringen zu können“, schrieb Grünen-Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt bei X. Und die neue Grünen-Fraktionsvize Franziska Brantner warf Scholz vor, jüngst nicht an einem Treffen der nordischen und baltischen Staatschefs teilgenommen zu haben: „Wir haben hier eine Verantwortung in Europa.“
In diese aufgeheizte Stimmung innerhalb der Koalition platzte am Sonntag SPD-Innenministerin Nancy Faeser mit dem Geständnis, Deutschland habe zu wenig Schutzbunker. Im Ernstfall sei das Land nicht ausreichend gewappnet, um den Bürgern genügend Schutzunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Man arbeite daher an einem Schutzkonzept, dieses sei aber noch nicht fertig.
Es gehe in dem Konzept darum, „gut erreichbare Zufluchtsorte wie Tiefgaragen, U-Bahn-Stationen oder Keller von öffentlichen Gebäuden“ zu erreichen. Dies solle auch mithilfe von Navigations- und Warn-Apps geschehen.
Bereits während der Coronakrise hatte es eine Warn-App gegeben, deren Nutzung der Bevölkerung von der Bundesregierung empfohlen worden war. Über deren Erfolg gibt es bis heute keine validen Erkenntnisse, allerdings kritisierten Politiker schon unmittelbar nach der Außerdienststellung der App im Jahr 2023, dass der Erfolg des Hilfsmittels angesichts seiner hohen Kosten – letztlich schlugen Entwicklung und Einführung der App mit 220 Millionen Euro zu Buche – überschaubar gewesen ist.
Doch die App soll nur ein Baustein der Schutzraum-Strategie sein. Wie Faeser betonte, gehören dazu auch der Ausbau privater Schutzeinrichtungen. „Außerdem geben wir Hinweise, wie man mit einfachen Mitteln auch eigene Keller schützen kann“, sagte die Innenministerin. Genau dies hatte Faeser schon im Frühjahr 2022 gesagt, unmittelbar nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch der Russen in die Ukraine und der Ankündigung einer „Zeitenwende“ durch Olaf Scholz.
„Die Zeitenwende, die wir durch den Krieg erleben, erfordert, dass wir den Schutz auch vor militärischen Bedrohungen erheblich stärken müssen“, sagte sie damals der „Welt am Sonntag“. Ähnlich sah das der Städte- und Gemeindebund, die Interessenvertretung der Kommunen in Deutschland. Deren Hauptgeschäftsführer André Berghegger sagte damals den Zeitungen der „Funke“-Mediengruppe: „Jetzt kommt es nicht nur darauf an, die Bundeswehr verteidigungsfähig zu machen. Es geht ganz allgemein um den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren“.
Mehr als zwei Jahre danach arbeitet Faesers Ministerium nach wie vor daran, ein entsprechendes Konzept zu finalisieren, obwohl die Bedrohungslage seitdem zugenommen habe, wie die SPD-Politikerin nun einräumt. „Wir arbeiten daran. Aber wir können Versäumnisse von Jahrzehnten nicht innerhalb weniger Jahre aufholen“, sagte Faeser dem „Handelsblatt“.
Trotz des besonnenen Handelns des Bundeskanzlers verschärfe das Gewaltregime Wladimir Putins die Angriffe auf den Westen, auch auf Deutschland. Vor der Europawahl hätten die Sicherheitsbehörden zusammen mit europäischen Partnern eine massive russische Einfluss- und Lügenkampagne aufgedeckt, so Faeser. „Aber wir sehen natürlich, dass die hybride Bedrohungslage zunimmt. Deswegen müssen wir uns auch ganz anders aufstellen und schützen“, so Faeser weiter.