Mit dem zwölften Platz beim Eurovision Song Contest hat Isaak durchaus überraschen können. Die Punktzahl aus dem Televoting spricht allerdings eine deutliche Sprache.
Zuallererst: Isaak, das war ein starkes Ergebnis. Mit dem zwölften Platz hat der Sänger aus Ostwestfalen die beste deutsche ESC-Platzierung seit sechs Jahren eingefahren. Seine Performance in Malmö war kraftvoll und emotional – und besser, als die meisten Kritiker im Vorhinein vermutet hätten. Mit 99 Jurypunkten aus den teilnehmenden Ländern konnte der Sänger definitiv überzeugen.
Es haperte allerdings am Televoting: Nur 18 Punkte bekam Isaak von den internationalen ESC-Fans. Für die Auswahl der Kandidaten in den kommenden Jahren lässt das nur einen Schluss zu: Wer auch immer den ESC-Vorentscheid in Zukunft ausrichtet, muss mehr Mut beweisen, um die Gunst der Zuschauerinnen und Zuschauer zu erlangen.
Mut entscheidet den ESC
Dabei war Deutschland nicht der einzige Teilnehmer, der zwar die Jurys, nicht aber die ESC-Fans erreichen konnte. Portugal, das mit einer seichten Ballade antrat und immerhin 139 Punkte der Länderjurys bekam, erhielt im Televoting nur enttäuschende 13 Punkte.
Im Gegensatz dazu konnten vor allem Länder überzeugen, die bei der Auswahl ihrer Kandidatinnen und Kandidaten Mut bewiesen hatten. Allen voran Nemo für die Schweiz. Das unkonventionelle Lied „The Code“, eine wilde Mischung aus Pop, Hip-Hop, Operngesang und anderen Einflüssen konnte nicht nur die Jurys begeistern, sondern auch die ESC-Fans: Sie belohnten Nemo mit 226 Punkten im Televoting und sicherten der Schweiz so den Sieg.
Auch Irlands Beitrag von Bambie Thug konnte das Publikum überzeugen, das die wilde Show mit viel Geschrei, aber hoher musikalischer Qualität mit 136 Punkten goutierte. Und das sympathische Duo Ladaniva, das für Armenien antrat und mit Folk-Tönen die Arena in Malmö für sich gewinnen konnte, bekam von den Zuschauerinnen und Zuschauern 82 Punkte.
Auf die Technik kommt es nur teilweise an
Die Ergebnisse des Televotings zeigen, dass es beim ESC nicht nur auf eine technisch saubere Performance ankommt, wie sie Isaak gezeigt hat. Beim Wettbewerb ist es ebenso wichtig, ins sprichwörtliche kalte Wasser zu springen und neue Künstlerinnen und Künstler zu präsentieren, die nicht unbedingt radiotauglich sind – oder fiele Ihnen spontan eine Radiostation ein, die Bambie Thug ins Nachmittagsprogramm nehmen würde?
Wer auch immer im kommenden Jahr den Vorentscheid zum Eurovision Song Contest ausrichtet, sollte sich die Ergebnisse aus Malmö ganz genau anschauen und daraus lernen. Man möchte dem bisher ausrichtenden Norddeutschen Rundfunk (NDR) zurufen: „Seid mutiger!“
Dann könnte Deutschland eventuell einen Vertreter in die Schweiz schicken, der nicht nur die Jurys, sondern auch das Publikum vor den Bildschirmen überzeugen kann. Talentierte Künstlerinnen und Künstler gibt es in Deutschland genug – sie müssen nur die Chance bekommen, ihre Musik auf einer der größten Bühnen der Welt zu präsentieren.