Frankfurt Die Deutsche Bahn will ihre bestehende ICE-Flotte so weit umrüsten, dass künftig ein besserer Mobilfunkempfang und höhere Web-Bandbreiten möglich sind. Dazu sollen die Fenster, deren dünne und wärmeisolierende Metallschicht Mobilfunkwellen bisher nicht durchlässt, per Laser so weit gerastert werden, dass die Wellen ins Wageninnere durchdringen.
„Der Zug wird so zum verlängerten Büro und Wohnzimmer“, sagte Daniela Gerd tom Markotten, seit Herbst vergangenen Jahres Digitalvorständin der Bahn, am vergangenen Freitag. Die Diskussion, ob es sinnvoll sei, in einem Zug, der mit 300 Stundenkilometern durch die Landschaft rase, Bandbreiten wie zu Hause zu haben, müsse man gar nicht führen: „Die Kunden erwarten das.“
Die Technologie mit den gelaserten und gerasterten Fenstern kommt erstmals im neuen ICE 3 neo zum Einsatz, den die Deutsche Bahn zusammen mit dem Hersteller Siemens vor einigen Tagen präsentierte. Man habe untersucht, ob auch die Fenster der bestehenden Flotte nachbearbeitet werden könnten, sagte Gerd tom Markotten. Das sei nicht trivial, da die Fenster gewisse Sicherheitsfunktionen hätten. Aber es gehe. „Wir werden den ersten ICE mit den durchlässigen Fenstern Ende des Jahres aufs Gleis bringen“, sagte die Vorständin.
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Damit sind die Hochgeschwindigkeitszüge für künftige, noch leistungsfähigere Mobilfunkstandards vorbereitet. Bisher werden in den bereits fahrenden ICEs sogenannte Repeater eingesetzt, die das Funksignal im Waggon verstärken. Diese müssen jedoch bei neuen Mobilfunkstandards ausgetauscht werden. Bei einer Flotte von mehr als 300 ICEs ist das ein zeitaufwendiges Unterfangen.
Der Staatskonzern hatte im vergangenen Sommer mit der Deutschen Telekom vereinbart, bis Ende 2024 die 7800 Kilometer langen Hauptverkehrsstrecken, auf denen alle ICE-Züge sowie die wichtigsten ICs fahren, so weit zu ertüchtigen und auszubauen, dass Datenraten von mehr als 200 Megabit professional Sekunde (Mbit/s) möglich sein sollen. Bis Ende 2025 soll das dann auch für die viel befahrenen anderen Strecken erreicht werden, die eine Länge von 13.800 Kilometern haben. Ende 2026 soll auf den verbleibenden 11.800 Kilometern des Regionalverkehrs eine Bandbreite von immerhin 100 Mbit/s verfügbar sein.
Glasfaser an den Gleisen
Gerd tom Markotten zeigte sich zuversichtlich, bald auch mit anderen Telekomanbietern entsprechende Verträge abschließen zu können. Dann wären auch die Funklöcher Vergangenheit. In ihrer jährlichen Untersuchung hatten das Magazin „Join“ und der Dienstleister Umlaut vor einigen Wochen festgestellt, dass sich die Qualität des Mobilfunks entlang der Gleise teilweise sogar verschlechtert hat. Das Schienennetz läuft häufig da entlang, wo keine Bebauung ist. Hier haben die Telekom-Unternehmen bisher kaum Infrastruktur errichtet.
Das soll sich ändern, die Bahn will dazu unter anderem ihre eigene Glasfaserinfrastruktur entlang der Gleise zur Verfügung stellen. Ohne Mobilfunk vor Ort würden natürlich auch durchlässige Fenster in den ICEs nichts bringen, sagte Gerd tom Markotten.
Die „Konnektivität“ ist eines von drei Kernthemen, die die neue Digitalvorständin in den nächsten Monaten bevorzugt angehen will, um die Bahn für die Kunden attraktiver zu machen. Ein zweites ist die digitale Instandhaltung, additionally der Einsatz von Sensoren, um sich abzeichnende Schäden an Zügen und Schienen frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen.
Je seltener und je kürzer ein Zug in die Werkstatt müsse, desto verlässlicher könne die Bahn fahren, sagte Gerd tom Markotten: „Ein Zug sollte rollen und nicht stehen. Jede Stunde in der Instandhaltung ist eine verlorene Stunde.“ Beispielsweise errichtet die Bahn Anlagen, die beim Überfahren die Radsätze der Züge vermessen. Sie sind das Bauteil, das sich am schnellsten abnutzt.
Ein dritter Schwerpunkt ist die intelligente Steuerung der Kapazität. „Künstliche Intelligenz macht den Zug pünktlicher“, so die Managerin, die zuvor in der Automobilbranche gearbeitet hat. Ihre Vorgängerin Sabina Jeschke hatte kurz vor ihrem Ausscheiden ein Projekt bei der S-Bahn in Stuttgart aufgesetzt, bei dem hochmoderne Rechner die Arbeit der Disponenten unterstützen.
Kommt es zu einer Störung, können sich die Bahn-Mitarbeiter in einem kleinen Video anschauen, welche Reihenfolge das IT-System für die nachfolgenden Züge vorschlägt, um die Verspätungen zu minimieren. „Wir werden das System auch bei den S-Bahnen in Rhein-Important und in München einsetzen“, sagte Gerd tom Markotten.
Sie verwies auf die Ergebnisse des Pilotversuchs in Stuttgart: „Wir sind dort in der Lage, Verspätungen von bis zu acht Minuten wieder aufzuholen und die Pünktlichkeit um drei Prozent zu verbessern.“ Perspektivisch sei das System auf das gesamte Netz auszuweiten, sagte die Vorständin, ohne allerdings einen Zeitplan dafür zu nennen.
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