in die Weihnachtswoche gehen wir mit beunruhigenden Wettläufen. Der erste handelt davon, inwieweit Booster-Impfungen helfen, die neue Virusvariante Omikron abzuhalten. Der zweite dreht sich in vielen Staaten um die Frage, ob man noch alles erledigt bekommt, bevor wieder mal die Lichter beim Lockdown ausgehen. Zwar wiegelt Gesundheitsminister Karl Lauterbach ab, vor Heiligabend gebe es garantiert keinen Lockdown, zuletzt sind ja auch die Inzidenzwerte gesunken.
Doch, wie auch immer, über harte, kontaktreduzierende Maßnahmen reden Bund und Länder morgen schon auf ihrem Corona-Gipfel. Der neu eingesetzte Expertenrat hat vor einer „explosionsartigen Verbreitung“ von Infektionen gewarnt, Omikron bringe eine „neue Dimension“ ins Pandemie-Geschehen. Es seien „zusätzlich“ intestine geplante und kommunizierte Kontaktbeschränkungen nötig.
Fazit: Für Geschenktransporte aller Artwork – in Autos, auf Schlitten oder durch Kamine – ist das keine gute Nachricht.
Die aktuell eher zurückhaltenden Statements des Gesundheitsministers stehen im Kontrast zur Kritik des designierten CDU-Cooks Friedrich Merz in der „Bild am Sonntag“. Da heißt es, niemand spreche Lauterbach die Fachkompetenz ab, „aber er neigt leider in gewissen Situationen zu sehr starken Übertreibungen“. Der SPD-Politiker werde „ein vernünftiges Maß finden müssen“ und solle „Zuversicht vermitteln, dass wir irgendwann die Pandemie auch hinter uns haben“. Derzeit sind es jedoch gerade Christdemokraten, die auf eine drastischere Corona-Politik drängen. Und wenn Merz, 66, tatsächlich noch Fraktionschef und Kanzlerkandidat werden will, wird er vermutlich auch mal übertreiben müssen.
In den USA hat Präsident Joe Biden mehr mit seinen Demokraten zu tun als mit den Republikanern. Vor dem Scheitern steht sein Sozial- und Klimaschutzprogramm namens „Construct Again Higher“ in Höhe von 1,75 Billionen Greenback – weil Senator Joe Manchin nach monatelangen Gesprächen im konservativen Anti-Biden-Sender Fox Information ein definitives Nein ankündigte: „Ich kann es einfach nicht. Ich habe alles Menschenmögliche versucht.“
Es gebe dringende Probleme wie Corona und Inflation, so der Mann aus West Virginia. Er hält „Construct Again Higher“ offenbar, so wie die Republikaner, für „sozialistisch“. Damit fehlt dem Präsidenten im Senat die Mehrheit – ein Desaster, ein Jahr vor den Kongresswahlen. Biden wäre dann als zweiter Franklin D. Roosevelt gestartet und als zweiter Jimmy Carter gelandet. Das Weiße Haus zeigt sich verärgert. Manchin habe versprochen, weitere Gespräche zu führen und nach einem Kompromiss zu suchen. Es handele sich nun um „eine unerklärliche Kehrtwendung und einen Bruch seiner Verpflichtungen“. Man werde einen Weg finden, 2022 weiterzumachen. Shakespeare wusste: „Hoffnung ist oft ein Jagdhund ohne Spur“.
In den deutschen Autofabriken stehen die Bänder immer wieder mal nonetheless, weil ein starker Arm in Asien dies will. Es fehlen Chips. Europa absorbiert weniger als zehn Prozent der globalen Halbleiterproduktion. Die Quote soll auf 20 Prozent steigen, wobei die Bundesregierung kräftig helfen will. Das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck hat 32 Unternehmensprojekte zur Mikroelektronik ausgewählt, die bei den „Essential Initiatives of Frequent European Curiosity“ (IPCEI) gefördert werden sollen, fanden meine Kollegen heraus.
Man werde laut Habeck Fördermittel „in Milliardenhöhe in die Hand nehmen“ und setze auf progressive, energieeffiziente und klimafreundliche Technologien. Die Basisarbeit des Grünen-Politikers über globale Lieferengpässe: „Deutschland und Europa haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, unseren Bedarf an Mikroelektronik selbst zu decken.“
Die Deutsche Telekom ist auf der Suche nach Geld einer naheliegenden Idee verfallen: Bereits im März will sie ihre Funktürme für bis zu 20 Milliarden Euro verkaufen. Damit sollen Schulden abgebaut und weitere Anteile der Übersee-Tochter T-Mobile US erworben werden. Die größten Rivalen haben die Strategie vorexerziert.
Telefónica verkaufte die Funktürme an American Tower, während Vodafone das Geschäft in der separaten Tochterfirma Vantage Towers teilweise an die Börse brachte. Telekom-Chef Timotheus Höttges setzt nun in Sachen Funkturm nicht mehr vorrangig auf absolute Netzqualität, sondern auf Allianzen mit Partnern, erklärt unsere Titelgeschichte. Er sei „zum Dekonsolidieren bereit“, sagt Höttges. Was konkret heißt: Um irgendwo zugreifen zu können, muss man anderswo loslassen.
Jürgen Kühling, Chef der Monopolkommission, begrüßt solche Aktionen wie bei den Funktürmen, weil sie große Verbünde entzerren. Mit dem Regensburger Professor habe ich mich lange darüber unterhalten, wie der Wettbewerb wieder zu stärken sei. Er sagt zum Beispiel: „Es wird Zeit, dass der Bund seine über die KfW gehaltenen Anteile an der Put up und der Telekom verkauft. Die Interessenskollision des Staates als Aktionär, Regulierer und Gesetzgeber ist unheilsam.“
Noch mehr Sorgen machen ihm die „Large 5“ aus Amerika, Tech-Riesen vom Schlage Amazon oder Google. Auch in Deutschland würde man sie als „große Ökosysteme erleben, die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch machtpolitisch ein Drawback darstellen.“ Eine Zerschlagung auf europäischer Ebene sei „Ultima Ratio“, so Kühling. Gegen Monopolismus hilft manchmal nur, zum Äußersten zu greifen.
Man könnte glatt neidisch werden, denkt man sich bei Daimler in Stuttgart. Ist man nicht selbst auch eine Luxusfirma wie LVMH von Bernard Arnault? Aber warum kommt man dann nicht, wie die Franzosen, auf mehr als 20 Prozent Rendite? Und muss stattdessen jubeln, 2021 überhaupt einmal zweistellig zu sein? Diese Luxusgewinn-Lücke will Daimler-CEO Ola Källenius peu à peu ausgleichen: mit schwäbischem Sparfleiß und Konzentration auf große Limousinen und SUVs.
Kleinkram wie Smarts oder A-Klasse könnten bald durch den „Elch-Take a look at“ fallen. Konkret strebt Källenius nach unseren Informationen mittelfristig 14 Prozent Rendite und mehr an. Das viele schöne Geld der Börse soll ja nicht mehr nur an Tesla oder Elektro-Begin-ups wie Rivian, Lucid, Nio oder Xpeng fließen, sondern auch an den runderneuerten Daimler, eine deutsche Legende unter chinesischem Einfluss.
Und dann ist da noch ein 55-jähriger Fan des Drittligisten MSV Duisburg, der dafür gesorgt hat, dass erstmals in Deutschland ein Profifußballspiel wegen Rassismus abgebrochen werden musste. Der Mann hatte von der Tribüne deutlich vernehmbar Affenlaute gegen den Osnabrücker Spieler Aaron Opoku von sich gegeben, der gerade eine Ecke ausführen wollte. Opoku und sein Group waren schockiert. Der Schiedsrichter versicherte dem Spieler, man sei da, um ihn zu schützen: „Das ist in schwierigen Zeiten ganz dramatisch.“
Die Polizei erstattete sogar Anzeige. Duisburg bittet um Entschuldigung und die Stadionregie ließ nach der Partie den Antifaschismus-Tune „Schrei nach Liebe“ von der Band Die Ärzte spielen: „Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe / Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit.“
Ich wünsche Ihnen einen guten Begin in diese so gar nicht friedliche Weihnachtswoche.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor
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