Die von Frankreich geführte Anti-Terror-Mission steht vor dem Aus.
(Foto: REUTERS)
Paris Der EU-Afrika-Gipfel soll ein außenpolitischer Höhepunkt der französischen EU-Ratspräsidentschaft werden: Am heutigen Donnerstag versammeln sich zahlreiche Staats- und Regierungschef aus Europa und Afrika in Brüssel. Emmanuel Macron erhofft sich von dem zweitägigen Treffen, eine „neue Partnerschaft“ zwischen beiden Kontinenten zu begründen.
Vor dem Gipfel musste sich Frankreichs Präsident aber mit einem ungemütlichen Kapitel der Afrika-Politik beschäftigen: dem Militäreinsatz in Mali. Macron, der gerne und viel über ein souveränes Europa spricht, zieht beim französischen Engagement in dem westafrikanischen Bürgerkriegsland die Reißleine. Das dürfte auch Folgen für die dort stationierten Bundeswehrsoldaten haben.
Schon seit Wochen hatten französische Regierungsvertreter ein Ende der seit neun Jahren laufenden Militäroperation Barkhane gegen Islamistenmilizen in Mali angedeutet. Nun dürfte die Entscheidung am Donnerstagmorgen von Macron auf einer Pressekonferenz offiziell verkündet werden. Auch die Anti-Terror-Mission Takuba, an der sich Spezialkräfte aus mehreren europäischen Ländern beteiligen, steht damit vor dem Aus.
Am Mittwochabend beriet Macron mit Vertretern von europäischen und afrikanischen Staaten über das weitere Vorgehen in der Sahelzone, die sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt. Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nahmen an dem Abendessen im Elysée-Palast teil.
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Für Deutschland stellt sich mehr denn je die Frage, wie es mit dem Auslandseinsatz der Bundeswehr in Mali weitergehen soll: Mehr als 1300 Soldaten sind im Rahmen der EU-Ausbildungsmission EUTM und des UN-Einsatzes Minusma dort stationiert. In die Takuba-Operationen sind deutsche Truppen allerdings nicht eingebunden.
Der Bundestag muss das Mali-Mandat zum 1. Juni verlängern. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) äußerte zuletzt „große Bedenken“ hinsichtlich eines weiteren Engagements. Nach dem Militärputsch in Mali müsse es zügig Wahlen geben, außerdem müsse der Schutz deutscher Soldaten bedingungslos gewährleistet sein. Im Januar hatten die Machthaber in Bamako einem Flugzeug der Bundeswehr die Überflugrechte verwehrt.
Sahelzone Testfall für Europa
Die frühere Kolonialmacht Frankreich und seine Verbündeten ziehen mit dem Ende von Barkhane und Takuba in Mali die Konsequenz aus dem zerrütteten Verhältnis zu der Militärregierung in Bamako, die mit zwei Putschen in den Jahren 2020 und 2021 die Macht an sich gerissen hatte. Die Beziehungen hatten sich in den vergangenen Wochen noch einmal rapide verschlechtert, der französische Botschafter wurde des Landes verwiesen. Im Élysée hieß es, die Machthaber in Mali befänden sich auf einem „Konfrontationskurs mit ihren regionalen und internationalen Partnern“.
Der Anti-Terror-Kampf in der Sahelzone soll nach Angaben aus Élysée-Kreisen weitergehen, die französischen Soldaten könnten in einem der Nachbarländer Malis stationiert werden. „Die Verlegung der französischen Kräfte in ein anderes Land ist aber mit Fragezeichen verbunden“, sagt der Afrika-Experte Thierry Vircoulon vom Pariser Thinktank Institut Français des Relations Internationales (Ifri). Der französisch geführte Kampfeinsatz sei in der gesamten Area unpopulär.
Angesichts der Sorgen vor einem Krieg zwischen Russland und der Ukraine hatten die wachsenden Spannungen nur wenig Aufmerksamkeit bekommen. Doch auch hier steht viel auf dem Spiel: Die Sahelzone ist ein Testfall dafür, ob die Europäer in der Lage sind, in ihrer Nachbarschaft eigenständig für Stabilität zu sorgen.
Die Sicherheitslage in Mali sei in den vergangenen Jahren trotz des französisch geführten Einsatzes prekärer geworden, sagt Vircoulon. Die Krise weite sich zunehmend auch auf Nachbarländer wie Niger und Burkina-Faso aus. An den Kämpfen beteiligten sich nicht nur Islamisten, auf die sich der europäische Blick richte, sondern auch andere Rebellengruppen.
Die Sahelzone ist außerdem zu einem Nebenschauplatz der Auseinandersetzung mit Moskau geworden. „Das Scheitern in Mali ermöglicht Russland, sich auf Kosten der Europäer zu profilieren“, sagt Vircoulon. Moskau präsentiere sich in der gesamten Area als Various zu Frankreich und zur EU.
In Mali und benachbarten Staaten haben Söldner der russischen Sicherheitsfirma Wagner Quartier bezogen. Der Kreml weist jede Verbindung zurück. Die Militärführung in Bamako habe eine non-public Firma angeheuert, erklärte Russlands Präsident Wladimir Putin.
Für Paris ist die Söldnertruppe dagegen ein von Putin entsandter Akteur. Wagner soll von der russischen Armee logistische Unterstützung erhalten. Im Élysée-Palast heißt es, dass die Söldner immer stärker in die Strukturen der malischen Armee eingebunden seien und mit „brutalen Methoden“ vorgehen würden. Die Bedingungen für eine militärische Kooperation mit Bamako seien nicht mehr gegeben.
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