Berlin Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hat die Haltung ihrer Partei gegenüber Kritik verteidigt, Waffenlieferungen in Konfliktregionen wie die Ukraine abzulehnen. „Gespräche zur Deeskalation haben jetzt absolute Priorität. Waffenlieferungen tragen nicht dazu bei”, sagte Dröge im Handelsblatt-Interview. Eine Invasion Russlands müsse stattdessen wirtschaftliche Sanktionen zur Folge haben.
Mit Blick auf die Corona-Pandemie kritisierte Dröge den Plan der Gesundheitsminister von Bund und Ländern, die Testpflicht für Menschen mit Auffrischimpfung abzuschaffen. „Ich halte es zwar grundsätzlich für nachvollziehbar, Anreize für die Auffrischimpfung zu setzen”; sagte Dröge. „Trotzdem halte ich Schnelltests auch nach der Booster-Impfung für sinnvoll, um weak Gruppen auch weiterhin intestine schützen zu können.”
Dröge verteidigte auch, dass die Grünen sich für den Europaausschuss entschieden und damit zugelassen hätten, dass der AfD die Leitung des Innenausschusses zufällt. „Der Europaausschuss ist ein ganz zentraler Ausschuss für die nächste Legislaturperiode“, sagte die Politikerin
Dort werden das Klimaschutzpaket Match-for-55-Paket, aber auch zentrale Fragen zu Flucht, Asyl und der Rechtsstaatlichkeit Europas besprochen. „Die AfD, die die EU in Frage stellt, wäre in diesem Ausschuss sicherlich auch nicht intestine aufgehoben gewesen.“
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Lesen Sie hier das ganze Interview:
Frau Dröge, die Corona-Fallzahlen gehen seit Tagen leicht zurück. Ist die vierte Welle unter Kontrolle?
Für die niedrigeren Fallzahlen sind aus meiner Sicht drei Gründe entscheidend. Zum einen die kürzlich beschlossenen Maßnahmen und vor allem die 2G-Regel. Zum anderen die steigende Zahl der Boosterimpfungen – und insbesondere dass sich die Menschen vorsichtig verhalten. Für eine Entwarnung ist es aber noch viel zu früh. Die Variante Omikron stellt uns vor eine neue Scenario. Noch ist der Anteil der neuen Variante an den Fallzahlen in Deutschland nicht hoch. Länder wie Großbritannien zeigen aber, dass sich dies sehr schnell ändern kann.
Werden bis zum Jahreswechsel schärfere Maßnahmen nötig sein?
Es kommt nun darauf an, dass die in der vergangenen Woche beschlossenen Maßnahmen sehr schnell umgesetzt und engmaschig kontrolliert werden und dass nun auch Apotheker und Zahnärzte mitimpfen können. Jeder, der will, wird sich impfen lassen können. Wir haben außerdem die Impfpflicht etwa in Pflegeheimen und Kliniken auf den Weg gebracht, mit der wir Menschen mit einem besonders hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf besser schützen werden. Wenn es aber notwendig ist, werden wir die Maßnahmen bei Bedarf auch kurzfristig weiter anpassen.
Welche Maßnahmen meinen Sie?
Dies werden wir vom Verlauf der Entwicklung abhängig machen. Außerdem werden wir die Sitzung des Expertenrats abwarten und die Ergebnisse in der Fraktion diskutieren. Die Pandemie lehrt uns, dass es keinen Sinn macht, Maßnahmen auszuschließen.
Wäre es falsch, die Testpflicht für Geboosterte abzuschaffen?
Ich halte es zwar grundsätzlich für nachvollziehbar, Anreize für die Auffrischimpfung zu setzen. Trotzdem halte ich Schnelltests auch nach der Boosterimpfung für sinnvoll, um weak Gruppen weiterhin intestine schützen zu können.
Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine spitzt sich zu. Für wie wahrscheinlich halten Sie eine militärische Invasion?
Wir schauen mit großer Besorgnis auf das Agieren Russlands. Dies hat auch Außenministerin Baerbock bei dem G7-Außenministertreffen deutlich gemacht. Wenn Russland die territoriale Integrität der Ukraine weiter verletzt, muss dies Konsequenzen haben.
Zum Beispiel?
Wir werden in der EU über harte wirtschaftliche Sanktionen nachdenken müssen, wenn Russland weiter gegen die Ukraine vorgeht. Die Diskussion über den Ausschluss Russlands aus dem Finanznetzwerk Swift steht dann an, wenn nichts anderes mehr geht. Das Wichtigste ist aber, dass wir auf diplomatischem Wege versuchen müssen, die Scenario zu entspannen.
Braucht es Waffenlieferungen in die Ukraine?
Wir stehen in Solidarität an der Seite der Ukraine. Gespräche zur Deeskalation haben jetzt absolute Priorität. Waffenlieferungen tragen nicht dazu bei.
Und das lässt sich aufrechterhalten? Die Bedrohung der Ukraine ist ja offensichtlich.
Wir setzen auf Diplomatie und wirtschaftliche Sanktionen, um den Konflikt zu entschärfen. Wir sollten uns davor hüten, Konflikte in Szenarien weiter zuzuspitzen und damit zu einer Eskalation beizutragen, sondern alles dafür tun, dass sich die Scenario beruhigt.
Wenn sich der Konflikt mit Russland und der Ukraine weiter verschärft, ist es dann eine Choice, die Ostseepipeline Nord Stream 2 nicht ans Netz gehen zu lassen?
Wenn die Scenario seitens Russland weiter eskaliert, dann hätte dies harte, wirtschaftliche Konsequenzen. Dabei werden wir selbstverständlich Nord Stream 2 in den Blick nehmen, zumal eine Vereinbarung zwischen Deutschland und den USA genau dies vorsieht. Es wäre das falsche Sign, die Pipeline in Betrieb nehmen zu wollen. Aber davon abgesehen erfüllt Nord Stream 2 derzeit gar nicht die europarechtlichen Anforderungen.
Neben Corona- und Russlandkrise gibt es ein anderes beherrschendes Thema: den Klimawandel. Schafft es die Ampel, hier für Beschleunigung zu sorgen?
Absolut. Wir werden eine Richtungswende hinlegen. Der Koalitionsvertrag ermöglicht es, beim Klimaschutz in den Turbo zu kommen: etwa durch den Ausbau der Erneuerbaren auf einen Anteil von 80 Prozent an der Stromerzeugung bis 2030, Flächenziele für die Windenergie, einen vorgezogenen Kohleausstieg.
Ist der Verzicht auf das Verkehrs- und das Bauressort ein Fehler? Beides sind Ministerien, die bei der Eindämmung der Klimakrise entscheidend sind.
Für uns Grüne ist der Ausbau der erneuerbaren Energien eine der Kernfragen dieser Legislaturperiode – das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ist additionally ein ganz zentrales Schlüsselressort. Ohne den Ausbau der erneuerbaren Energien, für den dieses Ressort unter Leitung von Robert Habeck sorgen wird, werden wir auch in den anderen Sektoren nicht vorankommen. Auch das E-Auto braucht sauberen Strom und die Industrie sowieso.
Legen Sie ein Sofortprogramm vor?
Die Fraktion wird die Umsetzung des Koalitionsvertrags in allen Bereichen durchgehen und mit der Regierung und den Ministerien rückkoppeln, welche Maßnahmen prioritär angegangen werden müssen.
Bis wann geschieht das?
Wir werden das Anfang des Jahres machen. Unsere Arbeitsgruppen konstituieren sich gerade, aber Anfang 2022 stehen die ersten Treffen an, und wir können in die Arbeit an konkreten Gesetzentwürfen einsteigen.
Warum hat die Ampel zugelassen, dass der Innenausschuss an die AfD geht? Die Grünen haben lieber den Europaausschuss gezogen.
Der Europaausschuss ist ein ganz zentraler Ausschuss für die nächste Legislaturperiode. Da wird das Klimaschutzpaket Match-for-55 verhandelt, ein starker Anker übrigens bei uns im Koalitionsvertrag. Zentrale Fragen zu Flucht, Asyl und der Rechtsstaatlichkeit Europas werden in diesem Ausschuss entschieden, und deswegen hatte dieser Ausschuss eine hohe Priorität für uns. Die AfD, die die EU infrage stellt, wäre in diesem Ausschuss sicherlich auch nicht intestine aufgehoben gewesen.
Mehr: Wie sich die Grünen im Bundestag neu aufstellen – und welche Kritik es gibt