Düsseldorf Die Anleger an der deutschen Aktienbörse reagieren auf den Ausverkauf am US-Markt am Donnerstag und werfen Papiere aus ihren Depots. Der Dax rutscht mittags um zwei Prozent ab und wird bei 15.594 Punkten gehandelt, mehr als 300 Stellen weniger im Vergleich zum Vortagesschluss. Mit 15.589 Stellen erreichte das Börsenbarometer zudem ein neues Jahrestief.
Umgekehrt neigt sich offenbar der Modus „Purchase the Dips“ – jeder Kursrücksetzer wird als Kaufchance gesehen – seinem Ende entgegen. Dieses Muster prägte quick das gesamte Börsenjahr 2021, was erklärt, dass es während dieser zwölf Monate nur kleinere Kursrückgänge gab. Nun gilt verstärkt „Promote the Rally“. Dabei werden steigende Kurse als Verkaufschance gesehen, und der Markt tendiert insgesamt abwärts.
Solch ein Verhalten warfare am Donnerstag in den USA zu beobachten. Dort ist nach vier verlustreichen Handelstagen eine anfängliche Kurserholung letztlich in sich zusammengefallen. Der Leitindex Dow Jones Industrial, der nach eineinhalb Handelsstunden mit 1,3 Prozent noch deutlich zugelegt hatte, gab die Gewinne im weiteren Verlauf des Tages wieder ab und lag zum Handelsschluss 0,9 Prozent im Minus.
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Im Fokus des deutschen Börsenbarometers steht wie bereits am Mittwoch dieser Woche die 200-Tage-Linie, die aktuell bei 15.608 Zählern notiert. Viele Investoren orientieren sich bei ihren Entscheidungen an diesem gleitenden Durchschnitt, der den langfristigen Development anzeigt.
Noch am vergangenen Mittwoch setzte bei rund 30 Punkten oberhalb dieser Linie wieder reges Kaufinteresse ein, das den Leitindex anschließend um 270 Punkte nach oben beförderte. Doch danach sieht es am heutigen Handelstag nicht aus. Der Dax notiert derzeit unter dieser Linie.
Sollte der Dax per Tagesschlusskurs unter die 200-Tage-Linie rutschen, könnte es schnell eine Etage tiefer gehen. Damit ist der Bereich um 15.500/15.450 Stellen gemeint. Dort wollen laut der Umfrage der Börse Frankfurt viele heimische Profis ihre neu erworbenen Quick-Produkte, deren Kurse bei fallenden Notierungen steigen, mit Gewinn abstoßen.
Darunter liegt bereits die für den mittelfristigen Development wichtige Marke von 15.000 Stellen, die seit April des vergangenen Jahres besteht. Nachhaltige Kurse unterhalb dieser Marke werden voraussichtlich eine länger anhaltende Verkaufswelle nach sich ziehen.
Kleiner Verfallstag ohne große Relevanz
Am heutigen Freitag ist kleiner Verfallstag, an dem Optionen auf Indizes und einzelne Aktien auslaufen und abgerechnet werden. Für Anleger ist wichtig zu wissen, an welchen Kursmarken die größten ausstehenden Volumina der Optionen zu finden sind.
Doch ein Blick auf die Positionierungen der Terminmarktprofis zeigt, dass die Auswirkungen auf die Kursentwicklung begrenzt bleiben dürften. Beim Dax sind die größten heute auslaufenden Positionen zu weit vom aktuellen Indexstand entfernt, um die Kurse wirklich zu bewegen. Die wichtigen Put-Optionen liegen bei 15.200 und 15.000 Punkten. Auf der Name-Seite sind es 16.500 und 16.200 Stellen.
Anleihen sind wieder gefragt
Im Gegensatz zu Aktien sind wieder Anleihen gefragt. Die Kurse der gern als sicherer Hafen angesteuerten Titel steigen, im Gegenzug fällt die Rendite mit minus 0,060 Prozent auf den tiefsten Stand seit einer Woche. Die Furcht vor einem russischen Einmarsch in der Ukraine, aber auch die Aussicht auf eine anhaltend lockere Geldpolitik in der Euro-Zone lassen die Anleger bei Bundesanleihen zugreifen. Auch US-Staatsanleihen werden wieder gekauft. Dies drückt die Rendite der zehnjährigen Treasuries auf 1,784 Prozent.
Von der Risikoaversion gegenüber riskanten Anlageklassen wie Aktien sind derzeit auch Kryptowährungen betroffen. Bitcoin, der das neue Börsenjahr noch bei Notierungen nahe der 50.000 Greenback-Marke begonnen hatte, sackte in den letzten 24 Handelsstunden laut den Daten der Web site Coinmarketcap um mehr als 7,6 Prozent auf 38.593 Greenback ab.
Ethereum gab 8,8 Prozent auf 2810 Greenback nach. Nach Daten von Coinglass wurden in den letzten 24 Stunden Positionen im Wert von etwa 726 Millionen Greenback aufgelöst, davon etwa 30 Prozent in Bitcoin.
Ausverkauf bei der Netflix-Aktie
In der kommenden Woche lassen sich die großen Tech-Werte wie Apple und Microsoft in ihre Bücher schauen. Einen ersten Hinweis, wie die Zahlen ausfallen könnten, gibt Streaming-Marktführer Netflix: Der rechnet nach dem Coronaboom nur noch mit schwachem Nutzerwachstum. Damit blieb das Unternehmen deutlich unter den Prognosen der Analysten. Die Aktie stürzte nachbörslich zeitweise um rund 20 Prozent ab. Der trübe Geschäftsausblick von Netflix brachte nach Börsenschluss an der Wall Avenue auch die Aktien anderer Streaminganbieter wie Disney kräftig unter Druck.
Wie nervös der Markt derzeit ist, zeigte auch der Kursverlauf von Peloton, einem Hersteller von Fitnessgeräten. Berichte über einen anstehenden Produktionsstopp ließ die Aktie um 23 Prozent abstürzen, erst ein Dementi des Vorstandschefs sorgte nachbörslich wieder für ein Plus von neun Prozent.
Goldpreis hat seinen Abwärtstrend beendet
Die anhaltenden Spannungen zwischen der Ukraine und Russland wirken sich auf den Edelmetallmarkt aus. In erster Linie ist Palladium betroffen. Der Kurs ist wieder über 2000 Greenback je Feinunze (31,1 Gramm) gestiegen und liegt derzeit bei 2050 Greenback. Laut dem Commerzbank-Analysten Daniel Brieseman sei Russland ein wichtiger Palladium-Lieferant. „Ein Exportstopp des für die Automobilindustrie so wichtigen Rohstoffs könnte wohl nicht aufgefangen werden.“
Auch Gold erfreut sich neuer Beliebtheit. Der Preis für das Edelmetall notierte am Donnerstag bei rund 1839 Greenback professional Feinunze (rund 31,1 Gramm) und damit in der Nähe des Zweimonatshochs. Der jüngste Preisimpuls warfare nach Meinung von Briesemann US-Investoren zu verdanken, die wieder Geld in physisch gedeckte Goldindexfonds leiten.
Die technische Analyse signalisiert weiter steigende Kurse. Denn der Abwärtstrend seit dem Sommer 2020 hat sich aufgelöst. Nach Meinung von Jörg Scherer, technischer Analyst bei HSBC Deutschland, ist der Grundstein für einen Anlauf auf das bisherige Rekordhoch bei 2072 Greenback gelegt.
Auf dem Weg dorthin markiere das ehemalige Rekordhoch des Jahres 2011 mit 1920 Greenback ein wichtiges Etappenziel. Dieses Stage harmoniert bestens mit dem Hoch aus dem Juni vergangenen Jahres, das bei 1916 Greenback lag. Die Lage dürfte sich verändern, wenn der Goldpreis unter das Tief aus dem Monat Dezember bei 1753 Greenback fallen sollte.
Blick auf weitere Einzelwerte
Deutsche Börse: Gewinner im Dax 40 sind rar. Lediglich die Aktien der Deutschen Börse liegen mehr als ein Prozent im Plus und erreichten mit 163,35 Euro den höchsten Stand seit Sommer 2020. Anleger gehen offenbar davon aus, dass die derzeitigen Schwankungen an den Finanzmärkten für das Alltagsgeschäft des Börsenbetreibers von Vorteil sind.
Nordex, Siemens Power: Enttäuschende Quartalsergebnisse von Siemens Gamesa setzen beiden Papieren zu. Die Aktien des Windkraftanlagenbauers und Konkurrenten Nordex fallen um 6,6 Prozent. Das Papier des Mutterkonzerns Siemens Power gab mehr als 13 Prozent nach, ein hohes Minus für einen Titel aus dem Dax 40. Siemens Gamesa schraubte nach einem Quartalsumsatz unter Markterwartungen seine Gesamtjahresziele zurück.
Die Nordex-Aktie ist in den vergangenen Monaten in den Fokus der Shortseller gerückt, die auf fallende Kurse setzen. Beim Windkraftanlagenhersteller hatte sich die Quick-Quote seit Sommer vergangenen Jahres zwischenzeitlich verdoppelt, aktuell liegt sie bei rund sieben Prozent. Die Folgen der globalen Lieferkettenprobleme belasten derzeit das SDax-Unternehmen, die Jahresprognose hat das Administration bereits gekappt.
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