Düsseldorf Es ist schwer abzuschätzen, welche Wirkung extrem detrimental Nachrichten wie ein russischer Truppeneinmarsch in die Ukraine oder Signale für eine höher als erwartete Zinserhöhung der US-Notenbank auf den deutschen Aktienmarkt haben werden. Sollten solche Nachrichten aber ausbleiben, sprechen viele Gründe zumindest für eine Erleichterungsrally am deutschen Aktienmarkt. Nach dem Ausverkauf am Freitag, so die Erwartungen noch zum Handelsauftakt, wohl die Kurse innerhalb des intakten Abwärtstrends wieder steigen.
Doch der sich zuspitzende Konflikt um die Ukraine beendet offenbar diese Hoffnungen. Noch deutlicher als hierzulande ist das an den Kursen der russische Aktien zu sehen. Aus Furcht vor westlichen Sanktionen als Reaktion auf die Spannungen mit dem Nachbarland Ukraine fliehen Anleger: Der Moskauer Leitindex RTS fällt um mehr als acht Prozent auf ein 13-Monats-Tief von 3158,46 Punkten.
Das ist der größte Kursrutsch seit dem Corona-bedingten Börsen-Crash vom März 2020. Die russische Währung gerät ebenfalls unter Druck. Im Gegenzug notiert der Greenback mit 78,64 Rubel so hoch wie zuletzt vor mehr als einem Jahr. Der Ausverkauf russischer Anleihen treibt die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Sechs-Jahres-Hoch von 9,68 Prozent.
Auch am deutschen Aktienmarkt geht der Ausverkauf weiter. Der Dax notiert nachmittags bei 15.160 Zählern, ein Minus von 2,8 Prozent. Mit 15.148 Stellen fiel die Frankfurter Benchmark zwischenzeitlich auf ein neues Jahrestief, über 450 Punkte unterhalb des Schlusstandes zum Wochenausklang. Am Freitag ging das Börsenbarometer bei 15.603 Stellen aus dem Handel, ein Minus von 1,9 Prozent.
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Damit wächst die Gefahr, dass der Leitindex über die Marke von 15.000 Stellen rutscht, die seit April des vergangenen Jahres Bestand hat und dadurch einen wegweisenden Charakter hat. Nachhaltige Kurse unterhalb dieser Marke werden voraussichtlich eine länger anhaltende Verkaufswelle nach sich ziehen. Bei nachhaltigen Kursen unterhalb dieser auch psychologisch wichtigen Marke dürfte auch jegliche Hoffnung auf eine Erleichterungsrally schwinden.
Für Martin Utschneider, technischer Analyst bei der Privatbank Donner & Reuschel, „trennt sich hier die Spreu vom Weizen“. Was wohl heißen soll: Bei einem deutlichen Rutsch unter 15.000 Stellen dürften sich viele der jungen Dealer, die im Zuge der Coronarally neu an der Börse sind, vom Markt verabschieden. Denn diese runde Marke wurde seit April des vergangenen Jahres nicht mehr nachhaltig unterschritten. Seitdem gab es noch keine Korrektur, additionally einen Rückgang um mindestens zehn Prozent. Zum Vergleich: Seit dem Jahreshoch von 16.285 Stellen hat der Dax in der Spitze bereits 7,2 Prozent nachgegeben. Einen Rücksetzer in solch einem Ausmaß gab es im gesamten Börsenjahr 2021 nicht.
Dabei gab es zum Handelsauftakt noch drei Anhaltspunkte, die bald wieder steigende Kurse am deutschen Aktienmarkt signalisierten:
1. Sentimentumfrage signalisiert eine Gegenbewegung
Die aktuelle Handelsblattumfrage Dax-Sentiment bestätigt diese Prognose, dass es wohl zu einer Gegenbewegung kommen dürfte, aber eine Trendwende noch nicht in Sicht ist. Sentimentexperte Stephan Heibel hatte solch einen Ausverkauf wie am vergangenen Freitag bereits vor einer Woche prognostiziert. Doch dieser Kursrutsch sorgte nicht für eine ausreichende Panikstimmung, um einen nachhaltigen Boden beim deutschen Leitindex zu erzeugen. Panik unter den Anlegern ist laut Sentimentanalyse ein wichtiger Indikator für eine nachhaltige Trendwende.
2. Anlageprofis streichen Gewinne ein und stützen den Markt
Der Kursrutsch am Freitag, der in der Spitze 2,5 Prozent betrug, hat bei vielen Anlageprofis auch für Freude gesorgt. Denn laut der Umfrage der Börse Frankfurt unter institutionellen Investoren und Privatanlagern hatten zuvor 15 Prozent der Profis auf fallende Kurse gesetzt. Das ist nicht unüblich. Denn um ihre Benchmark zu übertreffen, müssen viele Profis mit Spekulationen auf fallende Kurse eine Further-Rendite erzielen, um ihre Kosten bei der Geldanlage zu rechtfertigen.
Erstaunlich ist aber: Die Profis haben mit ihrer Spekulation eine Punktlandung hingelegt. Verhaltensökonom Joachim Goldberg hatte nach Auswertung der Umfrage prognostiziert, dass die vielen Profis ihre Brief-Spekulationen im Bereich von 15.500/15.450 Stellen wieder auflösen. Exakt in diesen Bereich rutschte der Dax am Freitag ab.
Dass diese Brief-Spekulationen nun verkauft werden, ist eine Stütze für den Markt. Denn die Shorts funktionieren wie ein Leerverkauf von Hedgefonds. Bei dem Beginn einer Brief-Spekulation wird der Dax am Terminmarkt verkauft und mit der Auflösung wieder gekauft.
3. Technische Indikatoren signalisieren eine Erholung
An den US-Börsen struggle die vergangene Handelswoche ein Desaster. Der Technologindex Nasdaq 100 ist nach dem Feiertag am vergangenen Montag innerhalb von nur vier Handelstagen um mehr als sieben Prozent gefallen. Damit gilt das Börsenbarometer als überverkauft, ist additionally zu schnell zu tief gefallen. Das dürfte für eine Gegenbewegung sorgen.
Für Thomas Altmann vom Investmenthaus QC Companion ist der Nasdaq 100 sogar ähnlich stark überverkauft wie auf dem Höhepunkt des Covid-19-Ausverkaufs im Jahr 2020. „Da ist eine Erholung jetzt schon eher der Normalfall als eine Überraschung“, meint der Kapitalmarktexperte vor dem Handelsstart.
Auch die angebliche Gefahr von steigenden Zinsen, die den Aktienmarkt belasten, stimmt so nicht. Die Börsenerfahrung zeigt, dass es eher im Vorfeld von solchen Zinserhöhungen risky Märkte gibt.
Doch spätestens mit dem ersten Zinsschritt ist diese Unsicherheit vorbei. Das wäre in den USA im März der Fall. Erste Hinweise, wie hoch die Erhöhung ausfallen wird, dürfte es am Mittwoch dieser Woche nach der Sitzung der US-Notenbank gaben. Steigende Zinsen sind in der Anfangsphase eher positiv zu werten, wenn sie mit einem steigenden Wirtschaftswachstum einhergehen.
Steigende Rohöl- und Goldpreise
Aus Furcht vor Lieferausfällen decken sich Anleger mit Rohöl ein. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuert sich um 0,6 Prozent und notiert mit 88,37 Greenback je Barrel nur knapp unter ihrem Siebeneinhalb-Jahres-Hoch der Vorwoche. Die Ukraine-Krise und die Kämpfe im Nahen Osten machten Anleger nervös, während die Opec-plus-Staaten Schwierigkeiten hätten, ihre Förderquoten zu erfüllen, sagt Kazuhiko Saito, Chef-Analyst des Brokerhauses Fujitomi.
Vor diesem Hintergrund greifen einige Investoren zu Gold. Der Preis für das gelbe Edelmetall verteuert sich um 0,5 Prozent auf 1843 Greenback je Feinunze.
Der Schweizer Franken stieg am Montag gegenüber dem Euro auf den höchsten Stand seit mehr als sechs Jahren. Grund ist die Besorgnis über eine mögliche militärische Konfrontation in der Ukraine die Nachfrage nach der Fluchtwährung ankurbelte. Der Franken kletterte um bis zu 0,2 Prozent auf 1,0324 Euro, ein Niveau, das zuletzt im Juni 2015 erreicht wurde.
Blick auf Einzelwerte
Siemens Vitality: Die Talfahrt geht weiter. Die Aktien des Energietechnik-Konzerns verlieren nach anfänglichen Gewinnen 4,5 Prozent und notieren mit 18,16 Euro so niedrig wie noch nie seit dem Börsengang im Jahre 2020. Am Freitag hatten die Titel wegen anhaltender Probleme bei der Windkraft-Tochter Siemens Gamesa mit quick 17 Prozent den größten Tagesverlust der Firmengeschichte verbucht. Gamesa-Papiere gewinnen am Montag in Madrid 0,5 Prozent. Die Experten der Deutschen Financial institution setzen auf eine Komplettübernahme durch Siemens Vitality und empfehlen die Aktien zum Kauf.
Commerzbank: Das Kreditinstitut hat weitere Belastungen im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten in Polen angekündigt. Zusätzliche Rückstellungen von 436 Millionen Euro im vierten Quartal würden das Ergebnis schmälern. Die Financial institution erwarte aber weiterhin ein positives Konzernergebnis für das Jahr 2021. Die Aktie liegt 1,2 Prozent im Minus.
Lufthansa: Insidern zufolge beabsichtigt das Unternehmen, sich an der staatlichen italienischen Fluggesellschaft ITA zu beteiligen. Es gehe um den Kauf eines Anteils von 40 Prozent an der Nachfolgerin der 2017 pleitegegangenen Alitalia, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Aktie gibt drei Prozent nach.
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