Der VfB Stuttgart spielt eine herausragende Saison – und kommendes Jahr in der Champions League. Entscheidenden Anteil daran hat der Trainer.
Es war bitterkalt in Stuttgart so kurz vor Weihnachten. Doch die Fans, die waren euphorisiert. Mit 3:0 hatte der VfB Stuttgart soeben die Gäste aus Augsburg abgefertigt, die Hinrunde (der 17. Spieltag stand noch aus) auf einem aus ihrer Sicht surrealen dritten Platz beendet.
Die Cannstatter Kurve forderte Sebastian Hoeneß dazu auf, auf den Zaun zu kommen, gemeinsam mit den Fans zu feiern. Doch der Trainer bremste die Fans – und machte ein Versprechen: „Ich komme auf den Zaun, wenn wir was erreicht haben“, so die Worte des Übungsleiters, der den VfB mittlerweile von einem Relegationsteilnehmer zu einem Spitzenteam geformt hat.
Weniger als fünf Monate später war der Moment gekommen – und Hoeneß auf dem Zaun. „Ich weiß gar nicht genau, was ich tun soll“, rief er den ekstatischen Fans nach dem überzeugenden 3:1-Sieg über Rekordmeister Bayern München zu.
Stuttgart international – mehr als nur ein Traum
„Ich lasse einfach mal mein Herz sprechen“, sagte Hoeneß, und weiter: „Ich möchte mich im Namen der Mannschaft bedanken für das, was wir erleben durften in dieser Saison, das ist unbeschreiblich!“ Nach zwei Saisons, in denen der VfB nur knapp dem Abstieg entronnen war, ziehen die Schwaben wieder in den Europapokal ein. Oder wie es die Fans auf den Rängen schon seit Wochen singen: „Nach all der Scheiße, geht’s auf die Reise – Stuttgart international“. Mehr als zehn Jahre nach dem letzten internationalen Auftritt in den Playoffs zur Europa League erklingt in Schwaben wieder die Champions-League-Hymne.
Dass der VfB wieder international vertreten sein wird, ist bereits seit Wochen klar. Dass es die Champions League wird, seit Mittwochabend. Seit dem heutigen Samstag steht nun auch fest, dass Stuttgart mindestens Vierter – und die Saison vor Champions-League-Halbfinalist Borussia Dortmund beenden wird.
Der Höhenflug der Schwaben, er ist eng verbunden mit einem Namen: Sebastian Hoeneß. Der Neffe von Bayern-Patron Uli hatte vor gut einem Jahr das Traineramt beim VfB Stuttgart übernommen, abgeschlagen auf Rang 18. Über die Relegation sicherte der Verein für Bewegungsspiele die Klasse – und avancierte zu einem Spitzenteam der Liga.
Trotz namhafter Abgänge um Kapitän Wataru Endo, Linksverteidiger Borna Sosa und Abwehrchef Konstantinos Mavropanos implementierte Hoeneß ein Spielsystem, das den Qualitäten der Stuttgarter Spieler entgegenkam. Gepflegtes Passspiel, mit Torhüter Alexander Nübel einen sicheren Rückhalt sowie ein Offensivtrio, das in dieser Saison Geschichte geschrieben hat.
Besser als das „Magische Dreieck“
Serhou Guirassy, Deniz Undav und Chris Führich erzielten gemeinsam mehr Treffer, als einst das historische Gespann um Krassimir Balakov, Giovane Elber und Fredi Bobic – besser bekannt als „Magisches Dreieck“. Die Torquote der Stuttgarter Angreifer (aktuell viertbestes Offensivteam der Liga) unterstreicht die Qualität der Schwaben in einer Saison, in der sie ohne die Überflieger aus Leverkusen um den Meistertitel mitgespielt hätten.
Satte 34 Punkte mehr als in der Vorsaison hat der VfB nun schon gesammelt. Nie zuvor konnte eine Mannschaft einen solchen Punktezuwachs von der einen auf die nächste Saison verbuchen. Der VfB, ein Klub, auferstanden von den Toten. „Wie Phönix aus der Asche“ lautet ein der griechischen Mythologie entspringendes Sprichwort, das zweifelsohne auf den VfB angewendet werden kann.
Vor gut sieben Jahren hatte der damalige VfB-Präsident Wolfgang Dietrich ein lange belächeltes Ziel formuliert. „Mein Traum ist, dass wir uns dann im oberen Drittel der Tabelle etabliert haben und bestenfalls nur zwei Vereine größer sind als wir“, hatte Dietrich im Interview mit der „Sport Bild“ auf die Frage geantwortet, wo er den VfB in fünf Jahren im Idealfall sehe.