Mängel wie an einem Gebrauchtwagen: Ein neuer Skandalbericht deckt gewaltige Qualitätsprobleme bei Tesla auf. Was Insider über den Produktionsdruck und seine Folgen verraten.
Mängel möglichst sofort feststellen
Wer einen nagelneuen Tesla gekauft hat und Mängel feststellt, ist nicht allein, wie die Zeitschrift „Auto Motor und Sport“ in einer aktuellen Reportage resümiert – im Gegenteil: Zahlreiche Experten, Anwälte und sogar Autozulieferer haben sich bereits auf die Qualitätsprobleme von Elon Musks Elektroautos eingestellt.
Diese Mängel zu beseitigen, kann Betroffene viel Geld und Zeit kosten. Zunächst aber muss alles möglichst schnell gehen.
Experten empfehlen nämlich, bei der Übernahme eines fabrikneuen Tesla sofort nach möglichen Mängeln zu suchen. Der Grund: Laut einer internen Regel von Tesla können Käufer nur innerhalb der ersten 160 Kilometer und 24 Stunden nach dem Kauf problemlos reklamieren.
Viele Kfz-Sachverständige haben deshalb inzwischen ihr Angebot um einen besonderen Service erweitert: Sie prüfen Neuwagen auch innerhalb dieser Frist. Ein Angebot, das manchem Neuwagenkäufer ungewöhnlich erscheinen mag. Denn neu heißt in der Regel auch mängelfrei. Doch bei Tesla gelten offenbar andere Regeln.
Rechtliche Hilfe suchen
Wer die knappe Tesla-Frist verstreichen lässt, kann schnell in Schwierigkeiten geraten. Denn der Hersteller zeigt sich oft wenig kulant bei der Behebung von Mängeln – selbst bei fabrikneuen Autos. Dann kann juristische Hilfe notwendig werden.
Und so geht es vielen Betroffenen. Allein der Rosenheimer Rechtsanwalt Christoph Lindner erhält pro Jahr rund 1.000 Anfragen von Tesla-Kunden – bei einem Bestand von derzeit rund 165.000 Fahrzeugen der Marke.
Modelle 3 und Y offenbar besonders problematisch
Lindner weist insbesondere auf Probleme mit den Modellen 3 und Y hin, bei denen die Ultraschall-Parksensoren kurzerhand durch eine kamerabasierte Abstandsmessung ersetzt wurden. Tesla nennt diese Notlösung ein „sichtbasiertes 3-D-Erkennungsnetzwerk“. Dummerweise funktioniere das System nur sehr unzuverlässig, sagt Lindner. „Das ist am Ende schlechter als gar keine Sensoren.“
Ersatzteile kommen inzwischen von Drittanbietern
Einige Autozulieferer haben begonnen, eigene Lösungen für häufig fehlerhafte Teile zu entwickeln. Inzwischen bieten Zulieferer beispielsweise Querlenker für Model 3 und Y an, in deren Kugelköpfe kein Wasser mehr eindringen kann – im Gegensatz zur Originalversion von Tesla, wo Rost selbst an nagelneuen Autos auftreten kann.
Einer dieser Zulieferer ist Jürgen Zimmermann. Der Inhaber des Unternehmens Autoteile Zimmermann aus Pflugdorf (Bayern) lässt Fahrwerkskomponenten für Teslas aller Modellreihen herstellen. Derzeit kann sich der Unternehmer vor Aufträgen kaum retten, berichtet die Zeitschrift. Zimmermann sagt: „Wer glaubt, Tesla habe sich bei der Fahrwerksqualität verbessert, glaubt auch noch an den Weihnachtsmann.“
Mitarbeiter unter Druck
Neu sind die Probleme also nicht. Die schwedische Tageszeitung „Dagens Arbete“ berichtete bereits im vergangenen Herbst, dass Tesla offenbar systematisch fehlerhafte Autos an seine Kunden übergebe. Das gehe aus Gesprächen der Zeitung mit anonymen Tesla-Mitarbeitern hervor.
Wir haben die direkte Anweisung des Managers, die Autos herauszugeben, bevor sie fertig sind. Sonst können wir die Produktivitätsziele nicht erreichen.
Mitarbeiter bei Tesla
Die Arbeiter stünden unter großem Druck, da sie nur wenig Zeit für ihre Arbeit hätten. Automechaniker hätten maximal eine Stunde Zeit, um ein Problem zu beheben. Bei diffusen Fehlern könne die Reparatur allerdings auch mehrere Stunden dauern. Wer sich aber die Zeit nimmt, den Fehler tatsächlich zu beheben, riskiere seine Gehaltserhöhung und seinen Bonus. Und Schlimmeres.
Die Folge: Teils würden selbst komplizierte Fehler nicht behoben und Fahrzeuge trotz Problemen an die Kunden zurückgegeben.
Mitarbeiter berichteten außerdem, dass sie sogar ihre Entlassung riskierten, wenn sie die vorgegebenen Produktivitätsziele nicht erreichten. Die Arbeitsbedingungen seien durch hohen Druck und Überstunden gekennzeichnet, was bei einigen Beschäftigten zu Burn-out führe – ein Zustand, der auch manchem Tesla-Kunden vertraut sein dürfte. Hier erfahren Sie mehr aus dem Insider-Bericht.