An der kleinen Eisbachwelle ist der Streit zwischen Surfern und Anwohnern eskaliert. Letztere klagen über Lärm und Müll. Die Stadt bemüht sich um eine Lösung.
Es ist ein ungemütlicher Februartag mit Schneeregen und eisigem Wind, der über die Eisbachwelle am Rande des Englischen Gartens pfeift. Das Wetter passt zur frostigen Stimmung zwischen Anwohnern und Surfern. Es passt aber überhaupt nicht zur sonnigen Laune von Daniel. Der 28-Jährige, der seinen vollen Namen nicht veröffentlicht sehen möchte, trägt im Gesicht ein Lächeln und unter dem Arm ein Surfbrett. Gerade ist er auf jener stehenden Welle geritten, die als weltweit größte und beste ihrer Art gilt – und als Sehenswürdigkeit in keinem München-Reiseführer fehlt.
Sogar an diesem Tag trotzen einige Touristen dem widrigen Wetter und machen Fotos von Daniel, der im Homeoffice arbeite und in seiner Mittagspause hierher zum Surfen gekommen sei, wie er erzählt. Neben ihm sind nur eine Handvoll weiterer Brettsportler zugegen, doch insgesamt habe der Andrang an der Eisbachwelle zugenommen, versichert er.
Ein Grund dafür dürfte der Zwist zwischen Surfern und Anwohnenden sein, der erst vor Kurzem circa 700 Meter weiter nördlich an der Dianabadschwelle eskaliert ist. So hat an der dortigen „kleinen Eisbachwelle“ eine Eigentümergemeinschaft auf ihrem Grundstück, das an den Englischen Garten angrenzt, einen Zaun versetzt, um den Brettsportlern den Weg aufs Wasser zu versperren.
Anlass hierfür waren „massiv angestiegene Belästigungen durch Lärm, Unrat, nächtliche Ausleuchtung und vor allem wiederholte Beschädigung an der Grundstückseinfriedung“, teilen die Anwohnenden über ihre Hausverwaltung mit.
Ihnen zufolge „lärmen, rufen, klopfen und schreien“ Surfer und deren Zuschauer von früh morgens bis spät in die Nacht – „und das an fast 365 Tagen im Jahr“. Um das zu unterbinden, habe die Eigentümergemeinschaft mehrheitlich beschlossen, den Zaun zu versetzen. „Es ist der einzige Weg, die genannten Belästigungen und Beschädigungen zu unterbinden“, so die Anwohner.
Ihre Zaunversetzung hat einen Aufschrei in der Surf-Community ausgelöst. Schließlich könnten die Brettsportler jetzt nicht mehr von der Ufermauer anlaufen und ins Wasser springen, bedauert die Interessengemeinschaft Surfen in München (IGSM). Zwar würden Geübte durch Anpaddeln oder Entlanghangeln am Zaun weiterhin auf die Welle gelangen. Für die meisten jedoch sei das Surfen der sogenannten E2-Welle „deutlich erschwert und auch gefährlicher geworden“, warnt die IGSM.
Sie weist auch darauf hin, dass die Brettsportler „nicht unwesentlich zur Sicherheit“ am Eisbach beitragen. Denn: „Im Sommer werden regelmäßig Schwimmer von Surfern gerettet.“ Doch nicht nur die geschätzten 3.000 bis 4.000 Surferinnen und Surfer in München hat die Zaunversetzung alarmiert, sondern auch die Stadtpolitik. Schließlich ist man im Rathaus durchaus stolz auf den Ruf als Surf-Metropole.
Stadt hat kaum Handhabe
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nannte es bei Instagram „sehr schade“, dass an der E2-Welle nicht mehr gesurft werden kann, und versprach, sich des Themas anzunehmen. Wobei Reiter nur zu gut weiß, dass die Stadt hier kaum eine Handhabe hat. Denn der Englische Garten gehört dem Freistaat, dessen Bayerische Schlösserverwaltung am Westufer der E2-Welle schon vor Jahren einen Metallzaun aufgestellt hat. Dieser soll das Surfen offiziell verhindern, obwohl die Stadt es duldet – genauso wie das ebenso verbotene Schwimmen.
Bisher gelangten die Brettsportler vom anderen Ufer und über ein privates Grundstück auf die E2-Welle. Doch das hat die Eigentümergemeinschaft nun massiv erschwert, wobei der Zaun weiterhin auf ihrem Gelände stehe, wie eine Sprecherin der Schlösserverwaltung mitteilt. „Ein Grenzüberbau auf staatlichen Grund ist somit nicht erfolgt.“
Von Müllbergen auf Privatgrund und nächtlichen Surfpartys kann keine Rede sein.
Franz fasel, verein Interessengemeinschaft Surfen in münchen
Insofern hat sich die Hoffnung der IGSM zerschlagen, dass die Zaunversetzung illegal gewesen sein könnte. Und so konstatiert ihr Vorsitzender Franz Fasel enttäuscht: „Ich befürchte, dass es jetzt keine schnelle Lösung geben wird.“ Mit Blick auf die Klagen der Anwohnenden räumt er ein, dass an der E2-Welle auch nachts und bisweilen unter Scheinwerferlicht gesurft werde. Von Müllbergen auf Privatgrund und „nächtlichen Surfpartys“, wie es in der Mitteilung der Eigentümergemeinschaft heißt, könne jedoch keine Rede sein, sagt Franz Fasel.