Mobilität zum Festpreis: Seit einem Jahr können ÖPNV-Nutzer für 49 Euro im Monat deutschlandweit Busse, Bahnen und Co. in Anspruch nehmen. Ein Erfolg?
Das Deutschlandticket gibt es seit einem Jahr: Zum Festpreis von 49 Euro im Monat können seine Inhaber beinahe alle Verkehrsmittel im öffentlichen Nahverkehr nutzen – sprich: Busse, Straßen- und U-Bahnen, S-Bahnen, Regionalzüge. Und das ohne lange Mindestlaufzeiten. Verbraucherverbände befürworten das Konzept mit seinen einfachen Tarifstrukturen, auch wenn die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen noch Verbesserungsbedarf bei Erstbuchungen und Kündigungen sieht.
Rund 11,2 Millionen Kundinnen und Kunden nutzten das Abo seither im Schnitt pro Monat, wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) mitteilte. Und die Deutschen befürworten das Deutschlandticket in großen Teilen: In einer Civey-Umfrage im Auftrag von t-online antworteten 56 Prozent der Befragten, sie halten das Angebot für sehr sinnvoll bis sinnvoll, 23 Prozent sehen darin keinen Sinn.
Deutschlandticket-Nutzer zufrieden mit dem Angebot
Unter den Nutzerinnen und Nutzern des Deutschlandtickets ist die Zufriedenheit groß: Hier äußerten sich 56 Prozent sehr zufrieden, weitere 30 Prozent zufrieden. Neun Prozent waren unentschieden, fünf Prozent unzufrieden. Vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis scheint den Befragten zufolge zu stimmen: 81 Prozent sind damit zufrieden bis sehr zufrieden. Ähnlich viele (80 Prozent) würden das Ticket weiterempfehlen.
Wie aus den Zahlen des VDV hervorgeht, besaßen die meisten Inhaber des Deutschlandtickets bereits vorher eine Abokarte, rund acht Prozent der Nutzer sind neu hinzugekommen. In der Umfrage von t-online zeichnet sich ab, dass die meisten Besitzer (62 Prozent) das Ticket vor allem im eigenen Verkehrsverbund nutzen, nur sieben Prozent vorrangig überregional. 29 Prozent antworteten, sie nutzen es für beide Zwecke gleichermaßen. Und das grundsätzlich recht regelmäßig: Mehr als ein Viertel hat das Ticket täglich im Einsatz (29 Prozent), 39 Prozent mehrmals in der Woche, acht Prozent einmal pro Woche.
Und diejenigen, die kein Deutschlandticket haben? 43 Prozent antworteten auf die Frage mit der Möglichkeit für Mehrfachantworten, es sei nicht notwendig für ihre Bedürfnisse. Aber auch schlechte Erfahrungen mit dem ÖPNV (28 Prozent), Bevorzugung anderer Verkehrsmittel (27 Prozent) oder die mangelnde Abdeckung der Region (24 Prozent) gehörten zu den Nennungen.
Debatte um die Finanzierung geht weiter
Damit das Ticket für die Unternehmen überhaupt finanzierbar ist, geben Bund und Länder jeweils zur Hälfte pro Jahr drei Milliarden Euro hinzu. Seit Monaten tobt eine Debatte darum, diese Mittel auch langfristig zur Verfügung zu stellen und das Ticket dauerhaft abzusichern: Der Preis für das Deutschlandticket soll laut Verkehrsministerkonferenz in diesem Jahr stabil bei 49 Euro bleiben. Die Zukunft ist jedoch ungewiss. Der Verkehrsclub VCD und die Arbeiterwohlfahrt (AWO) fordern deshalb mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr von Bund und Ländern, um den Grundpreis bei 49 Euro zu halten und günstigere Angebote für Familien, Jugendliche, Azubis und Geringverdienende zu schaffen. AWO-Präsident Michael Groß: „Das 49-Euro-Ticket ist hier eine wichtige soziale und klimapolitische Errungenschaft der aktuellen Bundesregierung. Wir dürfen diesen Erfolg nun nicht gefährden, sondern müssen das 49-Euro-Ticket weiter ausbauen und stärken.“
Nicht alle Erwartungen erfüllt
Während das Deutschlandticket den Nah- und Regionalverkehr für die Nutzer in der Regel günstiger macht, konnte es einige Erwartungen bisher nicht erfüllen. So hat es bislang kaum zu einer Vereinheitlichung der ÖPNV-Branche als solcher geführt. Zusammenlegungen von Verkehrsverbünden seien nicht bekannt, berichtete der VDV-Vizepräsident Knut Ringat.
Zudem gebe es nach wie vor große regionale Unterschiede mit Blick auf die Angebotsleistungen, kritisierte er. In manchen Regionen sei etwa die Fahrradmitnahme in Bussen und Bahnen generell kostenlos, in anderen brauche man dafür Zusatztickets. In einer Stadt im Verkehrsverbund Stuttgart könnten für einen geringen Aufpreis auch Begleitpersonen mit dem Deutschlandticket mitgenommen werden, obwohl das eigentlich ausgeschlossen sein soll.
Dabei sollte das Deutschlandticket den bundesweiten Tarifwirrwarr in den Verbünden eigentlich beenden. Damit diese sich an eine Vereinheitlichung wagen, sei eine langfristige Finanzierungszusage für das Deutschlandticket nötig, sagte Ringat.
Umwelteffekt bleibt weitgehend aus
Ein weiterer wichtiger Anspruch ist ebenfalls nicht erfüllt worden: Trotz der hohen Nachfrage nach dem Deutschlandticket bleibt der Umwelteffekt des Abonnements aus Sicht der Branche überschaubar. „Was das Deutschlandticket noch nicht geleistet hat, ist es, einen Beitrag dazu zu leisten, mehr Menschen vom Auto in den öffentlichen Personennahverkehr zu holen“, sagte VDV-Präsident Wortmann. Dafür brauche man deutlich mehr Neukundinnen und Neukunden, die vorher noch gar keine Berührungspunkte mit dem ÖPNV hatten.