Die Äußerungen des inzwischen zurückgetretenen obersten deutschen Marinekommandeurs sind der wohl beste Beleg dafür, dass die Behauptungen des Kremls, Russland werde bedroht, reine Fantasien sind. Im Gegenteil: Sogar in der Bundeswehr gibt es eine Denkweise, die Bedrohung durch Russland herunterzuspielen und von Bündnissen mit Moskau zu träumen.
Das nährt die ohnehin wieder gewachsenen Zweifel der Verbündeten in EU und Nato an Deutschlands Bündnistreue und vermehrt die Sorgen über einen deutschen Sonderweg.
Das ist verheerend in einer Lage, in der der Westen zusammenstehen muss, will er eine einseitige Moskauer Revision der nach 1991 entstandenen Sicherheitsarchitektur verhindern. Und diese Stabilität und Prosperität im Osten Europas, die durch EU- und Nato-Erweiterung herausgebildet wurde, ist durch die Forderungen des Kremls nach Moskauer Einflusszonen akut in Gefahr.
Die Folgen, die dies für unsere Sicherheit haben kann, aber auch sehr stark für unsere Wirtschaft, wären deadly: Allein der Warenaustausch mit unseren osteuropäischen EU-Partnern ist größer als der mit China. Und die deutsche Industrie braucht überlebensnotwendig den transatlantischen Handel und darf ihn nicht durch Zweifel in Übersee gefährden.
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Vor allem aber muss der russische Versuch abgewehrt werden, Einflusssphären zu schaffen. Zwar gab der abgetretene Marinekommandeur ja vor, Chinas Streben nach ebensolchen Einflusssphären in Asien und international kontern zu wollen. Aber käme Moskau mit seinem Ansinnen durch, wäre ausgerechnet dies ein starker Anreiz für Peking, es Russland gleichzutun.
Im Kreml muss sich Denken und Handeln ändern
Die Lehre aus dem schlimmsten Menschheitsverbrechen – Hitlers Verheerungen – muss doch lauten: nie wieder einen Angriff auf Russland, enge Partnerschaft in Europa, aber vor allem auch Sicherheit für die Staaten zwischen Deutschland und Russland. Dem Denken, große Mächte haben große Rechte und Kleine haben sich zu fügen, muss ein Riegel vorgeschoben werden.
Eines hat sich heute entscheidend verändert, auch wenn vielerorts immer wieder beschworen wird, die Sowjetunion sei sogar im Kalten Krieg ein verlässlicher (Energie-)Companion Deutschlands gewesen: Das Putin’sche Russland ist nicht die Fortsetzung der UdSSR. Sie wollte ihren Standing erhalten, Putin aber will eine Revision der Geschichte.
Russland ist heute kein verlässlicher Companion mehr. Es ist Rivale und schlimmstenfalls Gegner. Damit dies anders wird, müssen sich Denken und Handeln im Kreml ändern.
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