Es soll „weniger Regulierung“ geben, was sonst, denn: Bürokratieabbau nehme die Regierung sehr ernst. Eine Reform der sozialen Sicherungssysteme soll schon in der zweiten Jahreshälfte „auf den Weg“ gebracht werden. Und die „konventionell stärkste Armee Europas“ will Friedrich Merz auch noch schaffen. Deutschland solle so „Motor werden für die Wirtschaft und auch für die Verteidigung in Europa„.
Es sind gewaltige Versprechen und so viele gleichzeitig, dass selbst manchem in seiner Partei schwindelig wird. Es ist das erste Muster seiner bisherigen Kanzlerschaft, das noch zu Problemen führen kann. Denn anders als in der Opposition, in der Merz seine bisherige politische Karriere verbracht hat, erwartet man von ihm jetzt, seine Versprechen auch einzulösen. Das, so sagen es manche Unionspolitiker, hat Merz noch immer nicht ganz verinnerlicht.
Zweimal sind Merz seine Versprechen schon gewaltig auf die sprichwörtlichen Füße gefallen. Das erste Mal beim Sondervermögen und der Reform der Schuldenbremse. Merz versprach noch im Wahlkampf, alles zu tun, um beides zu verhindern. Nur um dann noch vor dem offiziellen Amtsantritt beides schnell mit dem alten Bundestag zu beschließen. Unionspolitiker berichteten von Unmengen wütender Wähler.
Das zweite Mal war die Sache mit der Stromsteuer. Die CDU und Merz’ Regierung schrieben in alle Papiere, die sie finden konnten, dass diese als Sofortmaßnahme für alle Menschen aufs Mindestmaß gesenkt werden solle. Doch als es konkret wurde in den Verhandlungen, fand Schwarz-Rot im 500-Milliarden-Etat partout keine 5,4 Milliarden Euro mehr, die für die Entlastung der Bürger nötig wären. Der Protest war riesig – nicht zuletzt in der Union selbst.
Das zweite Muster von Merz’ Kanzlerschaft, das ihm noch große Probleme verursachen könnte, prägt die meiste Zeit der Sommerpressekonferenz: Der Kanzler hat immer wieder Schwierigkeiten, eine Mehrheit im Bundestag zu finden. Das erste Mal war das ganz zu Beginn so, bei seiner Kanzlerwahl, die erst im zweiten Wahlgang klappte. Das zweite Mal war erst vorige Woche.
Die schwarz-rote Koalition musste am vergangenen Freitag die eigentlich fest verabredete Wahl der Verfassungsrichter im Bundestag absagen. Ein Teil der Unionsfraktion rebellierte gegen eine Kandidatin: Frauke Brosius-Gersdorf.