Es sind stürmische Zeiten beim DFB. Trotz der gegebenen Chance auf Olympia blicken die Spielerinnen in eine ungewisse Zukunft. Eine Kolumne von Tabea Kemme.
Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu und die Nationalmannschaft der Frauen blickt auf ein turbulentes Jahr zurück. Auf die Vertragsverlängerung mit der Bundestrainerin im Frühjahr folgte im Sommer das Vorrunden-Aus bei der WM in Australien und Neuseeland, das schließlich auch zur Trennung von Martina Voss-Tecklenburg führte.
Das historische WM-Aus bleibt eine große, klaffende Wunde. Dem Team fehlte in Australien das notwendige Vertrauen. Die Vorbereitung auf das Turnier war geprägt von Ungewissheit, viele Spielerinnen wussten nicht, woran sie waren. Ein Neustart war für diese Mannschaft zwingend notwendig.
Mit Interimstrainer Horst Hrubesch qualifizierten sich die DFB-Frauen nun für die Olympia-Playoffs im Februar, hatten mit den bereits für Paris qualifizierten Französinnen Losglück. Frankreich liegt uns, doch die jüngsten Partien haben gezeigt, dass die Mannschaft aktuell nicht konstant performt. Auf den beschwingten und überzeugenden 3:0-Sieg gegen Dänemark folgte das trostlose 0:0 in Wales, wo es nur deshalb für Platz eins in der Nations-League-Gruppe reichte, weil wiederum Dänemark seine Pflichtaufgabe gegen Island verpatzte. Auf furiose Hochpunkte folgten immer wieder Tiefschläge, es war ein Jahr der Ups und Downs. Es sind stürmische Zeiten beim DFB.
Auch wenn die Stelle der Sportdirektorin für Frauenfußball mit Nia Künzer endlich besetzt wurde, blicken viele Nationalspielerinnen in eine ungewisse Zukunft. Die Position des Bundestrainers ist langfristig nicht besetzt. Der DFB muss frühere Angestellte wie Oliver Bierhoff, Hansi Flick oder Martina Voss-Tecklenburg mit einem hohen finanziellen Aufwand entschädigen.
Mit welchem Coach und mit welcher Strategie geht der DFB in ein Jahr, in dem nicht nur die Olympischen Spiele, sondern auch die wichtige Qualifikation für die EM 2025 in der Schweiz ansteht? Ich kann hier nur wiederholen, was ich bereits in einer früheren Kolumne artikuliert habe: Das Pflichtbewusstsein des DFB gegenüber seinen Spielerinnen ist nicht überzeugend.
Der DFB ist langsam unterwegs – und hat in meinen Augen auch schon verschlafen, sich auf dem internationalen Trainer- und Trainerinnenmarkt umzuschauen. Emma Hayes verlässt Chelsea und geht in die USA, Jonatan Giráldez vom FC Barcelona hat ein Angebot aus der NWSL. Auch ein Trainer wie Joe Montemurro, aktuell bei Juventus Turin unter Vertrag, ist eine hoch spannende Personalie. Das sind alles Topleute aus dem Ausland, beim DFB sehe ich immer die gleichen Leute, die zudem das eigene System durchlaufen haben.
Es wäre wichtig, dass man beim DFB den Mut zeigt, sich auf jemanden einzulassen, der eine neue, frische Perspektive aus dem Ausland einbringt. Damit steht und fällt die Zukunft. Leider hat die Vergangenheit gezeigt, dass man immer wieder auf die alten, gleichen Kandidaten zurückgreift. Ich habe das Gefühl, dass der DFB zu wenig über den Tellerrand schaut.
Ich schätze Nia Künzer und weiß, dass sie die nötige Führungskompetenz mitbringt. Diese enorm wichtige Position im Frauenfußball bekommt mit ihr endlich ein Gesicht. Es ist ihr zu wünschen, dass sie auch die Unterstützung bekommt, um die dicken Bretter zu bohren, die sie bohren wird müssen. Klar ist, dass die männlichen Führungspersönlichkeiten beim DFB nach wie vor veraltete Bilder skizzieren und einer Frau in hochrangiger Funktion weniger offen gegenüberstehen.