Berlin Der Bund plant wegen des Ukrainekriegs mit höheren Schulden. Zwar sieht der Haushaltsentwurf für das laufende Jahr weiterhin Schulden in Höhe von rund 100 Milliarden Euro vor, hieß es in Regierungskreisen. Doch dabei wird es nicht bleiben.
So soll der Haushaltsentwurf im weiteren Verfahren um einen Ergänzungshaushalt erweitert werden. Dabei wird der in der Beratung befindliche Haushaltsentwurf maßgeblich geändert.
Mit dieser ungewöhnlichen Maßnahme will die Bundesregierung sich Zeit und Luft verschaffen, um auf die Folgen des Ukrainekriegs kurzfristig reagieren zu können. So plant die Bundesregierung derzeit weitere Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger als Ausgleich für die stark gestiegenen Energiepreise.
Allein diese Maßnahme würde viele Milliarden Euro kosten. Auch Grüne und SPD haben eigene Pläne zur Entlastungen der Bürger.
Noch sind die Beratungen innerhalb der Ampel aber nicht abgeschlossen. Jede Entlastung, die die Regierung beschließt, wird allerdings die Verschuldung in diesem Jahr erhöhen und die Gesamt-Verbindlichkeit das dritte Jahr in Folge deutlich über die 100-Milliarden-Euro-Grenze treiben.
Trotz des Ukrainekriegs plant Lindner, die Schuldenbremse wie geplant ab 2023 wieder einzuhalten. Dieser Bundeshaushalt sei „in außergewöhnlichen Zeiten entstanden“, sagte ein Regierungsvertreter. Man stehe vor der „beispiellosen Herausforderung“, mit dem ersten Krieg auf europäischen Boden seit langer Zeit umgehen zu müssen.
Schuldenbremse ließe nur wenig Spielraum
Der Bund plant dennoch vorerst mit lediglich 7,5 Milliarden Euro neuen Schulden im nächsten Jahr. In den darauffolgenden Jahren werden es nur unwesentlich mehr sein. Mehr Spielraum lässt die Schuldenbremse nicht zu, diesen schöpft die Bundesregierung aber voll aus.
Trotz der Vorgaben der Schuldenbremse und der verschiedenen Krisen – auch die Pandemie schlägt weiterhin auf den Haushalte durch – gelinge es, die Bürger zu entlasten, die Investitionen hochzuhalten, mehr Geld für die Klimapolitik bereitzustellen und die Verteidigungs- und Entwicklungsausgaben zu erhöhen, hieß es in Regierungskreisen.
So betragen die Verteidigungsausgaben ab sofort rund 50 Milliarden Euro im Jahr, hinzu kommt das geplante Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro, das nach der russischen Invasion kurzfristig beschlossen wurde und im Grundgesetz verankert werde soll.
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Zusammengenommen erreicht Deutschland damit erstmalig das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben, das Deutschland 2014 worldwide zugesagt hatte. Noch weitergehenden Forderungen von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) erteilte Lindner allerdings eine Absage. Nach Handelsblatt-Informationen hatte sie sogar Verteidigungsausgaben von rund 75 Milliarden Euro professional Jahr aus dem regulären Haushalt gefordert, plus das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro.
Die gesamtstaatlichen Investitionen betragen laut Finanzplanung ebenfalls professional Jahr rund 50 Milliarden Euro, die Ausgaben für Verkehr machen davon allein 20 Milliarden Euro aus. Gleichzeitig gelang es Lindner sogar noch, in seiner Planung eine bislang bestehende Milliardenlücke für das Jahr 2025 zu schließen.
Dass dieser Spagat vorerst gelingt, hat verschiedene Gründe: Zum einen sind die Steuereinnahmen zuletzt spürbar gestiegen, der Bund nimmt rund 17 Milliarden Euro mehr ein als noch kürzlich prognostiziert. Des Weiteren konnten die Bundesministerien einige Milliarden Euro nicht ausgeben, weil Engpässe in der Verwaltung bestehen. Auf diese Milliarden kann Lindner ebenfalls zurückgreifen. Zudem sind die Ausgaben für Zinsen deutlich gesunken.
Bund kann auf Rücklagen aus der Flüchtlingskrise zugreifen
Vor allem aber setzt der Bund in den Jahren 2023 bis 2025 eine Rücklage von 48 Milliarden Euro ein, die noch aus Zeiten der Flüchtlingskrise besteht. Vor allem dank dieser Rücklage gelingt es, die Schuldenbremse noch einzuhalten.
Dennoch ist der Bundeshaushalt sehr fragil. Nach 2025 muss der Bund ohne die Rücklage auskommen. Und niemand weiß, welche Löcher der Ukrainekrieg noch in den Bundeshaushalt reißen wird, wie auch Regierungsvertreter einräumen. „Natürlich ist dieser Finanzplan mit Blick auf die außenpolitische Entwicklung, die Energieversorgung und die Entlastungen für Bürger noch vorläufig“, sagte ein Regierungsvertreter.
So könnten etwa die Konjunkturprognosen bald Makulatur sein. Auch könnten hohe Milliardenkosten auf den Bund zukommen, wenn die Energiepreise weiter steigen oder es zu einem Energie-Lieferstopp aus Russland kommen sollte. Schon jetzt gibt der Bund erstmalig 1,5 Milliarden Euro aus, um die Gasreserven zu erhöhen.
Bund muss ab 2028 Coronaschulden zurückzahlen
Und auch unabhängig vom Ukrainekrieg drohen hohe Mehrausgaben. So sind in der Finanzplanung milliardenteure Reformen der Ampelkoalition noch gar nicht berücksichtigt, etwa die Rentenreform, die Kindergrundsicherung oder Steuerzuschüsse an die Sozialkassen.
Ab 2028 wiederum muss der Bund die Coronaschulden zurückzahlen, die zwischen 2020 und 2022 aufgelaufen sind. Dies sieht die Schuldenbremse so vor. Ab 2028 werden über 30 Jahre lang 11,1 Milliarden Euro professional Jahr fällig.
Für den Bund bedeutet das: Der kleine Spielraum, den die Schuldenbremse noch lässt, ist damit so intestine wie weg. De facto wird Deutschland somit über Jahrzehnte den Haushalt ausgeglichen halten müssen, soll die Schuldenbremse eingehalten werden.
Und das, obwohl sich der Bund bei der Rückzahlung der Coronaschulden in der neuen Haushaltsplanung schon deutlich mehr Luft verschafft hat.
Die ursprüngliche Planung sah vor, bereits einige Jahr vor 2028 in die Schuldentilgung einzusteigen und sämtliche Verbindlichkeiten schon bis 2043 wieder zurückzuzahlen. Der Bund hat seinen Tilgungsplan nun aber an die Vorgaben der EU-Kommission angepasst und die Rückzahlung der Schulden großzügiger ausgestaltet.
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