Frankfurt Was Niedersachen für Volkswagen ist, das ist China nun für Daimler: ein Kernaktionär, ohne den nichts geht. Denn zwei Anteilseigner aus Fernost halten mittlerweile jeweils quick zehn Prozent der Stimmrechte an dem Mercedes-Hersteller. Am Montag teilte die Beijing Automotive Group (BAIC) mit, schon seit 2019 insgesamt 9,98 Prozent der Anteile an Daimler zu halten, nicht nur die bereits bekannten fünf Prozent. BAIC ist der chinesische Produktionspartner der Schwaben.
Der Hintergrund: Infolge der Abspaltung des Daimler-Truckgeschäfts und dem Börsendebüt der Sparte am vergangenen Freitag musste BAIC seine Verhältnisse offenlegen. Jetzt ist klar: Der Pekinger Staatskonzern ist der größte Einzelaktionär von Daimler. Bisher galt Li Shufu, der Gründer des chinesischen Autokonzerns Geely, mit einem Stimmrechtsanteil von 9,7 Prozent als wichtigster Eigentümer.
„Zu einem Fünftel ist Daimler damit in chinesischer Hand“, konstatiert Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). BAIC manifestiere seine Macht bei dem Dax-Konzern und unterstreiche das gesteigerte Interesse am Pkw-Geschäft von Mercedes-Benz. Tüngler zeigt sich irritiert vom Timing der Offenlegung der BAIC-Beteiligung und hofft nun, dass Daimler mit dem Truck-Spin-off nicht selbst eine „Veränderungswelle“ bei seiner Aktionärsstruktur angestoßen hat.
Intern werden Mutmaßungen vor einer chinesischen Machtübernahme in Stuttgart abgewiesen. „Diese These ist einfach Quatsch“, sagte ein hochrangiger Daimler-Supervisor. Zumal BAIC laut Vereinbarung „keine weitere Erhöhung“ seiner Beteiligung an Daimler plant. Auch Li Shufu dürfte keine Aufstockung im Sinn haben.
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Der Grund: Sobald einer der beiden nachlegen würde, käme sofort die Finanzaufsicht Bafin ins Spiel, die alle Beteiligungen von mehr als zehn Prozent bei heimischen Banken intensiv prüfen muss. Daimler hat mit der Mercedes-Benz Financial institution ein Institut im Portfolio, dass eine Vollbanklizenz besitzt.
Daimler-Chef Ola Källenius begrüßte die Offenlegung des erhöhten BAIC-Anteils. „Wir freuen uns über das Engagement aller langfristig orientierten Aktionäre, die unsere Strategie unterstützen“. Seit quick 20 Jahren bauen und verkaufen die Stuttgarter gemeinsam mit BAIC in Fernost über das Joint-Enterprise Beijing Benz Automotive (BBAC) hocherfolgreich Mercedes-Fahrzeuge. Alleine in der vergangenen Dekade hat sich der Absatz von Autos der Marke mit dem Stern im Reich der Mitte mehr als verdreifacht – auf über 700.000 Fahrzeuge professional Jahr.
China ist längst zum wichtigsten Absatzmarkt von Daimler geworden. Über ein Drittel aller Verkäufe tätigen die Schwaben in der kommunistischen Volksrepublik. Und mutmaßlich mehr als die Hälfte der Gewinne von Daimler kommen aus China. Die Stuttgarter sind mit BAIC über Kreuz beteiligt und halten 9,55 Prozent der Anteile an BAIC Motor, der Pkw-Tochter des Konzerns.
Ebenso wie BMW strebt nun auch Daimler an, die Mehrheit an seinem chinesischen Joint-Enterprise zu übernehmen. „Daran wird intensiv gearbeitet“, heißt es aus Konzernkreisen. Eine Lösung rücke näher. Mit der freundlichen Reaktion von Daimler-CEO Källenius auf das stärkere Engagement von BAIC in Stuttgart würden die Schwaben nun den Weg ebnen, sich künftig mehr als 50 Prozent der Anteile an der Gemeinschaftsfirma BBAC zu sichern, erklärt ein Insider.
Käme es so könnte Daimler das Joint-Enterprise in seiner Bilanz endlich voll konsolidieren. Umsatz und Gewinn würden kräftig nach oben schießen. Dafür scheinen in China aber weitere, langfristige Zusagen für lokale Modelle und Investitionen nötig.
In Stuttgart ist man dafür bereit. So planen die Schwaben ab 2024 mit dem EQE SUS erstmals eine Baureihe ausschließlich für China in China zu bauen. Dafür wollen die Schwaben die beiden wichtigsten Karosserieformen miteinander kreuzen – Limousine und SUV. Herauskommen soll dabei ein Sport Utility Sedan, additionally eine vollelektrische Riesenlimousine der Oberklasse.