Peking Nur ein paar Gehminuten von meiner Wohnung in Peking entfernt gibt es neuerdings einen „Wanghong“-Spot. Die chinesische Wortschöpfung bedeutet frei übersetzt so etwas wie Web-Prominenz und kann Menschen, additionally Influencer, aber auch Orte bezeichnen. Wer sich vor den Kulissen fotografiert, hat größere Chancen, in sozialen Netzwerken den Kampf um Likes und Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Die bunt blinkende Kanalpromenade in der Nähe meines Wohnorts in Peking ist laut der lokalen Tourismusbehörde sogar der Prime-Wanghong-Spot der Stadt.
Die Wanghong-Spots finden sich überall in China, auch außerhalb der größten Metropolen. Selbst auf einsamen Inseln in Südchina und in der ostchinesischen Hafenstadt Qingdao gibt es die Influencer-Hotspots – zum Teil selbst erklärt.
Dort trifft man dann auf einmal Dutzende junge Leute, die aus zunächst nicht ersichtlichem Grund mit den gleichen Blumensträußen ausgestattet Selfies vor einer unspektakulären roten Wand machen – klar, ein Wanghong-Spot.
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Die Influencer-Pilgerorte sind sehr beliebt und ziehen Touristen an. Eine Bücherei in der Pekinger Nachbarstadt Tianjin hat deshalb eigens rund zehn Meter hohe, spektakulär geschwungene Bücherregale in ihr Lobby gebaut – aber die Bücher, die darin vermeintlich zu Hunderten ausgestellt sind, sind nur aufgedruckte Attrappen. Den meist jungen Leuten ist das egal. Hauptsache, sie sehen echt aus auf ihren Selfies, die sie in den in sozialen Netzwerken posten.
Auch Chinas E-Commerce-Riesen wissen den Wanghong-Development längst zu nutzen. Influencer sind dabei in wenigen Jahren zu Milliardären geworden – wie der in der Volksrepublik wegen seiner Erfolge beim Verkauf von Kosmetik auch als „Lippenstift-König“ bekannte Li Jiaqi und Chinas Livestream-Königin Huang Wei, die in China unter dem Namen „Viya“ berühmt ist.
Die Kommunistische Partei will die Influencer-Kultur kontrollieren
Doch der Kommunistischen Partei (KP) wird es zu bunt. In den vergangenen Monaten hat die Staatsführung zum Rundumschlag gegen die Wanghong-Kultur ausgeholt. Die Influencer sollen möglichst nur noch im Sinne der Partei handeln. Sie sollen für ihre Follower Vorbilder dafür sein, was sich die KP als idealen Chinesen vorstellt: nationalistisch, bescheiden, parteiliebend, unkritisch.
So hagelt es in den letzten Monaten behördliche Verbote, was alles nicht gezeigt werden darf in den zuvor bereits stark zensierten sozialen Netzwerken. Der Staat verbietet neuerdings etwa die sogenannten „Buddhismus-Schönheiten“. Das sind Frauen, die auf Fotos in buddhistisch inspirierten Gewändern posieren und dabei Werbung für Taschen oder Lebensmittel machen.
Die Fotos sollen für einen ruhigen, meditativen Way of life stehen und haben mit der in China unterdrückten Faith so intestine wie nichts mehr zu tun. Doch der KP sind sie dennoch ein Dorn im Auge. Hunderte Movies löschten die Plattformbetreiber bereits.
Eine Auswahl von neuerdings ebenfalls verbotenen Inhalten im chinesischen Web: Zurschaustellung von Erschöpfung, Männer, die in den Augen der KP zu feminin aussehen, Zurschaustellung von Reichtum, Beleidigung von Märtyrern und (Kriegs-)Helden.
Für großes Aufsehen sorgte jüngst die Verurteilung der Influencerin Viya. Sie musste eine Rekordstrafe von 1,3 Milliarden Yuan (rund 180 Millionen Euro) wegen Steuerhinterziehung zahlen. Auch ihr Kollege, der „Lippenstift-König“, steht unter Druck. Verbraucherschützer werfen ihm die falsche Auszeichnung von Produkten vor. Die KP will ein Sign setzen: dass selbst die bedeutendsten Influencer nicht vor dem Zugriff der Behörden sicher sind und auch alle anderen sehr vorsichtig sein sollten, was sie posten.
Beobachter glauben, dass sich der Development zur Einschränkung der „Wanghong“-Kultur fortsetzen wird. Viele sind inzwischen offenbar sehr verunsichert, was noch erlaubt ist. Ein bekannter chinesischer Reiseblogger hatte im Juli auf einem Friedhof Fotos von sich in Gangsterpose mit Grabsteinen von gefallenen chinesischen Soldaten gemacht und dazu die Worte für „Respekt“ geschrieben.
Im November wurde er dafür zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Ein Gericht hatte befunden, dass die Fotos „respektlos“ seien.
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