Carsten Linnemann reist dieser Tage durchs Land, um den Entwurf für das CDU-Grundsatzprogramm zu diskutieren. Mit dem Nachrichtenportal t-online spricht er über seine Reformideen, bevorstehende Wahlen und die Frage, wie rechts die CDU ist.
Im großen Saal der Festhalle Gürzenich in der Kölner Altstadt stehen am Freitagabend mehr als tausend Stühle aneinander. Die Reihen füllen sich. So sehr, dass erste Menschen beginnen, hinten an der Wand Platz zu nehmen. Das Programm, für das sie gekommen sind? Macht die CDU. Und der Showmaster? Heißt Carsten Linnemann.
Gerade steht der er unten am Eingang. „Das wird richtig toll heute. Echt jetzt“, sagt Linnemann. „Gestern in Chemnitz war auch gut. Nachdenklich. Aber voll interessant.“ Dann neigt er den Kopf kurz zur Seite. Er will wissen, ob die Demonstration vor der Tür gegen die CDU geht. „Wegen Asyl, ja? Wie viele Leute? Ist aber nicht schlimm, oder?“ Jemand flüstert ihm etwas zu. „Ja okay, ich komme.“ Linnemann sieht nochmal in die Runde: „Ich muss mal weiter. Bis später.“ Dann rauscht er ab.
Der CDU-Generalsekretär fährt dieser Tage quer durch Deutschland, um sein Grundsatzprogramm unter die Leute zu bringen – zu diskutieren. Jeden Tag wiederholt er dieselben Botschaften. Jedes Mal leuchten dabei seine Augen. Inmitten dieses Trubels nimmt Linnemann sich am Freitagmorgen die Zeit für ein Gespräch. Rund eine Stunde hat er, dann wartet der nächste der Termin. Kurz vor Beginn wandert sein Blick auf die Uhr. Als wollte Linnemann noch sagen: „Auf die Plätze, fertig, los.“
t-online: Herr Linnemann, seit wann ist die CDU so sehr Basis-Partei?
Carsten Linnemann: Das waren wir schon immer. Die CDU war schon immer in der Fläche stark, in den Kommunen, vor Ort.
War die Machtmaschine nicht lange Ihr Erfolgsprinzip?
Es stimmt, dass es lange gereicht hat, zu sagen: Wir sind die CDU. Die Menschen haben uns gewählt, weil sie wussten, sie bekommen Stabilität und Planungssicherheit. So einfach ist es aber nicht mehr. Wir haben die Bundestagswahl 2021 verloren, weil wir inhaltlich in weiten Teilen entkernt waren. Deshalb muss im nächsten Wahlkampf wieder klar werden, wofür wir konkret stehen. Wir müssen uns die Stimmen der Menschen wieder verdienen.
Es geht in Ihrem Prozess einerseits um Inhalte. Geht es auch darum, sich von der „alten“ CDU zu distanzieren?
Es geht nicht um Distanzierung, sondern Profilschärfung. Wir müssen klar sagen, wo wir früher Fehler gemacht haben und diese jetzt korrigieren – wie etwa in der Energie- und Migrationspolitik. Und genau das tun wir. Auf der anderen Seite dient dieser Prozess auch dazu, uns selbst zu vergewissern. Zu wissen, unser Haus steht auf einem starken Fundament und dieses Werte-Fundament zu definieren, das war für mich das Wichtigste.
Trotzdem wird in der CDU aktuell viel darüber gesprochen, dass die Partei sich wieder dazu bekennen müsse „rechts“ zu sein. Und dass „rechts“ neu definiert werden müsse.
Das nehme ich anders wahr. Wir sind Christdemokraten. Das heißt, dass wir für die gesamte politische Mitte eine politische Heimat sein wollen.
Die CDU ist also keine „mitte-rechte“ Partei?
Es gibt viele CDU-Wähler, die sich als „mitte-rechts“ einordnen würden. Sie bezeichnen sich auch als konservativ. Im Grundsatzprogramm findet sich unsere konservative Wurzel, neben der liberalen und christlich-sozialen, wieder stärker wieder. Und da dürfen wir uns auch nicht kirre machen lassen, wenn einige Linke uns in die rechtsradikale Ecke stellen wollen. Es tut im Übrigen auch unserem Land gut, wenn die demokratische Mitte konservativen Überzeugungen eine Heimat bietet.
Ein umstrittener Satz ist dieser: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland“. Warum ist ausgerechnet der Ihnen so wichtig?
Damit machen wir deutlich: Wer unsere Werte teilt, ist nicht nur im Land, sondern übrigens auch in unserer Partei herzlich willkommen.