Der Bundesrat berät das Cannabis-Gesetz. Der Gesundheitsminister fürchtet, dass es dabei „verhungert“. Worum geht es? Und können die Länder die Legalisierung der Droge tatsächlich noch verhindern?
Das Wichtigste im Überblick
Die Länder könnten die Cannabis-Legalisierung im Bundesrat nahezu ewig verzögern. Sie klagen, die geplante Amnestie würde ihre Justiz überfordern. Aber stimmt das? Und wird Kiffen nun doch nicht legal?
In der Politik genügen manchmal wenige Worte, um den Betrieb auf den Kopf zu stellen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist dies Anfang der Woche gelungen: „Mein Ziel ist es, dass das Gesetz nie wieder aus dem VA herauskommt“, schrieb Kretschmer auf der Plattform X. Nicht einmal das Wörtchen „Vermittlungsausschuss“ buchstabierte der CDU-Politiker aus. Doch der Satz genügte, um in Berlin die Alarmglocken läuten zu lassen. Allen voran die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Denn mit „Gesetz“ meinte Kretschmer die vom Bundestag kürzlich beschlossene Teil-Legalisierung von Cannabis. Lauterbach will, dass diese zum 1. April in Kraft tritt. Doch nun fürchtet er um dieses Ziel. Das Gesetz stehe „auf Messers Schneide“ und könnte im Vermittlungsausschuss „verhungern“, sagte der Minister am Montag in der ARD-Sendung „Hart aber fair“.
Der Bundesrat will das Gesetz am Freitag beraten. Zahlreiche Bundesländer haben bereits ihren Widerstand gegen die aktuelle Fassung bekundet. Lauterbachs Sorge: Der Rat könnte das Gesetz durch Anrufung des Vermittlungsausschusses monatelang blockieren und so die Legalisierung auf den letzten Metern doch noch verhindern. Worum geht es in dem Streit? Und könnte der Bundesrat das Gesetz wirklich „verhungern“ lassen? t-online gibt Antworten.
Warum befasst sich der Bundesrat überhaupt mit dem Gesetz?
In Deutschland muss jedes vom Bundestag beschlossene Gesetz auch durch den Bundesrat. Etwa der Hälfte davon – sogenannten zustimmungspflichtigen Gesetzen – muss der Rat explizit zustimmen, sonst kommen sie nicht zustande. Dies ist bei der Cannabis-Legalisierung nicht der Fall. Allerdings kann der Rat das Gesetz verzögern. Und dies ist gar nicht so unwahrscheinlich: Denn die Cannabis-Legalisierung ist vor allem CDU und CSU ein Dorn im Auge. Und Landesregierungen unter Führung oder Beteiligung der Union haben im Rat eine Mehrheit.
Wie könnte der Bundesrat die Cannabis-Legalisierung verzögern?
Um zu verhindern, dass das Gesetz wie geplant zum 1. April in Kraft tritt, müsste der Rat den Vermittlungsausschuss einberufen, der die Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern klären soll. Darin sitzen je 16 Mitglieder aus Bundestag und Bundesrat.
Der Ausschuss kann Änderungen oder gar die Aufhebung des gesamten Gesetzes vorschlagen. Über die Vorschläge entscheidet dann zunächst der Bundestag. Stimmt er ihnen zu, geht das geänderte Gesetz zurück in den Rat. Lehnt er sie ab, muss sich der Rat erneut mit der ursprünglichen Gesetzesvariante befassen.
Video | Zwei t-online-Nutzer argumentieren das Pro und Kontra einer Cannabis-Legalisierung:
Quelle: t-online
Erst dann, bei der zweiten Beratung, könnte der Bundesrat Einspruch gegen die Legalisierung einlegen. Der Bundestag könnte diesen überstimmen, womit das Gesetz in Kraft treten würde. Dies wäre auch der Fall, wenn sich im Rat keine Mehrheit für einen Einspruch fände.
Könnte das Gesetz im Vermittlungsausschuss wirklich „verhungern“?
Doch so weit will Lauterbach es gar nicht erst kommen lassen. Dazu hat er bereits eine Protokollerklärung aufgesetzt, die Gesetzesänderungen vorsieht. Damit will er den Ländern entgegenkommen. Denn die Krux bei der drohenden Blockade ist: Während Bundestag und Bundesrat enge Fristen bei der Beratung von Gesetzen haben, hat der Vermittlungsausschuss dafür keine Vorgaben. Dies erklärt auch Kretschmers Drohung, das Gesetz könnte den Ausschuss nie wieder verlassen. Theoretisch wäre etwa denkbar, dass der Ausschuss einfach gar nicht erst tagt. Oder aber, sollte er zusammenkommen, die Cannabis-Legalisierung nicht auf die Tagesordnung setzt.

