Deutschland legalisiert Cannabis. Gut für Firmen, die den Stoff verkaufen. Löst das einen Börsenhype aus und falls ja, sind Sie dabei? Die Strategie ist riskant.
Als Rausch wird das Gefühl eines vorübergehenden psychischen Zustands bezeichnet, der durch die Einnahme von Rauschmitteln erzeugt werden kann. Aber auch rhythmische Musik, Extremsport oder Glücksspiel können einen Rauschzustand erzeugen.
Während Kiffer sich am Wirkstoff THC der Cannabis-Blüten zu ihrer persönlichen Freude berauschen, erfahren Zocker einen ähnlichen Rauschzustand an der Börse, wenn die Aktienkurse nach oben schießen und mit ihnen ihr Puls.
Doch das kann schiefgehen, wie ein Blick auf die abgestürzten Börsenkurse einiger namhafter international agierender Cannabis-Unternehmen zeigt. Sind jetzt mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland Aktien und Aktien-ETFs wieder ein attraktives Investment?
Der Handel mit Cannabis als Geschäftsmodell
Unternehmen, die mit Cannabis handeln, gibt es schon sehr lange. Bekannte Firmen wie Canopy Growth, Aurora Cannabis oder Tilray Brands sind seit fünf oder mehr Jahren an internationalen Börsenplätzen gelistet und sammeln Geld von Investoren ein. Immer wieder werden von PR-Agenturen und Maklern die Chancen eines Millardenmarktes beworben und Kursprünge von 50 Prozent und mehr versprochen, um Anleger anzulocken.
Mittlerweile gibt es auch eine Vielzahl von Produkten auf dem Markt, die etwas mit den aus Cannabis gewonnenen Cannabinoiden zu tun haben – seien es Öle, Tropfen, Salben, Pflaster, Getränke oder Kapseln zum Einnehmen. Die meisten dieser Unternehmen mit solchen Bezeichnungen wie American Cannabis, Cannabis Poland, Cannabis Suisse, Deutsche Cannabis, Greenway Greenhouse Cannabis, Nova Cannabis, Pure Global Cannabis oder Supreme Cannabis notieren jedoch im Pennystock-Bereich, also unter einem Euro pro Aktie, und bieten daher viel Spielraum für Spekulation.
Wie gehen Anleger mit solchen Informationen um? Zunächst ist es wichtig, sich allumfassend mit den tatsächlichen Chancen und Risiken des Cannabis-Marktes zu beschäftigen.
Im neuen Gesetz: Was ist erlaubt und was nicht?
Im Gesetz zur teilweisen Legalisierung von Cannabis steht, dass Erwachsenen ab 18 Jahren der Besitz von 25 Gramm erlaubt wird. Privat dürfen maximal drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden. In sogenannten Cannabis-Clubs dürfen Mitglieder gemeinschaftlich Cannabis anbauen und untereinander Drogen abgeben, aber es darf nicht geraucht werden. In der Nähe von Kitas, Schulen, Sportstätten oder Spielplätzen ist der Konsum zwischen 7 und 20 Uhr untersagt.
Medizinisches Cannabis als Schmerzmittel für Schwerkranke
In der Debatte um Cannabis wird oft übersehen, dass bereits seit 2017 die Verschreibung von medizinischem Cannabis an Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen gesetzlich erlaubt ist. Ärzte können Medizinal-Cannabisblüten oder Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität auf einem Betäubungsmittelrezept verschreiben. Dabei sind arznei- und betäubungsmittelrechtliche Vorgaben einzuhalten. Gesteuert und kontrolliert wird dies durch die Bundesopiumstelle. Im Jahr 2021 wurden für medizinische und wissenschaftliche Zwecke 20,6 Tonnen Cannabis nach Deutschland importiert.
Nicht nur schwer erkrankte Menschen oder Genusskonsumenten würden von einer partiellen Legalisierung profitieren, sondern auch Unternehmen, die Cannabis anbauen, verarbeiten und verkaufen. Wie ist die Stimmung an den Börsen, an der international tätige Firmen im Sektor Biotechnologie, Pharma und Cannabis um die Gunst der Aktionäre buhlen?
Dermapharm Holding erweitert seine Produktpalette
Dermapharm ist im kleinen SDax gelistet und hat im Januar 2022 die C3-Gruppe vom kanadischen Cannabis-Konzern Canopy Growth übernommen. Als Marktführer für Dronabinol in Deutschland und Österreich entwickelt die C3-Gruppe natürliche und synthetische Cannabinoide. Dronabinol enthält Wirkstoffe aus der Gruppe der Cannabinoide und findet vorwiegend in der Schmerz- und Palliativmedizin sowie in der Onkologie und Neurologie Anwendung.
Natürlich rechne Dermapharm durch eine Legalisierung von Cannabis mit einer zusätzlichen Dynamik für die zukünftige Geschäftsentwicklung, erklärt Dermapharm-Chef Hans-Georg Feldmeier gegenüber der Zeitschrift „Der Aktionär“. An einer breiten Legalisierung könnten also Unternehmen wie Dermapharm oder Tilray Brands verdienen.
Tilray aus Kanada mit der Lizenz für Cannabis
Tilray Brands ist ein kanadisches Cannabis-Unternehmen und besitzt über seine Tochter Tilray Medical entsprechende Lizenzen, um medizinisches Cannabis in Deutschland zu vertreiben. Laut eigener Darstellung liegt der Fokus auf der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten, die trotz klassischer Schmerztherapie noch Beschwerden haben.
Über den deutschen Markt hinaus exportiert Tilray medizinisches Cannabis in 20 Länder auf fünf Kontinenten. Nach eigenen Angaben steht das Unternehmen mit Hunderttausenden Ärzten, Apotheken, Krankenhäusern, Forschern und Behörden rund um den Globus in Kontakt.
Synbiotic sieht Cannabis als große Chance
Ein weiteres in Deutschland ansässiges Unternehmen, das auf die gesamte Cannabis-Produktpalette – vom Saatgut bis zum fertigen Produkt – setzt, heißt Synbiotic und stammt aus München. Synbiotic betrachtet die Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch im Heimatmarkt Deutschland als große Chance. Man möchte als voll integrierter Akteur mit langer Erfahrung das enorme Potenzial nutzen.
Anleger hoffen auf eine Rallye bei Cannabis-Aktien
Wer aufgrund der bevorstehenden Cannabis-Euphorie überlegt, sich an der Börse zu engagieren, sollte vorsichtig agieren. Der Cannabis-Hype wurde längst von Wasserstoff und zuletzt KI abgelöst – und ob sich ein neuer Trend entwickelt, ist nicht auszumachen. Außer leichten Kurszuckungen nach Pressemeldungen ist von einer mittelfristigen Erholung jedenfalls nichts zu erahnen.