In Rostock trainieren am Freitag über 360 Männer und Frauen der Bundeswehr den Ernstfall. Im Nato-Manöver „Steadfast Defender“ kommt Deutschland eine besondere Rolle zu.
Das Wichtigste im Überblick
Russlands Krieg in der Ukraine hat das Sicherheitsverständnis in Europa maßgeblich beeinflusst. Die Nato wird wieder aktiv, Russland ist zur Gefahr geworden, und so übt die Bundeswehr an diesem Freitag die Sicherung des Seehafens in Rostock. Die Übung „National Guardian“ ist Teil des Nato-Großmanövers „Steadfast Defender“.
Das derzeit laufende Großmanöver ist eine Warnung an Putin, aber gleichzeitig auch eine Selbstvergewisserung für die Nato. Denn die Übung soll zeigen, dass das westliche Bündnis jedes Mitgliedsland verteidigen kann.
t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zur Bundeswehrübung und zum Nato-Manöver:
Was ist „Steadfast Defender“?
Bei dem Großmanöver „Steadfast Defender“ („Standhafter Verteidiger“) trainieren Streitkräfte Alarmierung, Verlegung an die Außengrenzen der Nato im Nordosten und Südosten sowie das Gefecht. Für diese größte Nato-Übung seit dem Kalten Krieg werden im Verteidigungsbündnis insgesamt rund 90.000 Soldaten mobilisiert. Aus der Bundeswehr sind über 12.000 Männer und Frauen sowie 3.000 Fahrzeuge daran beteiligt.
Russland wird in dem Nato-Strategiepapier nicht namentlich erwähnt. Doch bei „Steadfast Defender“ wird das Szenario eines russischen Angriffs auf unterschiedliche Nato-Mitglieder durchgespielt, wie t-online zu Beginn des Jahres aus Sicherheitskreisen erfuhr. Es geht also um den sogenannten Bündnisfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrages, in dem Soldaten und militärisches Gerät möglichst schnell in Richtung Osten verlegt werden müssen. Der Artikel regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird. Die Nato probt also ihre Reaktionsfähigkeit, es ist keine Angriffsübung.
Wo findet das Nato-Manöver statt?
Viele europäische Nato-Staaten sind von der Verlegeübung betroffen, da die Logistikketten vom Westen in den Norden oder nach Osten gehen. Dabei hat die Nato unterschiedliche neuralgische Punkte gewählt, an denen ein russischer Angriff stattfinden könnte. Deswegen geht es bei „Steadfast Defender“ vor allem darum, Bodentruppen erst nach Norwegen und im Laufe der Monate nach Rumänien und ins Baltikum zu transportieren. Und das möglichst schnell.
Deutschland wird dabei zur Drehscheibe für nationale und internationale Kräfte, für Panzer und anderes militärisches Gerät. „Aufgrund des Umfanges wird die Übung in Europa und insbesondere in der deutschen Öffentlichkeit für alle Bürgerinnen und Bürger sichtbar sein“, schrieb die Bundeswehr bereits im November des vergangenen Jahres auf ihrer Homepage.
Ende April begann dann die „sichtbare Hochphase“ des deutschen Beitrags zum Nato-Manöver. Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer erklärte dazu: „In den kommenden Wochen werden wir der Bevölkerung einiges zumuten“, kündigte er an. Die Militärübung habe „Auswirkungen auf den Alltag“. Er bat darum, Kolonnen auf den Autobahnen möglichst Vorrang zu gewähren.
Wer nimmt an „Steadfast Defender“ teil?
An der viermonatigen Übung beteiligen sich alle 32 Bündnisländer. Laut Nato-Angaben nehmen neben den 90.000 Soldaten 50 Marineschiffe, 80 Flugzeuge und über 1.100 Kampffahrzeuge daran teil.
Die Bundeswehr stellt dabei einen großen Teil: Bis Ende Mai sind mehr als 12.000 deutsche Soldaten im Einsatz. Ab Mitte Mai wird beispielsweise die 10. Panzerdivision auf verschiedenen Wegen Soldaten mit Gefechtsfahrzeugen nach Litauen verlegen. Es ist damit die größte Übung deutscher Landstreitkräfte seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.
Es ist laut Breuer das erste Mal, dass Deutschland Dreh- und Angelpunkt für die Verteidigung Europas sei. Weiter erklärte er: „Die Verlegung von Truppen ist militärisches Kerngeschäft. Jeder Handgriff muss sitzen. Nur was geübt wird, klappt im Ernstfall!“ In den kommenden Jahren werde die Bundeswehr mehr und mehr Großübungen mit den Alliierten auch in Deutschland durchführen.