150 Sachsen sind ausgelost worden, um dem Bundeskanzler ihre drängendste Frage zu stellen. Meist ging es um den Umgang mit der Ukraine, aber auch um die Rente und TikTok.
In keinem anderen Bundesland – abgesehen von Bayern – hat die SPD bei der Bundestagswahl so schlecht abgeschnitten wie in Sachsen. Für den Großteil der 150 Gäste war Olaf Scholz (SPD) deshalb sicher nicht ihr Wunschkanzler, den sie am Donnerstagabend ausfragen durften. Doch abgesehen von einem Amtseid, der mit den Worten „wäre ganz gut, wenn Sie sich den nochmal durchlesen“ übergeben wurde, blieb es bei 21 sachlichen Fragen.
Es ging um Rentenansprüche, Bildungspolitik und wie man es schaffen könnte, dass neben der AfD auch andere Parteien auf TikTok präsent sind. Mit ihren knapp 400.000 Follower hängt die AfD dort alle anderen Parteien ab. Eine Frage, die den Kanzler richtig auftauen ließ: „Auch die Bundesregierung diskutiert, dort aktiv zu werden. Und ich finde das richtig“, sagte Scholz in Dresden. Schließlich hätten soziale Medien viele Vorteile, die das Leben erleichtern würden.
Der Umgang mit dem russischen Angriffskrieg war das bestimmende Thema des Abends. Scholz bekräftigte in Dresden sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern und verwies erneut darauf, dass mit dieser Waffe präzise Ziele in Moskau erreicht werden könnten. Zudem werde es unter seiner Führung keine Nato-Soldaten auf ukrainischem Grund und Boden geben. „Dafür stehe ich auch nach wie vor ein.“
Stattdessen verwies der Kanzler auf andere geleistete Unterstützungen und ärgerte sich darüber, dass diese oft nicht wahrgenommen werden. „Mit den für die Zukunft zugesagten Lieferungen liegt Deutschland bei etwa 28 Milliarden Euro. Nur die USA liegen darüber“, sagte Scholz und fügte hinzu, dass dies nur so lange gelte, wie der amerikanische Kongress neue Mittel freigibt. „Angesichts der Tatsache, dass wir, wie Helmut Schmidt sagte, nur eine Mittelmacht sind, ist dies ein besonderes Relationsverhältnis.“
Diplomaten statt Granaten: „Den Satz skandieren wir nach Moskau“
Die Kritik eines Teilnehmers an deutschen Waffenlieferungen und dessen Forderung nach „Diplomaten statt Granaten“ drehte Scholz um und entgegnete mit erhobener Faust: „Diesen Satz skandieren wir gemeinsam nach Moskau.“ Scholz forderte, dass sich andere Staaten bei Waffenlieferungen mehr anstrengen müssten. Zugleiche könne es nicht dazu kommen, dass Deutschland weniger Waffen in die Ukraine liefert.
Anderen Dresdnern ging es darum, wie sicher die Renten sind. Bis 2025 sei das Rentenniveau garantiert – in Kürze werde ein neues Gesetz kommen, „das dies für sehr viel längere Zeit sicherstellt“, versprach der Kanzler. Wer zu geringe Rentenansprüche erworben habe, dem werde mit der Grundrente geholfen. Ein Teilnehmer teilte seine Sorge, dass die deutsche Wirtschaft den Bach heruntergehe: „Mich stört, dass ein Schriftsteller das wichtigste Ressort leiten darf.“
Eine Frau, die extra aus Freital zum Bürgerdialog angereist war, blickte mit gemischten Gefühlen auf den Abend zurück: „Ich bin mit seinen Antworten teils-teils zufrieden, einiges war sehr schwammig formuliert, anderes wurde offen gelassen“. Rückfragen konnte allerdings nur stellen, wer besonders hartnäckig war – und so dauerte es 50 Minuten, die die erste gestellt wurde. Ein Dialog konnte sich so nicht entwickeln: auf viele kurze Fragen folgten lange Monologe des Bundeskanzlers.