Stuttgart Der Kampf um die Softwarehoheit im Auto erreicht ein neues Niveau. Auch die Zulieferer machen bei dem Zukunftsthema der Branche mächtig Dampf: Bosch bündelt jetzt 2300 Softwareentwickler unter dem Dach der Tochter Etas, um schneller entwickeln zu können.
Damit erhöht sich die Schlagkraft der Etas um 800 Mitarbeiter. „Mit der neuen Aufstellung wollen wir künftig führend als Anbieter anwendungsunabhängiger Fahrzeugsoftware werden“, sagte der designierte Bosch-Chef Stefan Hartung am Dienstag.
Bosch will den gesamten Werkzeugkasten anbieten: übergreifend einsetzbare Fahrzeug-Basissoftware, sogenannte Middleware und Cloud-Companies, die für das Updaten von Fahrzeugen im laufenden Betrieb – ähnlich wie beim Smartphone – unverzichtbar sind.
„Unser universelles Softwarefundament ist eine zentrale Voraussetzung für die Digitalisierung moderner, softwaredefinierter Fahrzeuge“, sagt Hartung, der seinen Job an der Bosch-Spitze im Januar antritt. Auf der zentralen Plattform soll Software program künftig schneller, effizienter und gemeinsam mit Partnern entwickelt werden können.
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Die Cooks der deutschen Autohersteller VW, BMW und Mercedes hatten auf dem Auto-Gipfel des Handelsblatts im November unisono erklärt, dass die Software program bei künftigen Fahrzeuggenerationen den Unterschied mache. Doch wer welchen Anteil an der Software program verantwortet, ist offen. Die Übergänge zwischen differenzierenden Teilen der Software program, die die Autohersteller unbedingt selbst machen wollen und müssen, und der übrigen Software program sind mitunter fließend.
Den Markt für Automobilsoftware sehen Experten in den nächsten Jahren im Milliardenbereich. Bosch rechnet bis 2030 jährlich mit einem zweistelligen Wachstum. Auch die Konkurrenten Continental und ZF investieren stark in den Bereich.
Bosch verfügt insgesamt über eine Armada von Softwareentwicklern, die allein im vergangenen Jahr um zehn Prozent auf 34.000 Personen aufgestockt wurde. Seit Jahresanfang hat der schwäbische Stiftungskonzern im neuen Geschäftsbereich Cross-Area Computing Options insgesamt 17.000 Mitarbeiter mit Spezialauftrag Zentralcomputer, Fahrerassistenz und Infotainment zusammengefasst.
Auch aus diesem Pool kommen einige Hundert Mitarbeiter zu der neuen Spezialeinheit unter dem Dach der Etas. „Vehicle Softwareentwicklung ist eine Kernkompetenz von Bosch“, betont Hartung.
Bosch und Continental suchen die Nähe zu VW
Mithilfe der neuen Einheit dürfte sich Bosch auch als potenzieller Accomplice von Volkswagen bei der Softwareentwicklung anbieten. Dirk Hilgenberg, Chef der VW-Softwareeinheit Cariad, will die Autozulieferer bei der Entwicklung des markenübergreifenden Betriebssystems VW.OS enger an sich binden. Allerdings mit einer Einschränkung: Nicht mehr die Zulieferer sollen die Softwareentwicklung diktieren, wie es in der Zeit der Steuergeräte üblich conflict, sondern VW selbst.
„Da gibt es nur zwei Wege: Entweder er geht eine Partnerschaft mit uns ein, oder er kommt für uns als Zulieferer nicht infrage“, sagte Hilgenberg Anfang September dem Handelsblatt. Gespräche mit den Zulieferern liefen bereits. „Es ist jetzt eine heiße Section, weil sich entscheidet, mit welchen strategischen Partnern wir künftig zusammenarbeiten werden.“
Auch Continental sucht die Nähe zu VW. Der Bosch-Konkurrent beliefert den Autobauer bei der ID-Reihe bereits mit zentralen Rechnereinheiten samt Software program. Der neue Technikchef Gilles Mabire soll sich beinah täglich im Austausch mit Cariad befinden. In Ingolstadt, einem Standort der VW-Softwareeinheit, trennt nur ein Stockwerk die Büros von Cariad und Continental.
Die Zulieferer scheinen sich mit der neuen Artwork der Zusammenarbeit zu arrangieren. Bosch und Continental konzentrieren sich dabei vor allem auf die Software program-Grundlagen für ein Auto-Betriebssystem. Im übertragenen Sinne entwickeln die Zulieferer die graue Legoplatte, additionally Basissoftware und Middleware, auf der die Autohersteller ihre bunten Legoklötzchen, sprich ihre Anwendungen, aufsetzen können.
Die unterste Schicht bildet die sogenannte Systemsoftware. Sie steuert sämtliche Abläufe in einer Rechnereinheit und ist somit Bindeglied zwischen Exhausting- und Software program. Darauf bauen die Basissoftware und die sogenannte Middleware auf. Diese stellt die reibungslose Kommunikation zwischen verschiedenen Programmen her.
Ganz oben thront die Anwendungssoftware, der sichtbare Teil für den Kunden. Solche Anwendungen können beispielsweise Navigationsfunktionen sein, Sprachassistenten oder automatisierte Fahrfunktionen.
VW ist dabei auf die Unterstützung der beiden größten deutschen Autozulieferer angewiesen. Und auch ZF, der drittgrößte deutsche Autozulieferer, spielt mit und hat seine Softwareleute seit Jahresbeginn zusammengeschlossen. ZF setzt dabei auf Kooperationen. Erst im Oktober beschloss der Konzern, zusammen mit dem indischen Spezialisten KPIT ebenfalls eine „branchenführende Middleware-Lösung“ zu bauen.
Hoher Zeitdruck für die Autobauer
Verschiedene Optionen können den Wolfsburgern nur recht sein. Denn auf dem Autobauer lastet ein immenser Zeitdruck. Die Konkurrenz ist VW bei der Softwareentwicklung enteilt. Tesla ist Vorreiter und bietet seinen Kunden bereits ein updatefähiges Betriebssystem. Google hat mit Android Automotive, einem fortschrittlichen Infotainmentsystem, bereits zahlreiche Autohersteller an sich gebunden, unter anderem Volvo, Nissan, Basic Motors und Ford. Und chinesische Autohersteller wie Nio oder Xpeng haben nach dem Vorbild von Tesla ihre Fahrzeuge von der Software program her entwickelt.
Volkswagen-Chef Herbert Diess hat die China-Konkurrenz bereits in Augenschein genommen und conflict nachhaltig beeindruckt. „Ralf Brandstätter und ich haben in den vergangenen Wochen einige Autos aus China getestet. Wir müssen gestehen: Sie sind richtig intestine“, sagte Diess auf einer Betriebsversammlung Anfang November und warnte vor den neuen Wettbewerbern. „Apple, Google oder Foxconn kommen mit viel Kapital und Kompetenz bei Software program und Elektronik.“
Mit der Tochter Cariad will VW den Rückstand wettmachen. Dabei investiert der Autobauer viel Geld: Jedes Jahr stehen der Softwareeinheit rund 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Ziel: Bis 2024 will Volkswagen nach dem Vorbild von Tesla ein einheitliches Betriebssystem entwickeln, auf das alle Marken im Konzern zurückgreifen. Updates und kostenpflichtige Softwareverbesserungen, die Autofahrer sich wie bei einem Smartphone als App herunterladen können, sollen mithilfe des Betriebssystems möglich werden.
Das Downside: Die Entwicklung kommt nur schleppend voran. „Aus unserer Sicht könnte Cariad eine höhere Geschwindigkeit haben“, kritisierte Betriebsratschefin Daniela Cavallo zuletzt im Gespräch mit dem Handelsblatt. In Konzernkreisen heißt es, dass der Zeitplan nicht mehr einzuhalten sei. Statt 2024 droht das Betriebssystem frühestens 2025 fertig zu werden.
Intestine möglich, dass aus dieser Not heraus der Anteil der Autozulieferer eher steigt als fällt. „Wir bieten für die Kunden ein ganzheitliches Angebot, um softwaredefinierte Fahrzeuge zu realisieren“, sagt Etas-Chef Christoph Hartung, der zufällig den gleichen Nachnamen hat wie der designierte Bosch-Chef Stefan Hartung. Der Etas-Chef weiß, was VW braucht. Er kam erst vor zwei Jahren von Volkswagen zu Bosch.
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