Rheumatische Erkrankungen können schleichend beginnen. Die ersten Symptome, wie Müdigkeit und Erschöpfung, sind unspezifisch und werden oft übersehen.
Rund 100 verschiedene Erkrankungen des Bewegungsapparates, entzündliche Erkrankungen des Bindegewebes (Kollagenosen) und der Blutgefäße (Vaskulitiden) sowie seltene entzündliche Erkrankungen des Immunsystems fallen unter den Begriff „Rheuma“.
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. sind in Deutschland etwa 20 Millionen Menschen von einer verschleißbedingten oder entzündlichen rheumatischen Erkrankung betroffen. Das ist jede vierte Person. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.
Wird umgangssprachlich von Rheuma gesprochen, ist meist die sogenannte rheumatoide Arthritis gemeint. Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste rheumatisch-entzündliche Gelenkerkrankung und gehört zu den Autoimmunerkrankungen.
Das heißt, das Immunsystem richtet sich fälschlicherweise gegen den eigenen Körper und verursacht dauerhafte Entzündungen in verschiedenen Gelenken. Die Entzündungsprozesse werden oft von einem allgemeinen Schwächegefühl, Abgeschlagenheit und Erschöpfung begleitet.
Erschöpft und kraftlos: Was hinter der Fatigue steckt
Da Rheuma den gesamten Körper betrifft, gehören bleierne Müdigkeit, starke Erschöpfung und Schwäche bei vielen Betroffenen zu den Hauptsymptomen. Fachärzte sprechen von „Fatigue“. Für die Patientinnen und Patienten ist das eine starke Belastung und bedeutet ein Verlust an Lebensqualität.
Das Schlafbedürfnis ist erhöht, Konzentrationsschwierigkeiten können auftreten und Antriebslosigkeit den Tag bestimmen. Da die Fatigue oft den ganzen Tag anhalten kann und unvorhersehbar ist, empfinden die Betroffenen vielfach Gefühle wie Hilflosigkeit und Kontrollverlust.
Die genauen Ursachen der andauernden tiefen Müdigkeit sind noch nicht abschließend geklärt. Experten sehen unter anderem in einer hohen Krankheitsaktivität und den entzündlichen Reaktionen eine bedeutende Ursache.
„Mediziner haben in den vergangenen Jahren herausgefunden, dass vor allem die Entzündung eine große Rolle spielt – und zwar unabhängig von ihrer Ursache: Entzündungsfördernde Botenstoffe (Zytokine) verstärken die Müdigkeit“, erklärt Professor Stefan Schewe, internistischer Rheumatologe in München und Ebersberg sowie Vorstandsmitglied der Deutschen Rheuma-Liga e. V.
Die Erschöpfung kommt selten allein
Fatigue ist bei rheumatischen Erkrankungen zudem häufig von Schmerzen und Depressionen begleitet – was die bleierne Müdigkeit oft zusätzlich verstärkt. Auch verschiedene Rheuma-Medikamente können die Erschöpfung verstärken, ebenso Schlafstörungen. Andere Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Lungenerkrankungen können das Symptombild weiter intensivieren.
Schätzungen zufolge sind zwischen 40 und 80 Prozent der Betroffenen mit einer rheumatoiden Arthritis von Fatigue betroffen. „Neben dem Schmerz reduziert die abnorme Müdigkeit bei vielen betroffenen RA-Patienten die Lebensqualität stärker als beispielsweise die Gelenkschwellung“, erklärt Professor Klaus Krüger, internistischer Rheumatologe aus München und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V.
Verhaltenstherapie und Bewegung lindern Beschwerden
Für die Therapie der rheumabedingten Fatigue finden vor allem nicht-medikamentöse Behandlungen Anwendung. So kann für Rheuma-Patienten eine kognitive Verhaltenstherapie hilfreich sein.
Diese unterstützt die Betroffenen unter anderem dabei, die Fatigue anzunehmen, Bedürfnisse wahrzunehmen und Energien entsprechend einzuteilen. Auch bei einer vorliegenden Depression und für den Umgang mit Schmerzen kann eine Psychotherapie unterstützen.
Erwiesenermaßen effektiv ist regelmäßige körperliche Aktivität. „Jede Form der Betätigung vom einfachen Spazierengehen über Schwimmen oder Radfahren bis zum Fitnesstraining im Sportstudio – sofern es die Grunderkrankung zulässt – ist dabei erfolgreich“, so Krüger.
„Wichtig ist es, ein solches Training vorsichtig zu beginnen, langsam zu steigern und vor allem regelmäßig durchzuführen.“ Zudem ist es wichtig, neben einer gut eingestellten antientzündlichen Therapie der rheumatischen Erkrankung auch möglicherweise vorliegende Grunderkrankungen zu behandeln.