Dass die Festnahme der seit 30 Jahren gesuchten mutmaßlichen Ex-Terroristin und Räuberin Klette ein Erfolg für das LKA Niedersachsen war, ist unstrittig. Anscheinend lief aber nicht alles so glatt.
Kurz vor ihrer Verhaftung in Berlin soll die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette nach übereinstimmenden Medienberichten noch von ihrer Wohnung aus ihren früheren Komplizen Burkhard Garweg gewarnt haben. Danach soll Klette eine Sim-Karte aus ihrem Handy in der Toilette heruntergespült haben. Das berichteten der Sender ntv, das Magazin „Spiegel“ und die „Bild“-Zeitung. An dem Vorgehen der Einsatzkräfte aus Niedersachsen bei der Festnahme wurde von Berliner Kollegen heftige Kritik geübt.
Wie sich der Vorfall am 26. Februar im Stadtteil Kreuzberg genau abspielte und wie es zu der möglichen Panne kam, ist unklar. Die Polizeibehörden in Niedersachsen und Berlin bestätigten die Berichte nicht, wiesen sie aber auch nicht zurück.
Nach den Berichten sollen die Polizisten Klette (65) erlaubt haben, in ihrer Wohnung noch die Toilette zu benutzen. Klette soll eine Nachricht an Garweg geschickt haben, dem Sinn nach: Sie haben mich. Im Anschluss soll sie die Sim-Karte in die Toilette geworfen haben. Das Handy von Garweg soll danach nicht mehr benutzt worden sein.
Vorwürfe an die Einsatzkräfte aus Niedersachsen
Verantwortlich für diesen Einsatz waren sogenannte Zielfahnder des LKA Niedersachsen. Aus Polizeikreisen in Berlin war zu hören, dass diese mit einem Foto von Klette die Nachbarschaft befragt hätten. Als ihnen dann ein Hinweis zu der Wohnung gegeben worden sei, hätten sie einen Berliner Streifenwagen zur Unterstützung angefordert. In der Wohnung von Klette und im Gespräch mit ihr seien aber nur die Fahnder aus Niedersachsen gewesen, die Streifenpolizisten standen vor der Wohnung, wird in Berlin betont.
Kritik auch von der Berliner Gewerkschaft der Polizei
Das Landeskriminalamt Niedersachsen, das für die Fahndung nach Klette, Garweg und den dritten gesuchten ehemaligen RAF-Terroristen, Ernst-Volker Staub, zuständig ist, bestätigte knapp: „Die Planung und Durchführung der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Festnahme von Daniela Klette lagen beim LKA Niedersachsen. Die Polizei Berlin war zur Unterstützung des LKA Niedersachsen im Einsatz.“
Die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die Kollegen in Niedersachsen in ungewöhnlich scharfer Form und warf ihnen Profilierungswünsche vor. „Unsere Fragezeichen werden immer größer und es ist klar, dass das federführende LKA Niedersachsen diesen Einsatz selbstkritisch aufarbeiten muss. In Anbetracht dessen, was bei Frau Klette alles gefunden wurde, ist es reines Glück, dass sie nicht mit der Panzerfaust hinter der Tür gewartet hat und keiner unserer Kollegen verletzt wurde.“
Hätte eine Spezialeinheit bei der Festnahme helfen sollen?
Offensichtlich sei von der Frau weiterhin große Gefahr ausgegangen, betonte die GdP weiter. „Genau für solche Festnahmen haben wir durchaus fähige Spezialeinheiten in der Hauptstadt, die dann auch dafür sorgen, dass eine RAF-Terroristin nicht mal eben noch einem Mitstreiter zur Flucht verhilft. Wer eine AK47 in der Wohnung hat, sollte keinen Finger mehr krümmen können, wenn die Polizei vorbeischaut.“ Die weitere Fahndung nach den beiden früheren RAF-Terroristen werde nur erfolgreich sein, „wenn losgelöst von eigenem Profilierungswunsch Informationen und Expertise gebündelt werden“.
Aus der Berliner Polizei war zu hören, dass auch dieser Vorfall ein Zeichen für die Alleingänge der Niedersachsen sei, die die Berliner Kollegen kaum informiert hätten. Abstimmungsprobleme zwischen dem LKA Niedersachsen und der Berliner Polizei hatte es auch nach der Festnahme von Klette gegeben.
„Ruckeleien“ zwischen den Behörden
Das LKA Niedersachsen warnte vor einem „Gefährdungspozential für die Bevölkerung“ in Berlin. Kurz darauf mussten die Niedersachsen nach Protesten aus Berlin klarstellen, „dass für die Stadt Berlin keine konkrete Gefährdungslage besteht“. Dass in Klettes Wohnung erst Tage nach ihrer Verhaftung diverse schwere Waffen gefunden worden, habe ebenfalls am Kompetenzgerangel gelegen, hieß es. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sprach später von „Ruckeleien“ zwischen den beiden Behörden.
Klette sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Nach Garweg wird mit aktuellen Fotos gefahndet. Er lebte in Berlin in einem Bauwagen, konnte aber fliehen, bevor die Polizei dort auftauchte. In seinem Wagen fand die Polizei Geräte zur Fälschung von Ausweisen.
Klette, Garweg und Staub waren vor mehr als 30 Jahren untergetaucht. Alle drei gehörten der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF) an, die bis 1991 zahlreiche Anschläge verübte und Menschen tötete.