Außenministerin Annalena Baerbock verpackt ihre Antworten bei „Caren Miosga“ betont diplomatisch. Erst als es um den Papst geht, wird sie deutlich.
„Für Frieden braucht es Stärke und Geschlossenheit“: Mit diesem Appell hat Außenministerin Annalena Baerbock am Sonntagabend bei „Caren Miosga“ einmal mehr dafür geworben, die Ukraine im Angriffskrieg Russlands weiter zu unterstützen.
- Annalena Baerbock, Außenministerin (Bündnis 90/Die Grünen)
- Michael Thumann, Leiter des Moskauer Büros der Wochenzeitung „Die Zeit“
- Minna Ålander, Politikwissenschaftlerin beim Finnish Institute of International Affairs (FIIA)
„Mit allem, was wir haben“, ohne dass Deutschland selbst Kriegspartei wird, führte die Grünen-Politikerin aus. In erste Linie bedeute das die Bereitstellung von Munition und Luftverteidigung.
Baerbock hält Ringtausch für möglich
Angesprochen auf Bundeskanzler Olaf Scholz‘ deutliche Absage an eine Lieferung von Taurus-Raketen erklärte Baerbock, dass sie bereits im Sommer gesagt habe, dass die Ukraine weitreichende Waffensysteme brauche. „In Klammern: auch Taurus.“
„Eine Option“ nannte die Außenministerin einen Ringtausch mit Großbritannien, wie ihn ihr Amtskollege David Cameron jüngst vorgeschlagen hatte. Über diese Möglichkeit sprächen sie und Scholz jedoch „gemeinsam vertraulich“, fügte Baerbock hinzu.
Bei einem Ringtausch würde Deutschland Marschflugkörper an die Briten liefern, die dann ihre Storm Shadow-Raketen in die Ukraine sendeten.
Miosga mit Gegenwind für Baerbock
Was sie denn von der Analyse halte, dass sich die SPD in der Taurus-Debatte bewusst als „Friedenspartei“ positioniere, weil ihr Innenpolitisches wichtiger sei als das, was auf dem Spiel steht, wenn Putin gewinnt, wollte Miosga von Baerbock wissen.
Die wollte darauf jedoch nicht antworten: „Da Putins Strategie nicht nur eine Zermürbungsstrategie ist, sondern Demokratien zu spalten, werde ich nicht die SPD kommentieren oder wie ihre Wahlkampfstrategie ist“, so Baerbock.
Betont diplomatisch reagierte die Außenministerin auch als Miosga sie auf Stimmen ansprach, die vorschlagen, Frankreich die Führungsrolle zu überlassen, weil Deutschland keine Taurus-Raketen liefern wolle. „Ganz diplomatisch: Nur gemeinsam sind wir stark“, so Baerbock. Miosga ließ das jedoch nicht so stehen.
Sie verwies darauf, dass die Bündnispartner in den letzten zwei Wochen „ein so wenig geschlossenes Bild“ abgegeben hätten. „Gerade auf der deutsch-französischen Achse.“ Damit spielte die Moderatorin vor allem auf die Unstimmigkeiten über einen möglichen Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine an, die Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron zuletzt öffentlich ausgetragen hatten.
Baerbock gesteht Problem ein
„Ja, es lief schon mal besser, das kann man glaube ich deutlich sagen“, räumte Baerbock ein. Sie nehme die Gelegenheit jedoch zum Anlass, an „all die guten Zeiten“ in den Monaten davor zu erinnern. Geschlossenheit ist „unsere Stärke“, erklärte Baerbock mit Blick auf die europäischen Partner. „Das hat Putin total unterschätzt.“
Eine Stärke erkannte sie auch angesprochen auf „undiplomatischen“ Äußerungen ihres Parteikollegen, Vize-Kanzler Robert Habeck. Der hatte am Freitag zum Thema Lösungskompetenzen in der Politik vor Studenten der New Yorker Columbia Universität gesagt: „Solve the fucking problems.“ (Deutsch: „Löst die Scheiß-Probleme.“)
In diesen Zeiten ist es „unsere gemeinsame Stärke“ mit unterschiedlichen Rollen spielen zu können, erklärte Baerbock angesichts der drastischen Wortwahl. Der Wirtschaftsminister habe es eben mal ein „bisschen deutlicher“ gemacht.
Kritik am Papst
Selbst deutlich wurde die Außenministerin am Sonntag, als es um Papst Franziskus ging. Der Pontifex hatte in einem am Wochenende veröffentlichten Interview des Schweizer Fernsehens zu Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg aufgerufen.
In der Ukraine und bei vielen Unterstützern wurde die Aussage als einseitiger Appell an Kiew verstanden. „Ich frage mich wirklich, was er sich dabei gedacht hat“, kritisierte Baerbock die Aussage des 87-Jährigen. Und fügte hinzu: „Ich versteh’s nicht.“