Am Montag begannen in Köln die Bauernproteste gegen die Sparpläne der Bundesregierung. Die Teilnehmer distanzierten sich von rechter Unterwanderung. Ein Beigeschmack blieb.
Der Acker liegt noch im tiefen Nebel, aber die gelben Warnleuchten der weit über hundert Traktoren leuchten durch ihn hindurch. Ein Bild, das es, ebenso wie die bundesweiten Proteste verschiedener Bauernverbände, nicht alle Tage gibt.
Montagmorgen kurz nach 9 Uhr in Köln: Bei leichten Minusgraden stehen viele Fahrer und Demoteilnehmer in Gummistiefeln hinter ihren Traktoren, um sich am Auspuff zu wärmen. Die meisten von ihnen sind abfahrbereit, rauchen noch eine Zigarette oder trinken schwarzen Kaffee aus Thermoskannen. Zwei Kolonnen fehlen allerdings noch, wird durch ein Megafon mitgeteilt. In Absprache mit der Kölner Polizei wird gewartet.
„Stirbt das Land, stirbt der Bauer“
Viele Protestierende haben für den heutigen Tag ihre Traktoren verziert und Plakate gebastelt: „Wir machen euch satt“ steht dort beispielsweise, oder „Bauer in Not, kein Brot.“ Ab und zu wird es politischer, ohne aber inhaltlich zu werden: „Weg mit der Ampel“ oder: „Zieht der Ampel den Stecker.“ Einem Teilnehmer ist seine Botschaft so wichtig, dass er sie mit weißer Farbe direkt auf seinen Schlepperreifen geschrieben hat: „Stirbt das Land, stirbt der Bauer“. Trotz frostiger Temperaturen ist die Stimmung unter den Demonstrationsteilnehmern gut. Man freue sich, jetzt gleich auch in Köln ein Zeichen zu setzen, sagt eine Gruppe Jungbauern.
Angesprochen auf die jüngste Attacke auf Vizekanzler Robert Habeck distanzieren sich die Teilnehmenden an diesem Morgen. „Gewalt geht gar nicht“, sagt Günther Hecke, der an diesem Morgen an der Demo teilnimmt. Er ist Landwirt aus Köln-Worringen und hier, um gegen die Sparmaßnahmen der Bundesregierung zu demonstrieren: „Speziell in Europa und Deutschland produzieren wir nach den höchsten sozialen Standards“ sagt er. „Wir wirtschaften auch in Wasserschutzgebieten.“
Die geplante Streichung von Vergünstigungen beim Agrardiesel und der Kraftfahrzeugsteuer seitens der Bundesregierung, um Löcher im Haushalt zu stopfen, ist für ihn ein Novum. „Diese Maßnahmen gefährden meine Existenz“, sagt der Landwirt. Auch hinsichtlich einer möglichen Unterwanderung durch Rechte auf der Demonstration hat Hecke eine klare Meinung: „Davon distanzieren wir uns hier.“ Und tatsächlich: An vielen Traktoren ist innen an der Scheibe ein Plakat mit der Aufschrift: „Landwirtschaft ist bunt, nicht braun“ befestigt – eine Initiative gegen eine befürchtete Unterwanderung der Bauernproteste von rechts.
Kruder Nationalstolz am Acker
Aber es sind nicht nur Landwirte, die sich an der Demonstration beteiligen. An einem weißen Opel-Van hat der Fahrer ein Plakat angebracht, an dem er mehrere Sachverhalte vermischt. „Deutschland, erwache …“ steht über den angeführten Themen. Neben einer durchgestrichenen Ampel, also Kritik an der Bundesregierung, geht es aber auch um Deutschland allgemein. „Statt Milliarden in alle Welt zu verschenken, fürs deutsche Volk die Steuern senken!“ wird hier gereimt. Kruder Nationalstolz am Acker. Eine unverständliche Gender-Kritik ist auch Teil seines Plakats. Er solidarisiere sich mit den Teilnehmern und sei deshalb hier, sagt der Demonstrant.
Schließlich geht es los. Gegen viertel nach 10 zieht der Konvoi über den Militärring in Richtung Kölner Innenstadt. Am Straßenrand gibt es teilweise Solidaritätsbekundungen von Passanten, die den Traktoren freundlich zuwinken, applaudieren oder ihren Daumen entgegenstrecken.
Drei junge Männer stehen am Straßenrand in Höhe der Straßenbahnhaltestelle Köln-Efferen, die an diesem Morgen aufgrund der Proteste nicht angefahren wird. Sie schwenken eine große Deutschlandfahne. „Find’ ich gut, dass die etwas gegen die Regierung machen“, sagt einer von ihnen, der seinen Namen nicht in diesem Text lesen möchte.
„Genau, es reicht mit der Ampel“, ergänzt einer der Begleiter. Die Gruppe ist heute kein Einzelfall. Am Straßenrand formieren sich immer wieder Kleinstgruppen mit Deutschlandfahnen, zumeist Männer, die ihre Solidarität bekunden. Stellt man diesen Jubel den gar nicht so selten verwendeten „Landwirtschaft ist bunt, nicht braun“-Plakaten an zahlreichen Traktoren gegenüber, hat diese Solidarität am späten Vormittag mindestens einen Beigeschmack.