Werk in Ludwigshafen
BASF könnte weitere Anlagen stilllegen
26.09.2024 – 16:48 UhrLesedauer: 3 Min.
Der Chemieriese leidet unter gestiegenen Energiepreisen und Kostendruck. Einige Anlagen wurden schon geschlossen, weitere könnten am größten Standort folgen.
Der Chemiekonzern BASF schließt eine mögliche Stilllegung weiterer Anlagen am Stammwerk Ludwigshafen nicht aus, setzt aber auch künftig auf seinen Heimatstandort am Rhein. „Weitere Maßnahmen zur Anpassung von Anlagen werden derzeit geprüft und soweit erforderlich schrittweise umgesetzt“, teilte Standortleiterin Katja Scharpwinkel mit, ohne Details zu nennen. Die Mehrzahl der Anlagen sei in ihren jeweiligen Märkten wettbewerbsfähig. „Unsere Ergebnisse zeigen aber auch, dass einzelne Anlagen und Produktionslinien aufgrund von mangelnder Wettbewerbsfähigkeit oder struktureller Unterauslastung keine ausreichenden Erträge mehr erzielen.“
Erste Maßnahmen seien bereits umgesetzt, etwa die Schließung der Anlagen für Adipinsäure, Cyclododecanon (CDon) und Cyclopentanon (CPon), die Ende August angekündigt worden seien. Zielsetzung für Ludwigshafen sei, „ein führender, nachhaltiger Chemiestandort für Europa und ein starker Eckpfeiler für den Erfolg von BASF“ zu sein.
Darüber hinaus werde der Konzern seine Strukturen außerhalb der Produktion in Ludwigshafen anpassen und die Kosten durch ein umfassendes Maßnahmenpaket erheblich senken, betonte Scharpwinkel. Wie bereits angekündigt, strebe BASF bis Ende 2026 jährlich fortlaufende Gesamteinsparungen von rund 2,1 Milliarden Euro an. „Der Standort Ludwigshafen wird schlanker, aber stärker sein. Er wird eine bessere Wettbewerbsposition auf dem europäischen Markt haben und mittel- und langfristig erfolgreich arbeiten können.“
Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt sagte, die aktuellen Entwicklungen bei BASF zeigten, wie herausfordernd die wirtschaftliche Lage in Deutschland sei. „Es ist ganz klar: Jede weitere Belastung für unsere Wirtschaft ist eine zu viel. Wir müssen Auflagen und Regelungen abbauen und erleichtern. Das gilt für alle politischen Ebenen – EU, Bund und Land“, sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. „Wir brauchen neben einem Bekenntnis, dass wir auch in Zukunft ein starker Industriestandort sein wollen, dringend auch einen „Industrial Deal“ auf europäischer Ebene.“
Alles, was die Wirtschaft jetzt zusätzlich belaste, die Wertschöpfung schmälere und sichere, gute Arbeitsplätze vernichte, müsse gestoppt werden, betonte Schmitt. „Gerade jetzt muss die Breite und Tiefe der industriellen Wertschöpfung am Standort Deutschland insgesamt gesichert werden.“ Die Folgen einer Energiepolitik auf Bundesebene, „die leider viel zu lange ohne mittel- und langfristige Strategie ausgerichtet war“, seien spürbar. „Der Standort Deutschland braucht hier eine verlässliche und für die energieintensiven Unternehmen finanzierbare Perspektive.“
Roland Strasser, Leiter des Landesbezirks Rheinland-Pfalz/ Saarland der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE), sagte, die Beschäftigten „des wichtigsten und größten“ Unternehmens in Rheinland-Pfalz sorgten sich nicht nur um ihre eigene Zukunft. „Sie fragen sich auch: Was passiert mit der Region? Welche Auswirkungen haben diese Entscheidungen auf die gesamte Wertschöpfungskette? Und: Entwickelt BASF sich zu einer Management-Holding?“
Strasser betonte: „Statt ständiger Ausgliederungen, Sparprogrammen und neuen Strategieausrichtungen braucht das Unternehmen einen mutigen, entschlossenen Plan nach vorne für die nachhaltige Chemie-Produktion von morgen.“
Die Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU) teilte mit, sie sorge sich um die Arbeitsplätze am gesamten rheinland-pfälzischen Industriestandort. „Akut müssen vor allem die Energiepreise weiter gesenkt werden“, sagte LVU-Hauptgeschäftsführer Karsten Tacke in Mainz. Hier sei man als überdurchschnittlich energieintensiver Industriestandort bei weitem noch nicht wieder wettbewerbsfähig. „Daneben wäre es höchste Zeit, den jahrelangen Versprechungen des Bürokratieabbaus endlich Taten folgen zu lassen.“
Tacke betonte, die Attraktivität des Standorts Rheinland-Pfalz werde nur dann wieder steigen, wenn Unternehmen schnell „von den vielen unnötigen Berichts- und Dokumentationspflichten befreit“ würden. Zudem sollten die Gesamtzahl der Ge- und Verbote dauerhaft reduziert werden und alle politischen Ebenen ernsthaft dafür Sorge tragen, dass die eigenen behördlichen Verfahren und Prozesse effizienter gestaltet würden.
Zur Unterstützung der ökologischen Transformationsprozesse forderte Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) Strukturhilfen – „sowohl für die Unternehmen als auch für die Kommunen“. Für die zweitgrößte Stadt in Rheinland-Pfalz sei es entscheidend, dass BASF die Transformation ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig gestalte. Keine Stadt könne die Folgen eines so tiefgreifenden wirtschaftlichen Wandels mit den strukturellen sozialen und finanziellen Auswirkungen allein bewältigen.
Die CDU-Opposition im Mainzer Landtag sprach von einem „bedrückenden Beleg, dass Deutschland längst in einer Standortkrise und nicht nur in einer Konjunkturkrise“ steckte. „Bei der Energiepolitik muss die Mainzer Ampel endlich ihren Einfluss im Bund geltend machen, um hier ein wettbewerbsfähiges Preisgefüge sicherzustellen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher Helmut Martin. „Die ideologisch motivierte Überforderung der deutschen Industrie muss ein Ende haben.“