München In der neuen digital vernetzten Vorzeigefabrik „Manufacturing unit 56“ von Mercedes sind Hunderte cellular Transportroboter unterwegs. Die autonomen Maschinen bringen in Sindelfingen zum Beispiel die Motoren und die Sitze für die neue S-Klasse zur Montage. Zusammenstöße gibt es nicht, die Roboter sind als Schwarm untereinander vernetzt.
„Es kann dem ganzen Markt einen Schub geben, wenn sich zeigt, dass so eine große Flotte reibungslos funktioniert“, sagt Michael Wolter, geschäftsführender Gesellschafter von Safelog. Der Roboterbauer hat allein für die „Manufacturing unit 56“ knapp 500 Roboter geliefert. Insgesamt hat Daimler weltweit rund 2500 Stück von Safelog im Einsatz.
Autonome Transportroboter konnten sich in der Industrie anfangs nur langsam durchsetzen. Die Preise waren hoch, die Einbindung in die Logistik- und Produktionsprozesse warfare schwierig.
Dass der Durchbruch später kommt, als manche gehofft hatten, liegt auch daran, dass erste Pilotprojekte von anderen Anbietern auch in der Autobranche gescheitert waren. „Die Anforderungen waren oft viel zu komplex“, sagt Wolter. Es seien für jedes Projekt hochkomplizierte Einzelanfertigungen konstruiert worden – die dann nur schwer in die Prozesse zu integrieren waren.
Das große Wachstum lockt Investoren an
Safelog dagegen ist dabei, die Fertigung mobiler Transportroboter zu industrialisieren. „Bei uns ist das nicht mehr ‚Jugend forscht‘, sondern Serienfertigung“, sagt Gesellschafter Wolter. Das Unternehmen kann im Ein-Schicht-Betrieb 2500 cellular Transportroboter im Jahr bauen. Alle Modelle basieren auf einer Plattform, die evolutionär weiterentwickelt wird.
Das Ergebnis ist eine Artwork Arbeitsesel – zuverlässig, aber ohne überflüssige technologische Spielereien zu Preisen zwischen etwa 20.000 und 50.000 Euro. „Die Maschinen müssen sich für den Kunden innerhalb von ein bis zwei Jahren amortisieren“, sagt Geschäftsführer Michael Reicheicher. „Sonst ergibt es keinen Sinn.“
Durch den Einstieg in die Großserienfertigung könnten autonome cellular Transportroboter nun in vielen großen Fabriken verstärkt genutzt werden. Beim weltweiten Robotik-Verband IFR erwartet man gar eine „cellular Revolution“. Der Absatz mobiler Transportroboter für die Logistik werde zwischen 2020 und 2023 um im Schnitt 31 Prozent im Jahr auf etwa 160.000 verkaufte Maschinen zulegen. „Wir erwarten in der nächsten Dekade aufregende Fortschritte“, sagte IFR-Präsident Milton Guerry. Die Roboter würden leichter und flexibler werden und zunehmend auch in Kontakt mit Menschen kommen.
Die hohen Wachstumszahlen machen die Branche auch für Investoren interessant. Laut den Marktforschern von Geek sammelten Hersteller mobiler Transportroboter im vergangenen Jahr weltweit rund 470 Millionen Greenback ein. In diesem Jahr dürfte es zwar einen Rückgang geben, doch das dürfte sich nach der Coronakrise rasch wieder ändern.
Auch strategische Investoren waren aktiv. So übernahm der Energie- und Automatisierungstechnikkonzern ABB den Anbieter Asti Mobile Robotics. Das zeigt, dass auch die traditionellen Hersteller von Industrierobotern das Section zunehmend ernst nehmen. Die installierte Foundation könnte laut Prognosen von LogisticsIQ von 64.000 mobilen Transportsystemen im vergangenen Jahr sogar auf 890.000 Einheiten im Jahr 2026 steigen.
Arculus entwickelt Roboter – und die Software program
Ein Downside warfare bislang, dass autonome Transportroboter oft schlecht in die Prozesse eingebunden sind. Es hilft oft nur bedingt, wenn die Maschinen zwar selbstständig durch die Hallen fahren, aber zum Beispiel per Hand be- und entladen werden müssen.
Genau hier setzt Arculus an, das gerade von Jungheinrich übernommen wurde. Bislang seien Einzelprozesse in der Fertigung stark automatisiert, sagte Arculus-Gründer Fabian Rusitschka. „Doch die Verkettung der Einzelschritte funktioniert nicht.“
Entscheidend sei es, den Produktions- und den Logistikfluss im gleichen System zusammenzuführen. Arculus entwickelt daher nicht nur Roboter, sondern auch die Software program, um diese zu steuern und in die Fertigungsprozesse einzubinden. Dabei hilft es, dass vielerorts das klassische Fließband durch modulare Inseln abgelöst wird, die von fahrerlosen Transportsystemen bedient werden können.
Den Development hat man auch bei Jungheinrich erkannt und deshalb das Münchener Begin-up übernommen. „Zusammen mit Arculus heben wir Wachstumssynergien in der automatisierten Logistik“, sagte Jungheinrich-Chef Lars Brzoska.
Die Einbindung von Robotern in die Intralogistikprozesse biete den Kunden „ein neues Stage an Flexibilität, Kontrolle und höherer Effizienz“. Jungheinrich hatte bereits zuvor eine Reihe von fahrerlosen Transportsystemen zum Beispiel für die Lagerhaltung im Portfolio.
Wie Safelog erfolgreich wurde
Safelog ist schon heute einer der großen Participant in der Branche. Der Umsatz des Unternehmens ist in den vergangenen Jahren laut Branchenschätzungen jeweils prozentual zweistellig gestiegen auf mehr als 34 Millionen Euro im Jahr 2021. Der Auftragseingang legte sogar um die Hälfte zu. „Das Wachstumstempo wollen wir in den nächsten Jahren beibehalten“, sagt Geschäftsführer Reicheicher. In diesem Jahr habe die Chip- und Materialknappheit noch gebremst, man habe aber eine Reihe großer neuer Kunden gewonnen.
Größere Stückzahlen an mobilen Transportrobotern dürfte vor allem Amazon bislang gebaut haben. Der Versandhändler setzt in seinen Versandlagern Zehntausende Roboter ein. Die Amerikaner hatten 2012 für 775 Millionen Greenback den Lagerroboterhersteller Kiva Methods übernommen. Die Roboter setzt Amazon aber ausschließlich bei sich selbst ein, sie sind additionally keine Konkurrenz für Safelog.
Gründer Wolter hatte einst eine Feinmechanikerlehre gemacht und nach diversen Berufsstationen im Elektronikbereich für die Deutsche Systemtechnik (DST) gearbeitet, eine abgespaltene Rüstungssparte von Philips. Als diese bancrupt ging, warfare der heute 72-Jährige gerade mit einem wichtigen Auftrag für die Automotive-Prüfstände beschäftigt. Es gelang ihm, diese Abteilung aus der Insolvenz heraus zu übernehmen und fortzuführen.
Safelog erzielte schnell Erfolge mit sensorgestützten Systemen für die Kommissionierung. Wolter entwickelte ein patentgeschütztes Decide-by-Mild-System, das mithilfe eines Laserscanners kontrolliert, ob ein Mitarbeiter das richtige Teil aus dem Regel nimmt. Das Regalfach wird dabei durch eine optische Fachanzeige gekennzeichnet.
Daraus entstand in der Folge der Beamerwagen, ein selbst fahrender automatischer „Einkaufswagen“ für die Kommissionierung, der selbstständig zu den richtigen Arbeitspositionen fährt. Dabei zeigt ein Lichtspot an, in welches Fach der Mitarbeiter als nächstes greifen muss. Viele dieser Decide-by-Mild-Kommissionieranlagen sind auch bei Daimler aktiv.
Von da aus warfare es dann nur noch ein Schritt zu einer Plattform für fahrerlose Transportsysteme. Inzwischen produziert Safelog in der vierten Gerätegeneration cellular Roboter. Diese sind in der Lage, völlig unterschiedliche Transportaufgaben zu übernehmen. Nun, da die fahrerlosen Transportsysteme in großen Stückzahlen standardisiert hergestellt werden, könnten sie immer mehr Fabriken in der Welt erobern. Nach einem Jahr Erfahrung in der „Manufacturing unit 56“ hat Daimler, so ist zu hören, jetzt auch für die Produktion der E-Klasse diese Transportroboter geordert.
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