Brüssel, Paris Eine entscheidende Mission von Annalena Baerbock wird es sein, einen Klimaklub mit den USA und einigen anderen Staaten zu gründen, die beim Klimaschutz Ernst machen. Daher hat sie darauf gedrungen, die Zuständigkeit für Klimadiplomatie vom Umwelt- in das Außenministerium zu holen.
Und schon bei ihrer ersten Reise hat sie die Gelegenheit, sich mit dem wichtigsten Gesprächspartner in dieser Sache zu treffen, erfuhr das Handelsblatt: John Kerry, einst US-Außenminister, jetzt Klimagesandter der Regierung von Joe Biden, kam zufällig zeitgleich mit Baerbock nach Brüssel, wo er sich am Donnerstag auch mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen traf.
Der Klimaklub soll verhindern, dass der Handel zwischen EU und USA leidet, wenn die Europäer klimaschädliche Importe verteuern. Ein entsprechendes Projekt, den CO2-Grenzausgleich, will die französische Regierung im kommenden Halbjahr vorantreiben, wenn sie die Ratspräsidentschaft der EU innehat.
Der Grenzausgleich ist eine Abgabe auf Importe von CO2-intensiven Gütern. Er soll das Abwandern von Industriezweigen aus der EU verhindern, wenn innerhalb der EU die Preise für CO2-Ausstoß steigen.
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Darüber sprach Baerbock auch mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian, den sie vor ihren Terminen in Brüssel in Paris traf. Danach betonte Baerbock die Gemeinsamkeiten mit den Franzosen bei diesem Projekt.
Kritische Worte, aber möglichst keine politischen Differenzen
Die Idee eines Klimaklubs ist es, bestimmte Staaten von der Grenzabgabe auszunehmen, wenn in diesen Ländern eine ähnlich ambitionierte Klimapolitik betrieben wird. Damit das funktioniert, müssten sich die Europäer mit den USA einigen und dann gemeinsam China einbeziehen.
Drängender ist allerdings erst einmal die russische Aggression gegenüber der Ukraine. Sie sei bereit, sich in dieser Sache persönlich und tiefgehend zu engagieren, sagte Baerbock in Paris.
Außerdem gibt es Druck, die Olympischen Spiele 2022 in Peking diplomatisch zu boykottieren. Baerbock und Le Drian wollen sich dazu mit anderen europäischen Staaten abstimmen. Baerbock sprach in diesem Zusammenhang auch über die Tennisspielerin Peng Shuai, die im Web von sexuellen Übergriffen eines chinesischen Politikers berichtet hatte. Nun gibt es den Verdacht, sie werde deswegen von den Behörden festgehalten.
„Wenn eine Frau solche Vorwürfe erhebt, dann muss das auch im internationalen Kontext Gehör finden“, sagte die Außenministerin.
Politische Differenzen versuchte die Grünen-Politikerin aber geschickt zu umschiffen. Zum deutsch-französischen Streit um die Aufnahme der Atomkraft als nachhaltige Energie in die neuen EU-Investitionsregeln sagte sie lediglich, dass man bei der sogenannten Taxonomie „auf allen Ebenen“ im Gespräch sei. „Dass wir zur Frage Nuklear unterschiedliche Positionen haben, ist ja bekannt.“
Fortsetzung der vertrauensvollen deutsch-französischen Beziehung
Der französische Außenminister Le Drian und auch der Hohe Beauftragte für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Josep Borell, drückten ihre Freude über den frühen Besuch Baerbocks aus. Le Drian wolle „mit Annalena“ die vertrauensvolle Beziehung fortführen, die er mit ihrem Vorgänger Heiko Maas (SPD) gehabt habe.
Die Beziehung der beiden Außenminister sei „ein bisschen der Schatz der deutsch-französischen Beziehung im Dienste Europas“.
Baerbock wies darauf hin, dass sie mit den beiden Politikern in den kommenden Tagen mehr Zeit verbringen werde als mit Olaf Scholz oder Robert Habeck. Denn nach einem Abstecher nach Warschau wird Baerbock in Liverpool zum Außenministertreffen der G7 erwartet, am Montag dann zum EU-Außenministertreffen wieder in Brüssel.
Während sie in Brüssel vor schmuckloser Kulisse auftrat, sprach sie in Paris im prunkvollen Pressesaal des Außenministeriums. „Was gibt es Schöneres für eine Außenministerin, als am ersten Morgen im neuen Amt in Paris zu sein“, sagte sie vor den goldverzierten Wänden und dankte „Jean-Yves“ für den freundlichen Empfang. „Deutschland hat keinen engeren Freund als Frankreich“, sagte sie.
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