Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, Mitte), Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, wollen beim kommenden Treffen am Mittwoch einen Öffnungsplan beschließen.
(Foto: dpa)
Als Corona vor zwei Jahren Deutschland erreichte, reagierte die Politik zügig und hatte dabei die überwältigende Mehrheit der Bürger hinter sich. Angesichts der Ungewissheit über das neue Virus fuhren Bund und Länder das öffentliche Leben herunter, so wie es zuvor Nachbarstaaten vorgemacht hatten.
Die Bevölkerung zog mit – dafür hatten nicht zuletzt die bedrückenden Bilder aus Italien gesorgt, auf denen Särge in Lastwagen abtransportiert wurden.
Zwei Jahre später geht es nun um das Wiederhochfahren des Landes, um die Rückkehr zur Normalität. Das Erstaunliche ist: Hierbei tut sich Deutschland deutlich schwerer.
Während seit einigen Wochen ein Land nach dem anderen die Beschränkungen abschafft, wollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten am Mittwoch auf dem Corona-Gipfel einen Stufenplan für Öffnungen beschließen, bei dem aber noch vieles im Vagen bleibt.
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Von der einstigen gesellschaftlichen Geschlossenheit ist derweil nicht mehr viel übrig. Es tobt eine zunehmend erbittert geführte Auseinandersetzung zwischen denen, die jede Lockerung für unverantwortlich halten, und jenen, die alles, was nicht auf die sofortige Abschaffung der Maskenpflicht hinausläuft, als staatliche Gängelung empfinden.
Großes Kommunikationsdefizit bei Scholz
Dies ist auch Folge eines schwerfälligen und verzagten Pandemiemanagements von Bund und Ländern, das viele orientierungslos zurücklässt.
Struggle schon Angela Merkel zu sparsam mit Erklärungen ihrer Coronapolitik, ist dieses Kommunikationsdefizit unter Scholz noch größer geworden. Der Kanzler hat den Bürgern bisher nicht ausreichend vermittelt, warum Omikron die Spielregeln der Pandemie geändert hat, und was das für die Schutzmaßnahmen und den Weg in die Normalität bedeutet.
Sein Gesundheitsminister Karl Lauterbach wirkt zunehmend überfordert. Wenn Bund und Länder das tun, wovor Lauterbach noch kurz zuvor in einem seiner zahlreichen Talkshowauftritte alarmistisch warnte, trägt nicht zur Vertrauensbildung bei.
Bei der Opposition sucht man ebenfalls vergebens nach Orientierung: Führende Unionspolitiker forderten noch vor Weihnachten vehement einen sofortigen Lockdown, während sie sich nun aufmachen an die Spitze der Lockerungsbewegung. Auf eine Erklärung dieses Kursschwenks wartet die Öffentlichkeit noch.
German Angst: Der Weg zur Normalität ist versperrt.
(Foto: Burkhard Mohr)
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Unverhältnismäßige Einschränkungen
Vielmehr haben Bund und Länder eine heimliche Neujustierung vorgenommen, aber nicht den Mut aufgebraucht, dieses auch klar zu kommunizieren. Die Politik will Infektionen nicht mehr um jeden Preis verhindern, so wie in den ersten Wellen.
Dies deckt sich mit dem Vorgehen anderer Länder und der Empfehlung vieler Wissenschaftler. Schließlich ist die Omikron-Variante ansteckender, was Eindämmungen schwieriger macht. Hinzu kommt, dass die Kollateralschäden möglicher Schutzmaßnahmen nun schwerer wiegen, weil Omikron eben mildere Krankheitsverläufe verursacht.
Die mangelhafte Vermittlung dieser Abwägungen führt dazu, dass die Neujustierung der Coronapolitik für viele schwer nachvollziehbar ist. Notwendig bleibt sie trotzdem. Denn was wäre die Different?
Wer die Gesellschaft unter den derzeitigen Bedingungen – bei denen auch die Krankenhausgesellschaften sagen, es drohe keine Überlastung des Gesundheitswesens – nicht in die Normalität führen will, wird das so schnell gar nicht mehr tun können.
Ein solcher Kurs der mit immer neuen Begründungen fortgesetzten Einschränkungen aber wäre unverhältnismäßig. Und er würde schnell Gefahr laufen, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu verlieren. In den vergangenen zwei Jahren wurde der Politik oft vorgehalten, sie habe zu spät auf die Coronaentwicklungen reagiert.
Diesen Fehler sollte sie nun bei der Öffnungsstrategie nicht erneut machen.
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