Tokio, New York Die neue Handelswoche an den globalen Börsen startet in Tokio mit Zurückhaltung. Trotz der harten Sanktionen, die die USA und die EU am Wochenende beschlossen hatten, vermieden die Anleger einen Ausverkauf. Stattdessen reagierten die Börsen „beeindruckend resilient“ wie Jeffrey Halley, Asien-Analyst beim On-line-Devisenhändler Oanda meint.
Ein Grund ist für Halley, dass die Swift-Sanktionen eine Tür für Öl- und Gaslieferungen offenlassen. Doch vor allem in Japan und Südkorea warten die Anleger ab, was die von Russland und der Ukraine angekündigten Gespräche ergeben, die am Montagmorgen an der weißrussischen Grenze stattfinden sollen. Moskau hat derweil seinen Börsenstart verschoben, auf 13 Uhr mitteleuropäischer Zeit.
Der japanische Leitindex Nikkei lag während des Morgenhandels zeitweise sogar im Plus und ging schließlich mit 26.393 Punkten und 0,3 Prozent unter dem Schlusskurs vom Freitag in die Mittagspause. Der breiter gewichtete Topix-Index lag 0,02 im Minus, Südkoreas Kospi-Index sogar 0,2 Prozent im Plus.
Stärker von China abhängige Märkte drehten allerdings nach verhaltenem Beginn stärker ins Minus. Der Shanghai Composite Index lag um 10:30 Uhr Ortszeit 0,1 Prozent im Minus, der Hongkonger Hangseng-Index 0,8 Prozent tiefer und der singapurische Straits-Occasions-Index ein Prozent.
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Marktteilnehmer sehen in den verhaltenen Reaktionen der Börsen in Tokio und Seoul allerdings keine Wende, sondern lediglich eine Lauerstellung. Er wolle abwarten, wohin die Gespräche zwischen den Kriegsparteien führen, erklärte Hiroyuki Fukunaga, CEO von Investlast, einem Anbieter eines Trustfonds, in der japanischen Zeitung Nikkei.
Futures an US-Märkten brechen ein
Wenn die State of affairs allerdings wieder eskaliere, beispielsweise wenn Russland weitere Gegenmaßnahmen gegen die zusätzlichen Wirtschaftssanktionen aus Europa ergreift, erwartet Fukunaga Verluste.
Die beispiellosen Sanktionen gegen das russische Finanzsystem sorgten in der Nacht zum Montag bereits für drastische Reaktionen an den Märkten: Die Futures auf den S&P 500 fielen um 2,4 Prozent, die der Technologiebörse Nasdaq gaben um 2,7 Prozent nach.
Am Wochenende hatten die USA, EU, Kanada, Großbritannien und Japan beschlossen, bestimmte russische Banken vom internationalen Zahlungssystem Swift auszuschließen. Auch die russische Zentralbank soll mit Sanktionen belegt werden. „Das ist vermutlich der Schritt, der im internationalen Finanzsystem am meisten Schmerzen verursacht“, sagte Josh Lipsky von der Denkfabrik Atlantic Council. Noch nie seien gegen eine Notenbank der 20 größten Industrienationen (G20) Sanktionen verhängt worden. Elina Ribakova, stellvertretende Chefökonomin am Institute of Worldwide Finance hält einem Zusammenbruch des russischen Finanzsystems für möglich.
Devisenmärkte: Rubel verliert ein Viertel seines Wertes
An den Devisenmärkten geriet der Rubel wegen der Finanzsanktionen unter Druck. Anleger befürchten einen Ansturm auf die Banken und so einen Absturz der russischen Währung: Teil des jüngsten Sanktionspakets des Westen ist auch der Ausschluss vieler russischer Banken aus dem Finanzsystem Swift, sowie Maßnahmen die die russische Zentralbank treffen.
Die russische Währung verlor am Montagmorgen rund ein Viertel ihres Wertes. Für einen Greenback mussten 105,27 Rubel gezahlt werden. Am Freitagabend waren es noch rund 84 Rubel gewesen. Außerdem wurden Guthaben der russischen Zentralbank eingefroren, die mehr als 600 Milliarden Greenback als Reserven hält. Das behindert Stützungkäufe, die den Rubelkurs stabilisieren könnten.
Russlands Zentralbank will mit weiteren Maßnahmen dem heimischen Finanzsystem unter die Arme greifen. So wurde es Wertpapierhändlern untersagt, russische Wertpapiere im Besitz von Ausländern zu verkaufen, wie die Financial institution am Montagmorgen mitteilte. Mit Kapitalspritzen und Fremdwährungsgeschäften sollen zudem heimische Geldinstitute gestützt werden.
In Japan setzen einige On-line-Devisenhandelsplattformen, über die viele Privatanleger mit Währungen handeln, den Rubel-Yen-Handel bereits aus. Der offizielle Wechselkurs der russischen Währung zum Yen bewegte sich bisher hingegen kaum.
Auch bei anderen Währungen fielen die Schwankungen gering aus. Zwar eröffnete der Greenback in Tokio deutlich schwächer. Um 11:14 Ortszeit lag der Kurs mit 115,48 0,18 Prozent jedoch höher als zuletzt. Der Euro verlor bis dahin 0,23 Prozent gegenüber dem Yen, aber 0,41 Prozent gegenüber dem Greenback. Der Euro wurde um die Zeit mit 1,11 Greenback gehandelt.
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„Die geopolitischen Entwicklungen sind sehr im Fluss und haben das Potenzial, kurzfristig hohe Volatilität an den Finanzmärkten herbeizuführen“, warnte Ebrahim Rahbari, Währungsstratege der Citigroup am Sonntag. Wie lange diese sogenannte „Danger-Off“-Part anhalten könnte, hänge von den politischen Entwicklungen ab.
Der Swift-Ausschluss russischer Banken könnte zu verpassten Zahlungen und Kontoüberziehungen im internationalen Bankensystem führen und die Notenbanken veranlassen, die Märkte mit frischer Liquidität zu versorgen. Das geht aus einer Analyse von Credit-Suisse-Stratege Zoltan Pozsar hervor. „Zentralbanken sollten darauf vorbereitet sein, am Montag als Marketmaker einzuspringen“, schrieb er.
Die Fed wollte eigentlich im März mit dem Abbau der Bilanzsumme beginnen und könnte nun gezwungen sein, sie im Zuge des Ukraine-Krieges zu erweitern. Jerome Powell, der Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wird am Mittwoch und Donnerstag planmäßig vor dem US-Kongress aussagen. Die nächste Fed-Sitzung ist für Mitte März angesetzt. Dann wollen die Notenbanker auch zum ersten Mal seit der Pandemie den Leitzins anheben.
Rohstoffmärkte: Der Ölpreis steigt
Die Ölpreise haben am Montag nach einer weiteren Eskalation des Ukraine-Kriegs kräftig angezogen. So kletterte der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent über die Marke von 100 Greenback, nachdem er am Freitag unter diesen Wert gefallen battle. Zuletzt kostete Brent 103,15 Greenback und damit rund 5 Prozent mehr. Am Freitag waren die Preise wegen der vagen Hoffnung auf Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine etwas unter Druck geraten.
Der Goldpreis stieg im frühen asiatischen Handel um bis zu 2,2 Prozent auf 1930,85 Greenback professional Feinunze. Kryptowährungen gaben nach. Marktführer Bitcoin lag 1,7 Prozent im Minus und kostete 37.782 Greenback. Ether, die zweitgrößte Kryptowährung notierte 3,6 Prozent schwächer, bei 2.625 Greenback.
Der Krieg „wird die Energiepreise vermutlich deutlich steigen lassen, was zu sofortigen inflationären Effekten führt und die Weltwirtschaft ausbremsen wird“, schrieb Silvia Dall’Angelo, Ökonomin beim Vermögensverwalter Federated Hermes. Das erhöhe das Risiko „dass den Notenbanken Fehler unterlaufen.“
Mit Agenturmaterial