Unternehmer warnen vor der AfD, ein Arzt will Mitglieder nicht behandeln: Der Umgang mit der Partei im Alltag ist umstritten. Ein Jurist erklärt, welche Maßnahmen im Arbeitskontext erlaubt sind.
t-online: Der Unternehmer Reinhold Würth warnt seine Mitarbeiter davor, die AfD zu wählen: Darf ein Arbeitgeber gegenüber seinen Angestellten eine Wahlempfehlung aussprechen?
Alexander Bredereck: Es kommt immer darauf an, wer der Arbeitgeber ist. Bei der SPD-Bundestagsfraktion ist es natürlich kein Problem, wenn eine Wahlempfehlung für die SPD ausgesprochen wird. Aber auch bei Herrn Würth sehe ich überhaupt kein Problem. Selbstverständlich gelten nämlich auch für den Arbeitgeber alle Grundrechte: Er kann eine Meinung haben und sie auch kundtun. Da ist aus meiner Sicht immer die Frage zu stellen: Was kann denn der Arbeitnehmer dagegen tun? Und da wird sehr schnell deutlich: Allzu viel ist da nicht zu machen. Diese Äußerungen mit einer Unterlassungsklage verbieten zu lassen, hätte keinen Erfolg. Ich sehe aus arbeitsrechtlicher Sicht darin also kein Problem.
Wo würde Reinhold Würth denn eine Grenze überschreiten?
Die Grenzen wären erreicht, wenn er gezielt gegen AfD-Wähler im Unternehmen vorgeht. Wenn er jetzt sagen würde: Alle Mitarbeiter bekommen eine 100-Euro-Prämie, bis auf die AfD-Wähler. Das wäre dann eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung oder auch eine diskriminierende Ungleichbehandlung.
Zur Person
Alexander Bredereck ist Mitinhaber der Kanzlei Bredereck Willkomm in Berlin und Potsdam. Er ist Fachanwalt für Arbeits- und Mietrecht und beschäftigt sich häufig mit dem Umgang mit der AfD im Arbeitsumfeld.
Es ist also in Ordnung, wenn ein Vorgesetzter politische Empfehlungen gibt, aber unzulässig, wenn er Mitarbeiter wegen politischen Positionen anders behandelt. Wie verhält es sich, wenn er wissen will, was seine Angestellten wählen?
Hier geht es um Diskriminierungsverbote. Da gibt es Fragen, bei denen der Arbeitgeber diskriminieren würde und die deswegen unzulässig sind – etwa die nach der politischen Ausrichtung. Bei solchen Fragen darf der Arbeitnehmer sogar lügen. Er darf sagen: ‚Ich wähle die Grünen‘, auch wenn er eigentlich AfD wählt. Auch für Fragen jenseits der Diskriminierung braucht es einen berechtigten Grund und vor allem einen Bezug zur Arbeitswelt.
Wie ist es denn, wenn der Arbeitgeber nicht aktiv nach der Wahlentscheidung fragt, aber ein Mitarbeiter ganz offen als AfD-Mitglied auftritt?
Da kommen wir in einen Bereich, der wegen aktuell laufender Verfahren noch offen ist. Das heißt, es sind verschiedene Fälle zu unterscheiden. Wenn jemand bei der Bewerbung sehr offen mit seiner AfD-Mitgliedschaft umgeht, muss ihn der Arbeitgeber nicht einstellen und braucht auch keinen Grund für die Ablehnung. Wenn jemand im laufenden Arbeitsverhältnis mit der AfD sympathisiert, der Chef aber nicht, kann der da wenig machen. Solange die AfD nicht als gesichert rechtsextrem gilt, wäre eine Kündigung höchstwahrscheinlich diskriminierend und deshalb unwirksam. Für den Fall, dass sie als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, wären Beamte als Erstes gefährdet.
Nun ist die Stimmung auch gegenüber anderen Parteien wie den Grünen aufgeheizt. Gelten im Umgang mit politischen Parteien am Arbeitsplatz denn die gleichen Regeln für AfD und Grüne?
Die gleichen Regeln würde ich nicht sagen, weil es bereits Arbeitsverhältnisse gibt, wo es Stand jetzt schon Probleme geben könnte. Ich denke dabei vor allem an die ganze kritische Infrastruktur. Und das geht stufenweise: Je kritischer der Verfassungsschutz die AfD einstuft, desto schwieriger wird es für Mitglieder. Das betrifft dann irgendwann auch den normalen Arbeitgeber. Auch auf Social Media hätte es Auswirkungen, wenn ich einen direkten Bezug zu meinem Arbeitgeber herstelle. Wenn ich den also auf meinem Facebook-Profil nenne und schreibe ‚Ich bin Kassierer beim AfD-Landesverband‘, gibt es ab einer bestimmten Einschätzung des Verfassungsschutzes auch eine Handhabe des Arbeitgebers.