Apameh Schönauer wurde zur „Miss Germany 2024“ gekürt. Mit t-online sprach sie über ihr Leben als Architektin in Berlin und was der Hass mit ihr macht, der ihr derzeit entgegenschlägt.
Apameh Schönauer hat eine Mission – und sie ist kampfbereit. Das muss sie auch sein, denn seit die Berlinerin zur „Miss Germany 2024“ gekürt wurde, bekommt sie nicht nur Anerkennung. Manche hassen sie, weil sie als 39-jährige Mutter mit Migrationshintergrund den Titel errungen hat. Der Hass, die Anfeindungen und Drohungen gegen sie finden im Netz statt – noch. Denn Schönauer zweifelt derzeit auch ein wenig an ihrer Wahlheimat Berlin.
„Bevor ich bei ‘Miss Germany’ mitgemacht habe, dachte ich, Rechtsextreme sind weit weg von mir. Jetzt habe ich das Gefühl, sie sind ganz in der Nähe. Sie sind eigentlich überall um einen herum“, sagt Schönauer zu t-online. Von der Hasswelle will sie sich in ihrer eigentlich so toleranten und internationalen Stadt nicht einholen lassen – aber ein komisches Gefühl bleibt, sagt sie.
„Miss Germany 2024“ gestaltet Berlin selbst
Und doch ist Berlin ihre Wahlheimat. Seit sechs Jahren lebt Apameh Schönauer in der deutschen Hauptstadt. Ihr Zuhause liegt in Berlin-Mitte. Schönauer hat eine ganz besondere Beziehung zu der Stadt: Sie ist Architektin und für Hoch- und Innenausbau zertifiziert. In ihrem Berufsleben hat sie mehr als 150 Projekte in sieben Ländern realisiert.
Auch in Berlin hat Schönauer zahlreiche Innenräume gestaltet. Dazu gehören Veranstaltungs-, Restaurant- und Büroräume. So war sie beispielsweise für die Innenarchitektur des Haupttelegrafenamtes in Mitte verantwortlich. Auch der Mercedes-Benz-Arena, demnächst Uber-Arena, wird sie ihren innenarchitektonischen Schliff verpassen. „Das bewirkt bei mir einen stärkeren Bezug zu Berlin, indem ich mich mit meiner Architektur in meiner Stadt verewige“, sagt Schönauer. Sie sei dankbar, ihre Architektur in die Stadt zu bringen, an der sich andere Menschen erfreuen können.
„Berlin ist sehr kreativ“
Auf Inspiration muss die Designerin in einer Stadt wie Berlin nicht lange warten. Von Ausstellungen, Konzerten und kulinarischen Angeboten kann sie gar nicht genug bekommen. „Berlin ist sehr kreativ. Man kann jeden Tag woanders sein, aber gefühlt unternimmt man immer zu wenig“, lacht die 39-Jährige.
Ihren Beruf als Architektin wird die zweifache Mutter trotz des Sieges bei der „Miss Germany“-Wahl weiterhin mit vollem Einsatz ausüben. „Es ist alles eine Frage des Zeitmanagements, wie man sich organisiert und strukturiert“, weiß Schönauer.
Hasswelle nach „Miss Germany“-Titel
Die „Miss Germany 2024“ ist eine Frau, die Gas gibt. Als sie sechs Jahre alt war, floh ihre Mutter mit ihr aus dem Iran nach Deutschland. Sie engagiert sich für Frauenrechte und gründete das Netzwerk Shirzan für unterdrückte Frauen. Schönauer hat laut der „Miss Germany“-Jury alles, was eine Frau mitbringen muss, um die Auszeichnung zu erhalten – und doch ist es für viele ein Unding, dass sie es geworden ist.
„Zu alt“, „nicht deutsch“, „zu unattraktiv“ gehören noch zu den netteren Kommentaren in den sozialen Medien. „Ich habe damit gerechnet, dass viele Leute da draußen anderer Meinung sind als ich, aber mit so einem Shitstorm habe ich nicht gerechnet“, so Apameh Schönauer.
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„Miss Germany“-Wahl
Seit 2018 stehen bei „Miss Germany“ die Persönlichkeit der Teilnehmerinnen und ihr Beitrag für die Gesellschaft im Vordergrund. Die bisherige Altersgrenze von 39 Jahren und eine Mindestgröße wurden für den diesjährigen Wettbewerb aufgehoben. Verliehen wurde der Titel 2024 im südbadischen Rust. Die Siegerin Apameh Schönauer gewann den mit 25.000 Euro dotierten „Female Leader Award“. Im vergangenen Jahr wurde die damals 20-jährige Kira Geiss aus Wilhelmsdorf bei Ravensburg „Miss Germany“. Die kirchlich engagierte Frau hatte in Magdeburg eine Jugendgemeinde gegründet.
Zwei Gründe für „Miss Germany“-Teilnahme
Einst war „Miss Germany“ ein Wettbewerb mit Bikini-Runden auf dem Laufsteg, doch die Veranstalter haben in den vergangenen Jahren einen Sinneswandel vollzogen. In der Gesellschaft brauche dieser Sinneswandel weg von starren Schönheitsidealen aber noch Zeit, meint die Berlinerin: „Er wird von Jahr zu Jahr, in der die Veranstaltung stattfindet, sichtbarer.“