Vor Jahren hatte sich die Ampel-Regierung vorgenommen, die Rüstungsexporte einzudämmen. Nun hat sie einen neuen Rekord aufgestellt. Woran liegt das?
Die Bundesregierung hat in diesem Jahr Rüstungsexporte für mindestens 11,71 Milliarden Euro genehmigt und damit einen neuen Rekord aufgestellt. Der bisherige Höchststand von 9,35 Milliarden Euro aus dem Jahr 2021 wurde bereits Mitte Dezember um 25 Prozent übertroffen. Im Vergleich zum Vorjahr betrug der Anstieg sogar 40 Prozent.
Mehr als ein Drittel der genehmigten Ausfuhren ging mit 4,15 Milliarden Euro an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Knapp 90 Prozent für Nato-Staaten und andere Verbündete
Die Zahlen betreffen den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 12. Dezember 2023, in dem die Ampel die Ausfuhr von Kriegswaffen im Wert von 6,15 Milliarden Euro und von sonstigen Rüstungsgütern für 5,57 Milliarden Euro genehmigte. Knapp 90 Prozent entfallen auf Staaten der EU und der Nato, die Ukraine sowie auf Staaten, die bei der Rüstungsexportkontrolle genauso oder ähnlich wie Nato-Staaten behandelt werden – zum Beispiel Japan, Australien oder Südkorea.
Für sonstige sogenannte Drittländer wie zum Beispiel Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Saudi-Arabien gab die Bundesregierung Waffen und sonstige Rüstungsgüter für 1,76 Milliarden Euro aus deutscher Produktion frei.
Nouripour fordert Rüstungsexportgesetz
Grünen-Chef Omid Nouripour dringt auf eine baldige Ampel-Einigung auf ein Gesetz zur besseren Kontrolle von Waffenlieferungen. Die Steigerung der Ausfuhrgenehmigungen auf den neuen Höchststand nannte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur „eine schlechte Nachricht, weil das auch was aussagt über die Lage der Welt“. Die von der Ampel-Regierung ursprünglich angestrebte Eindämmung der Ausfuhren von Waffen und anderen Rüstungsgütern sei vor allem wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht gelungen.
„Notwendig ist, dass wir jetzt vorankommen mit dem vereinbarten Rüstungsexportkontrollgesetz“, betonte der Grünen-Politiker. Er begrüßte, dass auch auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember eine „zügige Umsetzung“ dieses Vorhabens aus dem Koalitionsvertrag beschlossen worden sei. „Das korrespondiert sehr auch mit unserer Position. Ich hoffe, wir kommen schneller voran.“ Er gehe davon aus, dass das Gesetz im nächsten Jahr beschlossen wird.
Zeitenwende auch in der Rüstungsexportpolitik
Die Ampel-Regierung hatte sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf Drängen von SPD und Grünen eigentlich vorgenommen, die Rüstungsexporte einzudämmen und dafür ein Kontrollgesetz auf den Weg zu bringen. Dann kam mit dem Ukraine-Krieg die Kehrtwende in der Rüstungspolitik. Das selbst auferlegte Verbot von Waffenlieferungen in einen laufenden Krieg wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner „Zeitenwende“-Rede am 27. Februar 2022 einkassiert – ein Tabubruch.
Im ersten Kriegsjahr wurden Waffenlieferungen für 2,24 Milliarden Euro für die Ukraine genehmigt, darunter Flugabwehrsysteme und schwere Artillerie. In diesem Jahr kamen unter anderem Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 hinzu, die die Bundesregierung nach langem Zögern bereitstellte. Die Exporterlaubnisse für die Ukraine stiegen auf 4,15 Milliarden Euro.
Auch ohne Ukraine Exporte für mehr als sieben Milliarden Euro
Der hohe Gesamtwert ist aber nicht alleine darauf zurückzuführen. Auch ohne die Ukraine genehmigte die Bundesregierung Exporte im Wert von weit mehr als sieben Milliarden Euro. Zum Vergleich: In den 16 Regierungsjahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die Sieben-Milliarden-Marke nur drei Mal überschritten.
In der Rangliste der wichtigsten Empfängerländer folgen hinter der Ukraine mit Norwegen (1,20 Milliarden Euro), Ungarn (1,03 Milliarden Euro), Großbritannien (654,9 Millionen Euro), USA (545,4 Millionen Euro) und Polen (327,9 Millionen Euro) fünf Nato-Staaten.
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Quelle: t-online