Washington, Denver Die Cocktailbar Room for Milly in der Innenstadt Denvers versucht, das Drawback freundlich zu überspielen: „Wir freuen uns, euch ab dem 6. Januar wieder bei uns zu begrüßen“, heißt es auf dem rosa Schild in großen roten Lettern. Kein Wort, warum die angesagte Bar ausgerechnet jetzt, zu einer der wichtigsten Zeiten im Jahr, schließt.
Doch jeder kennt den Grund: Omikron, die hochansteckende Covidvariante, hat die Stadt fest im Griff. Für Besitzerin Fiona Arnold ist die Lage besonders bitter. Noch im Sommer suchte sie händeringend Barkeeper, um die Einbußen nach dem Lockdown im Frühjahr wieder wettzumachen. Selbst Startboni von 2500 Greenback reichten nicht aus, um bei Kandidaten überhaupt in die engere Auswahl zu kommen.
Jetzt entschloss sie sich, gleich zwei Wochen lang auf Umsätze zu verzichten, nachdem es unter den Mitarbeitern Covidfälle gegeben hatte. „Die Gesundheit unserer Mitarbeiter und unserer Kunden hat Priorität“, heißt es zur Erklärung.
Arnold ist längst nicht die einzige Unternehmerin, die eine Zwangspause einlegen muss. Das öffentliche Leben in vielen Städten der USA ist stark eingeschränkt in diesen Tagen – wieder einmal. In New York, Amerikas bevölkerungsreichster Metropole, mussten gleich drei U-Bahn-Linien den Betrieb einstellen, weil es bei der Transportbehörde MTA zu viele Ausfälle gab.
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Auf anderen Strecken fuhren die Bahnen nur selten, was zu noch volleren Waggons führte. Broadway-Stücke mussten abgesagt werden, Bibliotheken schließen, auch die Apple-Shops sind zu. „New York fährt derzeit nur mit halber Geschwindigkeit“, attestierte die „New York Instances“.
Omikron breitet sich in den USA aus
Am Mittwoch meldeten die USA einen Rekord mit rund 490.000 neuen Covidfällen. Das ist quick doppelt so hoch wie am schlimmsten Tag im vergangenen Winter. Und Epidemiologen warnen, dass das Schlimmste dem Land noch bevorsteht.
„Omikron ist wirklich überall“, sagte Megan Ranney, Professorin für Notfallmedizin in Windfall im US-Bundesstaat Rhode Island, im Fernsehsender CNN. Sie geht davon aus, dass noch ein viel größerer Teil der Wirtschaft in den kommenden Monaten lahmgelegt wird. „Nicht weil es eine Anordnung der Regierung gibt, sondern weil so viele von uns krank sein werden.“
Angesichts der ernsten Lage muss US-Präsident Joe Biden seine Covidstrategie überdenken. Bislang waren die USA vor allem darauf bedacht, schwere Verläufe zu verhindern und überfüllte Krankenhäuser zu vermeiden. Mit der Omikron-Variante, die noch ansteckender ist als Delta, dafür aber weniger schwere Verläufe verursacht, scheint diese Strategie doch nicht mehr aufzugehen. Washington ist derzeit die Stadt mit der höchsten Inzidenz.
In vielen Teilen des Landes zeigt sich ein ähnliches Bild: Krankenhäuser sind überfüllt. Der Gouverneur aus Texas, Greg Abbott, der sich als harter Gegner einer Impfpflicht positioniert hatte, forderte am Wochenende Hilfe aus Washington an, um mit der großen Nachfrage nach Covidtests fertig zu werden. Auch seien die Vorräte an wichtigen Medikamenten im Kampf gegen die Pandemie aufgebraucht.
In Ohio soll die Nationalgarde dabei helfen, Krankenhäuser am Laufen zu halten. In Cincinnati sind so viele Feuerwehrleute krank, dass sich der Bürgermeister Sorgen um die Sicherheit seiner Stadt macht. Am Samstag fielen knapp 3000 Flüge aus, die Airline Jetblue hat gleich ihren Flugplan bis Mitte Januar zusammengestrichen, weil längst klar ist, dass ein geregelter Flugverkehr bis auf Weiteres nicht möglich sein wird.
Mit allen Mitteln wollten Bürgermeister, Gouverneure und das Weiße Haus neue Lockdowns verhindern. Doch Fakt ist, dass viele Teile der USA sich bereits in einer Artwork unfreiwilligem Teil-Lockdown befinden.
Steigende Fallzahlen auch in Großbritannien
Auch Großbritannien verzeichnete in den vergangenen Tagen neue Covid-Rekordwerte. Nun hat die Regierung Notfallpläne für Krankenhäuser, Schulen und andere öffentliche Einrichtungen erstellt. Dabei werde von einem Ausfall an Private im Umfang von 10 bis 25 Prozent ausgegangen, hieß es seitens des Kabinettsbüros.
Premier Boris Johnson lehnt es jedoch weiterhin ab, neue Restriktionen auf landesweiter Ebene anzuordnen. Sie sollten nur als „absolut letztes Mittel“ eingesetzt werden, betonte Gesundheitsminister Sajit Javid. Schottland, Wales und Nordirland haben dagegen bereits Klubs schließen lassen und Abstandsregeln in Pubs eingeführt. Für England, wo 80 Prozent der britischen Bevölkerung leben, gelten diese Beschränkungen jedoch nicht.
Ein Bereich, wo sich Omikron besonders bemerkbar macht, sind Kitas: Kinder unter fünf Jahren dürfen auch in den USA bislang nicht geimpft werden, sie sind deshalb besonders anfällig für eine Infektion. Eigentlich herrschen strenge Regeln, selbst Zweijährige werden in Betreuungseinrichtungen einmal wöchentlich PCR-getestet und tragen Maske.
Doch Omikron scheint stärker zu sein als die Vorsichtsmaßnahmen. Kitas verschicken aktuell reihenweise „Well being Alerts“ per SMS und E-Mail und müssen wegen Ausbrüchen vorübergehend schließen. Bürgermeisterin Muriel Bowser versucht gegenzusteuern: Bevor Kita- und Schulkinder im Januar zurück in ihre Klassen dürfen, müssen sie einen negativen PCR-Take a look at sowie einen Schnelltest vorlegen. Eine Impfpflicht für das Private haben viele Einrichtungen schon im Sommer eingeführt.
Die Pandemie kann noch lange dauern
Biden versucht, Stärke zu demonstrieren. Er hat angekündet, den blamablen Testmangel schnell zu lösen. Rund tausend Mediziner des US-Militärs sollen Krankenhäuser verstärken. Parallel ist das Weiße Haus zunehmend mit der Realität konfrontiert, dass die Pandemie noch lange andauern könnte – und das, obwohl Biden erst im Juni einen „Sommer der Freiheit“ ausgerufen hatte. Viele Menschen sind erschöpft, der Widerstand von Impfgegnern in Teilen des Landes hält sich hartnäckig.
Biden versucht deshalb, das Krisenmanagement zu dezentralisieren. Kürzlich telefonierte er mit den 50 Gouverneuren der Bundesstaaten und rief sie zu stärkerer Zusammenarbeit auf. Bisher hatte Washington viel Geld über Notpakete verteilt, aber den Staaten weitgehend freie Hand gelassen, welche Covidvorschriften sie erlassen – jetzt bittet Biden die Länder offensiv um Hilfe.
Auf nationaler Ebene ist Bidens Spielraum begrenzt. In dieser Woche beschäftigt sich das Oberste Gericht, der Supreme Court docket, mit einer bundesweiten Impfpflicht für größere Unternehmen. Das Vorhaben wird juristisch in vielen Staaten angefochten.
Unterm Strich ist das Vertrauen in Bidens Krisenmanagement in der Pandemie gesunken. Umfragen bescheinigten ihm zum Amtsantritt über 60 Prozent Unterstützung, inzwischen sind es unter 45 Prozent. Der Präsident steht vor einem schwierigen Wahljahr, im Herbst könnte seine Partei, die US-Demokraten, ihre Mehrheit im Kongress verlieren.
Zuletzt räumte er ein, dass seine Regierung die Schlagkraft neuer Varianten unterschätzt habe. „Es ist nicht genug, es ist eindeutig nicht genug“, sagte er über den schleppenden Fortschritt beim Impfen und die Rekordzahlen bei den Infektionen.
Gleichzeitig gerät die Seuchenbehörde CDC in die Kritik. Vor einigen Tagen empfahl Direktorin Rachelle Walensky, die Isolationszeit für positiv getestete Personen von zehn auf fünf Tage zu verkürzen, solange diese keine Symptome mehr zeigen. In Teilen der Wirtschaft wurde der Schritt mit Erleichterung aufgenommen, weil er die Rückkehr von frisch Genesenen in den Job erleichtert.
Andere Gruppen, etwa Flugbegleiter-Verbände, reagierten empört. Viele Flugbegleiter fühlten sich unter Druck, nach fünf Tagen zurück zur Arbeit zu kommen, auch wenn sie noch nicht wieder komplett genesen seien, gab Sara Nelson von dem Verband der Flugbegleiter zu bedenken. „Und das, obwohl viele nach zwei Jahren Pandemie ohnehin schon immer hohen Risiken und teils aggressiven Passagieren ausgesetzt waren und einfach am Ende ihrer Kräfte sind“, sagte sie im US-Börsensender CNBC.
Widerstand gab es auch von einem der angesehensten Epidemiologen des Landes, Eric Topol. Erkrankte müssten nach fünf Tagen einen negativen Take a look at vorlegen, bevor sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Alles andere „ist offen gesagt rücksichtslos“.
Ökonomen warnen vor den wirtschaftlichen Folgen der neuen Covidwelle. „Sobald sich Arztpraxen und Kliniken füllen, schließen Unternehmen, und andere Beschränkungen werden verschärft. All das bremst die Wirtschaft“, sagte Mark Zandi, Chefökonom von Moody‘s.
Eine Reihe von großen Konzernen hat derweil die für Anfang 2022 geplante Rückkehr ins Büro verschoben. Andere fordern von ihren Mitarbeitern, sich boostern zu lassen. Die Investmentbanken Goldman Sachs und Jefferies geben ihren Mitarbeitern dafür bis Ende Januar Zeit.
„Wir gehen davon aus, dass die Gesundheitsbehörden bald nur noch geboosterte Personen als ‚voll geimpft‘ ansehen werden“, schrieb Jefferies-CEO Richard Handler an seine Mitarbeiter. Handler ist vor einigen Wochen selbst an Covid erkrankt. Die Financial institution hat kürzlich alle Mitarbeiter zurück ins Homeoffice geschickt, nachdem es eine Reihe von Covidfällen im Büro gegeben hatte.
New York trifft diese Welle besonders hart. Die Infektionszahlen sind so hoch wie zu Beginn der Pandemie, auch wenn der Anteil der Intensivpatienten geringer ist. Wirtschaftlich hatte sich die Stadt erhofft, dass die Pandemie längst überwunden sein würde und Touristen sowie Büroangestellte wieder Geld in den „Large Apple“ bringen. Gegen die Empfehlung der eigenen Gesundheitsexperten erlaubte die Stadt eine abgespeckte Neujahrsparty am Instances Sq., bei der auch der neue Bürgermeister Eric Adams ins Amt eingeführt wurde.
Adams, ein früherer Polizist, gab sich kämpferisch. „Unser guter Vorsatz für dieses Jahr lautet: Wir werden uns unser Leben nicht von Krisen diktieren lassen“, betonte er. Doch die Realität sieht anders aus.
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