Ein EU-Austritt ist für AfD-Chef Tino Chrupalla doch eine Option. Und auch für die Wirtschaft hat er Vorschläge.
„Das ist jetzt wirklich echt Verschwörungstheorie, was Sie machen“, warf Markus Lanz seinem Gast Tino Chrupalla vor. Dabei stand die Talksendung am Dienstagabend ganz im Zeichen des Dialogs mit der AfD. Deren Co-Vorsitzender – gleich links neben dem Moderator sitzend – sagte klar, was für ihn die Zukunft Deutschlands in der Europäischen Union anbelangt: „Natürlich muss als Ultima Ratio, als Druckmittel gerade für Deutschland als höchsten Nettoeinzahler die Möglichkeit bestehen, diese Union zu verlassen.“
Die Gäste
- Claus Ruhe Madsen, CDU-Politiker
- Tino Chrupalla, AfD-Parteichef
- Lukas Rietzschel, Schriftsteller
- Franziska Klemenz, Journalistin
Dem begegnete Lanz wie öfter in der Sendung ein offensives Kichern. Er warf Chrupalla vor, zu unterschlagen, was Deutschland im Gegenzug an Subventionen aus Brüssel erhält. „Haben Sie eine Idee, wie viel deutscher Wohlstand verloren ginge, wenn wir aus der EU aussteigen würden?“, fragte der Moderator. „Für Großbritannien wird sich das auf lange Sicht auszahlen“, zeigte sich Chrupalla hingegen mit Blick auf den Brexit überzeugt. Er hatte dem Deutschlandfunk nach Senderangaben Anfang Februar gesagt, für den „Dexit“ sei es zu spät.
AfD-Chef erwägt „Dexit“
Lanz verwies auf „ökonomische Kennziffern“, laut denen das Vereinigte Königreich durch den Brexit jährlich umgerechnet rund 163 Milliarden Euro verlieren soll. Chrupalla meldete sofort Zweifel an – und vermutete Verschwörung. „Ökonomen müssen genau diese Zahlen in den Raum werfen, um Europa zusammenzuhalten, damit es keine Nachahmer gibt“, sagte der AfD-Parteichef. „Glauben Sie, die lügen?“, fragte Lanz nach. „Sie lügen nicht, aber..“, stammelte der Rechtspolitiker, und fügte an: „Stellen Sie sich vor, ein Austritt aus der EU würde sich für ein Land lohnen. Was dann in dieser Europäischen Union los wäre.“
Chrupalla: Verfassungsschutz wird missbraucht
Ähnlich argumentierte Chrupalla, als es um die Arbeit von Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern ging. „Wir klagen da weiter“, kündigte er zur Einstufung der Jugendorganisation seiner Partei als gesichert rechtsextrem an. Ein Eilantrag gegen die Entscheidung des Bundesamts für Verfassungsschutz war am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht Köln gescheitert. „Das ist natürlich auch wahltaktisch begründet“, behauptete Chrupalla, auch mit Blick auf ähnliche Einschätzungen von Verfassungsschützern in Sachsen.
Der Verfassungsschutz werde also politisch missbraucht?, fragte Lanz nach. „Na, absolut“, antwortete der AfD-Co-Vorsitzende. „Wenn das so ist, dann wären Sie ja ein Opfer“, meinte der Moderator. „Deshalb klagen wir ja auch“, sagte sein Gast. „Sie haben keine Idee, warum man Sie als gesichert rechtsextrem einstuft?“, erwiderte Lanz. Chrupalla verneinte. Über seinen Parteikollegen Björn Höcke sagte der Parteichef: „Er ist für mich nicht rechtsextrem.“
Zu einem anderen rechtsextremen Kontakt räumte Chrupalla nach mehrmaligen Nachbohren von Lanz ein: „Ja, ich kenne ihn.“ Gefragt hatte der Moderator nach dem Düsseldorfer Gernot Mörig. Er gilt als ein Organisator des Treffens in einer Potsdamer Villa und hat angeblich zuvor eine Zusammenkunft („5. Düsseldorfer Runde“) mit Chrupalla und Finanzgebern aus dem rechten Milieu angestoßen. Chrupalla hatte sich gegenüber Medien auf Erinnerungslücken berufen, was seine angebliche Teilnahme anbelangte.
„Lanz“: Beamte entlassen?
Dann schwenkte der AfD-Chef zu einem Vorschlag um, was Staatsbeamte lieber machen sollten. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) hatte berichtet, wie er 1992 ohne Deutschkenntnisse ins Land gekommen war und wie wichtig Menschen aus dem Ausland für die deutsche Ökonomie sind. Da unterbreitete Chrupalla einen Vorschlag, woher die dringend benötigten Fachkräfte kurzfristig auch herkommen könnten: aus den Behörden.
„Man muss aktuell auch darüber gehen, dass man vor allem Beamtenstellen reduziert in diesem Land, weil wir viel zu viele haben. Die Verwaltung ist viel zu groß“, sagte Chrupalla insbesondere mit Blick auf Bundesbehörden und Bundesministerien: „Diese Leute braucht dort keiner.“ Lanz fragte lieber noch einmal nach: „Sie würden Beamte sozusagen aus dem Öffentlichen Dienst raus (nehmen) und würden so den Fachkräftemangel in Deutschland lösen?“ Das seien ja aber „keine Facharbeiter für Batterieherstellung“, warf er ein. „Umschulen“, lautete die Antwort von Chrupalla.