Martin Brambach spielt im neuen „Wien-Krimi“ mit. Mit t-online spricht er über seine Skepsis gegenüber den sozialen Medien und getrennte Schlafzimmer zu Hause.
Es wird ein längeres Gespräch als gedacht. Martin Brambach nimmt sich die Zeit. Der 56-Jährige trägt das Herz auf der Zunge und spricht im Interview mit t-online auch Tabuthemen an. Anders als viele andere Prominente kürzt der Star aus dem Dresdner „Tatort“ seine offenherzigen Antworten im Anschluss daran nicht raus. Er schläft nun mal auch gerne ab und an allein, ohne seine Frau Christine Sommer neben sich, mit der er seit 2012 verheiratet ist. Er mag den Zwang nicht, als Schauspieler in den sozialen Medien präsent sein zu müssen. Und er hatte Schulden. Das dürfen ruhig alle wissen.
Jetzt spielt Martin Brambach als Ex-Kommissar in einer Episodenrolle vom Donnerstagskrimi im Ersten mit: Im neuen „Wien-Krimi: Blind ermittelt – Tod im Kaffeehaus“ kommen Philipp Hochmair und Andreas Guenther als Sonderermittler einem verborgenen Trio infernale auf die Schliche.
t-online: Im neuen „Wien-Krimi: Blind ermittelt“ spielen in der Folge „Tod im Kaffeehaus“ die Wiener Kaffeehäuser eine besondere Rolle. Die Kaffeehäuser von damals sind die sozialen Medien von heute: Hat das den Debatten in unserer Gesellschaft geschadet?
Martin Brambach: In den Kaffeehäusern haben sich damals die unterschiedlichsten Schichten getroffen und eine Form von Austausch miteinander gehabt. In den sozialen Medien lebt man eher in seiner Blase und soll durch den Algorithmus von den Inhalten dort emotionalisiert werden, damit man mehr interagiert. Das ist eine sehr toxische Kombination. Außerdem fördern diese Netzwerke die eigene Eitelkeit, weil man Likes bekommt und sich mit anderen vergleicht. Diese Entwicklung schadet unserem Zusammenleben und ganz extrem unserer Demokratie, wenn man das nicht kritisch hinterfragt.
Sie haben einen offiziellen Instagram-Auftritt. Warum sind Sie in den sozialen Medien vertreten?
Ich habe das lange abgelehnt. Meine Agentur hat mich allerdings überzeugt, dass es viele Fans gibt, die sich über Nachrichten von mir freuen und es auch ein gutes Mittel ist, Werbung für tolle Filme, in denen ich mitspielen darf, zu machen. Ich poste gerne etwas zu meiner Arbeit als Schauspieler, zu wohltätigen Projekten, die ich unterstütze und manchmal auch ein wenig Privates, am liebsten meinen Hund Juri. Aber ich halte nichts davon, sich komplett gläsern zu machen und auf der Suche nach Bestätigung auf soziale Netzwerke zu setzen, das ist ein Irrweg. Mittlerweile ist es auch in meiner Branche so, dass Besetzungen manchmal sogar aufgrund von Followerzahlen vergeben werden. Das finde ich bedenklich, da es so einen gewissen Zwang gibt, dabei zu sein.
Nach 18 Jahren haben Sie auf eigenen Wunsch die Krimireihe „Unter anderen Umständen“ verlassen. Wie schwer ist Ihnen diese Entscheidung gefallen?
Das fiel mir nicht leicht. Ich habe die Rolle sehr gemocht, auch weil ich eine sehr spannende Figur gespielt habe: einen Polizisten mit einem Alkoholproblem. Schweren Herzens habe ich mich dann dagegen entschieden. Als die Regisseurin ausgestiegen ist, habe ich mich zum einen kurz gefragt: Du machst das selbst auch schon 18 Jahre. Wie wird sich das weiterentwickeln? Zum anderen gab es Jahre, in denen ich mehrmals hintereinander einen Polizisten gespielt habe: im Dresdner „Tatort“, bei „Unter anderen Umständen“ und in einem Film. Außerdem habe ich das Glück, viele Anfragen zu bekommen und auch andere Figuren spielen zu dürfen. Schweren Herzens habe ich mich dann dazu entschieden, auszusteigen. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja noch mal eine Abschiedsfolge …
Sie hatten scheinbar die Freiheit, diese Rolle abzugeben, weil Sie im Alter von 56 Jahren genug andere Angebote hatten. Viele Schauspielerinnen beklagen, mit zunehmendem Alter weniger Rollen angeboten zu bekommen. Werden Frauen ab einem gewissen Alter im deutschen Fernsehen diskriminiert?
Das muss man so sagen: Meiner Ansicht nach werden sie diskriminiert. Das ist keine neue Sache, sondern das hat sich einfach nie verändert. Für Frauen ab 40 gibt es nur noch eine Handvoll Rollen. Natürlich gibt es mal einen Film, der mehr Rollen als üblich ermöglicht. Aber es ist eine Ausnahme, dass Kolleginnen ab 40 in der Breite so gut zu tun haben, wie das bei uns Männern der Fall ist. Ich fürchte, dass dies passiert, weil sich Jugend anscheinend besser verkauft. Das sehen wir auch in der Werbung. Mittlerweile versucht man Diversität herzustellen, beispielsweise durch Leute mit Migrationshintergrund oder einer anderen Sexualität, aber das Naheliegende – Rollen für ältere Frauen zu schaffen – wurde noch nicht zufriedenstellend umgesetzt.